Auf der Verkaufsliste standen Aktien, gefragt waren dagegen als sicher geltende Anleihen oder Gold. "An den weltweiten Aktienmärkten war nach den jüngsten Kursgewinnen seit Anfang Oktober das Risiko einer Korrektur hoch, und das Coronavirus war jetzt der Auslöser", sagte Rupert Thompson, Portfoliomanager bei der Vermögensverwaltung Kingswood. Der Dax schloss am Montag 2,7 Prozent schwächer bei 13.204,77 Punkten, das ist der größte Tagesverlust seit Anfang Oktober 2019. Der EuroStoxx50sackte um 2,6 Prozent ab auf 3679,37 Zähler. Auch in den USA gaben die Kurse deutlich nach.

"Nach einem starken Jahresauftakt erlebt die Börse damit ihre erste ausgewachsene Korrektur", sagte Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst beim Brokerhaus CMC Markets. Die Börse treibe die Sorge um, dass die Situation viel schlimmer sei als es die offiziellen Stellen derzeit zugäben. Tausende Menschen sind an dem Virus erkrankt, mehr als 80 Menschen sind gestorben. Millionenstädte wurden abgeriegelt. Die Behörden verlängerten die Feiertage zum chinesischen Neujahrsfest um drei Tage, um die Ausbreitung des neuen Erregers einzudämmen. Üblicherweise sind die Neujahrstage eine Hauptreisezeit in China. "Dieses Jahr dürften viele Chinesen auf Reisen innerhalb des Landes verzichten, worunter der gesamte Dienstleistungssektor leiden sollte", sagte Milan Cutkovic, Marktanalyst beim Brokerhaus AxiTrader.

Die Volatilität schnellte nach oben, der entsprechende Index stieg um fast ein Drittel und erreichte den höchsten Stand seit drei Wochen. Anleger flüchteten in "sichere Häfen" wie Gold, dessen Preis mit 1586,43 Dollar je Feinunze so hoch wie zuletzt während der USA/Iran-Krise vor drei Wochen war. Auch die Schweizer Währung war gefragt. Dies drückte den Kurs des Euro auf 1,0675 Franken und damit auf den niedrigsten Stand seit fast drei Jahren. Anleihe-Renditen gaben nach. Bei aller Sorge rechnen die Analysten der Commerzbank aber nicht damit, dass die unmittelbaren ökonomischen Folgen auf Chinas Wirtschaftskraft durchschlagen werden. Selbst der Sars-Erreger habe 2002/03 weniger Todesopfer gefordert als die Grippewelle 2012 allein in Deutschland, die keine sichtbaren ökonomischen Folgen gehabt habe.

LUXUS- UND REISEBRANCHE UNTER DRUCK

Aus Furcht vor einem Rückgang der wichtigen Nachfrage in China ziehen sich Anleger bei europäischen Anbietern von Luxusgütern zurück. Der Branchenindex büßte 2,5 Prozent ein. Zu den größten Verlierern zählten hier die Modefirmen Hugo Boss, Hermes und Burberry mit Kursverlusten von bis zu 4,6 Prozent. Seit Ausbruch des neuen Erregers verloren Europas große Luxusfirmen damit fast 50 Milliarden Dollar Kapitalwert. "Am Aktienmarkt kommt langsam an, dass der Virus signifikante wirtschaftliche Auswirkungen hat, weil inzwischen 56 Millionen Menschen von den Quarantänebestimmungen betroffen sind", sagte Peter Garnry, Chefstratege bei der Saxo Bank.

Die Reisebeschränkungen wegen des Coronavirus machten auch die Eigner von Luftfahrt- und Touristikwerten nervös. Der europäische Branchenindex verlor 2,7 Prozent. Mit einem Minus von bis zu 5,6 Prozent gehörten hier die Lufthansa sowie die British-Airways-Mutter IAG zu den größten Verlierern.