FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Der Ibex leidet unter der politischen Unsicherheit in Spanien. Analysten zufolge werden global agierende Unternehmen den Konflikt aber gut wegstecken können.

7. Dezember 2017. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Kurz vor Weihnachten steht die Regionalwahl in Katalonien an. Derzeit sieht es nach einem dichten Rennen zwischen den Separatisten und den Befürwortern des Status Quo aus. Handfeste wirtschaftliche Folgen gibt es aber bereits: Über 1.700 Unternehmen haben seit dem Unabhängigkeitsreferendum im Oktober ihren Firmensitz aus Barcelona wegverlegt.

Ibex hinkt hinterher

Der Ibex 35, der die wichtigsten spanischen Unternehmen abbildet, hat entsprechend gelitten. Auf Sicht von zwölf Monaten kommt er nur auf ein Plus von 14 Prozent, beim DAX sind es 19 Prozent. Doch es gibt große Unterschiede bei den Ibex-Werten: Renditespitzenreiter seit vergangenem Dezember sind der Mobilfunkinfrastrukturanbieter Cellnex Telecom (WKN A14RZD) mit einem Plus von 59 Prozent, der Betreiber von Mautstellen und Parkhäusern Abertis Infraestructuras (WKN 872392) mit 49 Prozent, das Softwareunternehmen Amadeus IT (WKN A1CXN0) mit 46 Prozent und die aus der Fusion der beiden Fluggesellschaften British Airways und Iberia entstandene IAG (WKN A1H6AJ) mit 43 Prozent.Der Ibex leidet unter der politischen Unsicherheit in Spanien. Analysten zufolge werden global agierende Unternehmen den Konflikt aber gut wegstecken können.

Rote Laterne für Gamesa

"Auch die spanischen Banken haben sich gut entwickelt", berichtet Roland Stadler von der Baader Bank, die die Caixabank (WKN A0MZR4), Banco de Sabadell (WKN A0MRD4), Santander (WKN 858872) und auch BBVA (WKN 875773) betreut. Die haben in den vergangenen zwölf Monaten immerhin noch um 41 Prozent, 40 Prozent, 31 Prozent und 22 Prozent zugelegt. Ganz hinten auf der Liste stehen der im April von Siemens übernommene Windkraftanlagenhersteller Gamesa mit einem Minus von 47 Prozent und der Anlagenbauer Tecnicas Reunidas mit minus 30 Prozent. Roland

Inditex: Rallye vorbei

Auch der spanische Modekonzern Inditex, bekannt durch Marken wie Zara, Pull & Bear und Bershka, findet sich mit einem Verlust von 4 Prozent seit vergangenem Dezember unter den schlechtesten Ibex-Werten. Dabei gehörte Inditex über viele Jahre zu den Überfliegern an der Börse. Seit Mai hat die Aktie (WKN A11873) 15 Prozent verloren, aktuell wird Inditex zu 30,74 Euro gehandelt.

"Die Modebranche ist derzeit generell unter Druck", bemerkt Walter Vorhauser von Oddo Seydler. "Im Vergleich zu anderen Modeunternehmen schneidet Inditex aber noch gut ab." In der Tat: Der Kurs des Inditex-Konkurrenten Hennes & Mauritz hat sich seit Anfang 2015 halbiert auf aktuell 19,81 Euro. "Inditex kommt zwar weiter auf hohe Umsatz- und Gewinnzuwächse, das liegt aber vor allem am gut laufenden Online-Geschäft", berichtet der Händler. "Der flächenbereinigte Umsatz im stationären Handel schrumpft."

NH Hoteles mit Kursprung

Deutlich überdurchschnittlich entwickelt hat sich die nicht im Ibex enthaltene Aktie der spanische Hotelgruppe NH Hoteles (WKN 853615), die auf Zwölfmonatssicht auf ein Plus von 65 Prozent kommt. Mitte November gab es einen deutlichen Satz nach oben, der Kurs sprang von unter 5 auf über 6 Euro, aktuell sind es 6,18 Euro. "Die familiengeführte Hotelkette Barcelo meldete Interesse an einem Zusammenschluss mit NH Hoteles", berichtet Vorhauser. "Damit entstünde Spaniens größte Hotelgruppe, die bisherige Nummer eins Melia Hotels würde auf Platz zwei verwiesen." Der Tourismus in Spanien boomt, auch aufgrund der Probleme in anderen Urlaubsregionen wie der Türkei. 2016 war bereits ein Rekordjahr, für 2017 wird ein neuer Rekord erwartet.

Global Player weniger betroffen

Was die weiteren Aussichten angeht, hängt viel vom Wahlausgang am 21. Dezember ab. "Doch Europa ist auf dem richtigen Weg, da wird Spanien auch irgendwann mitziehen", meint Vorhauser. "Politische Börsen haben kurze Beine."

Auch der ETF-Anbieter Lyxor riet vor kurzem zu spanischen Aktien: "Die aktuelle Situation bietet risikobewussten Anlegern die Chance, mit taktischen Investments am spanischen Aktienmarkt von der aktuellen Unsicherheit zu profitieren", erklärte ETF-Expertin Heike Fürpaß-Peter. Unterstützt durch die synchrone Erholung der Weltwirtschaft und Europas sowie die weiterhin lockere EZB-Geldpolitik sei das spanische Wirtschaftswachstum robust. "Hinzu kommt, dass die katalanische Wirtschaft nur 20 Prozent der spanischen Wirtschaftskraft ausmacht und dass zwei Drittel der Erträge der Ibex-Unternehmen im Ausland erwirtschaftet werden."

Fürpaß-Peter verweist aber auch auf Risiken und Probleme, konkret die zweithöchste Arbeitslosenquote im Euroraum, die starke Abhängigkeit vom Tourismus oder die hohe Verschuldung der öffentlichen Haushalte. "Diese Risikofaktoren sind primär jedoch nicht mit der aktuellen Katalonien-Krise verbunden, sondern sind grundsätzliche Herausforderungen, denen sich die spanische Regierung ohnehin zu stellen hat."

von: Anna-Maria Borse

7. Dezember 2017, © Deutsche Börse AG

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