FRANKFURT (awp international) - Angesichts der unverminderten Eurostärke und der am Nachmittag anstehenden Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) haben die Anleger am deutschen Aktienmarkt am Donnerstag bisher vorsichtig agiert: Der Dax verlor gegen Mittag 0,16 Prozent 13 393,82 Punkte. Tags zuvor war der Leitindex unter das am Dienstag übersprungene, alte Rekordhoch vom 7. November bei 13 525 Punkten gerutscht. Dies könnte nun einen Fehlausbruch bedeuten.

Der Euro setzte am Donnerstag seinen Höhenflug mit einem weiteren Höchststand seit Ende 2014 fort. Damit verdüstern sich die Wettbewerbsaussichten der zahlreichen auf den Export angewiesenen deutschen Unternehmen immer mehr. "Eine Zeit lang konnte der Dax die Eurostärke sehr gut ignorieren, aber der Anstieg über die Marke von 1,24 US-Dollar lässt die Sorgen der Investoren dann doch grösser werden", schrieb Analyst Milan Cutkovic von AxiTrader.

Der wegen der Dollar-Schwäche auf das höchste Niveau seit 2016 gekletterte Goldpreis ist ein weiteres Warnsignal für Aktienanleger, wird dadurch doch die Nachfrage nach vermeintlich sicheren Anlagen dokumentiert. Das wieder auf Rekordniveau gestiegene Ifo-Geschäftsklima der deutschen Wirtschaft hinterliess am Aktienmarkt keine Spuren.

Für den MDax der mittelgrossen deutschen Börsenwerte ging es zuletzt um 0,42 Prozent auf 27 036,71 Punkte nach unten. Der TecDax sank um 0,31 Prozent auf 2649,24 Punkte. Ein Plus von 0,26 Prozent verbuchte dagegen der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 .

Mit grosser Spannung warten die Anleger am frühen Nachmittag auf Aussagen des EZB-Präsidenten Mario Draghi zur aktuellen Eurostärke. Diese wird derzeit auch ein Stück weit durch Spekulationen begründet, wonach die EZB im Rahmen ihrer Zinssitzung Hinweise auf eine schnellere Abkehr von ihrer extrem lockeren Geldpolitik geben könnte. "Wenn einer den Euro stoppen kann, dann ist es Draghi", sagte Stratege Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. "Zudem werden Anleger genau hinhören, ob Draghi Andeutungen zum Zeitpunkt eines ersten Zinsschrittes macht. Eine Absage an eine Zinserhöhung noch in diesem Jahr könnte den Euro wieder schwächen."

Zur Begründung der Verluste von 1,78 Prozent bei den Aktien der Deutschen Post , die damit am Dax-Ende waren, verwiesen Händler auf die Eurostärke. Das Frachtgeschäft der Bonner könnte darunter leiden. Ein Börsianer nannte zudem die fortdauernden Tarifverhandlungen und die damit verbundenen Unsicherheiten als Hemmschuh.

Infineon gewannen als einer der besten Dax-Werte 0,71 Prozent und profitierten dabei von überraschend guten Geschäftszahlen des südkoreanischen Chipherstellers SK Hynix und des französischen Rivalen STMicro .

Im MDax eroberten die Anteilsscheine von Hella mit einem Aufschlag von rund 2 Prozent die Spitzenposition. Jefferies hatte die Papiere des Autozulieferers zum Kauf empfohlen. Das Anfang der Woche erreichte Rekordhoch bei 59,10 Euro rückt damit wieder ins Visier.

Die Software AG enttäuschte die Anleger mit einem trüben Ausblick auf 2018 und bekam dafür die Quittung mit einem Minus von mehr als 6 Prozent. Damit waren die Papiere der schwächste Wert im TecDax. Die Aktien des Biotech-Unternehmens Medigene dämmten ihre hohen Verluste ein, standen zuletzt aber immer noch rund 5 Prozent tiefer. Gewinnmitnahmen seien der Grund, sagten Händler. Denn alleine am Vortag hatten Medigene, beflügelt von anhaltenden Übernahmespekulationen, um mehr als 20 Prozent zugelegt.

Im SDax setzten die Aktien des Schienenlogistikers VTG ihre jüngste Talfahrt mit einem Minus von 1,86 Prozent fort. Zuvor hatten sie allerdings noch höhere Verluste hinnehmen müssen. Die Berenberg Bank hatte ihre Kaufempfehlung gestrichen. Die angepeilte vollständige Übernahme des Waggonvermieters Nacco wird von Analysten zunehmend in Frage gestellt. Am Ende in dem Nebenwerte-Index rutschten die Papiere des Autovermieters Sixt nach einer Abstufung durch die Privatbank Hauck & Aufhäuser um mehr als 2 Prozent ab./ajx/ag

--- Von Achim Jüngling, dpa-AFX ---