FRANKFURT (dpa-AFX) - Der deutsche Aktienmarkt hat zum Wochenauftakt einen neuen Erholungsversuch gestartet und ist deutlich gestiegen. Auslöser dafür war die Ankündigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, nach herben Verlusten ihrer Partei bei der Landtagswahl in Hessen den Parteivorsitz abzugeben und sich zum Ende der Wahlperiode 2021 aus der Politik zurückzuziehen. Im späten Handel bröckelten die Kurse - analog zur Wall Street - jedoch ein gehöriges Stück von ihren Tageshochs wieder ab.

Der Dax schloss am Montag mit einem Plus von 1,20 Prozent bei 11 335,48 Punkten, nachdem er in Reaktion auf die Merkel-Nachricht zwischenzeitlich um bis zu 2,2 Prozent angezogen hatte. In der vergangenen Woche war der deutsche Leitindex mit minus drei Prozent auf das tiefste Niveau seit Ende 2016 abgesackt. Für den MDax, in dem die Aktien der mittelgroßen heimischen Unternehmen enthalten sind, ging es am Montag letztlich um 1,00 Prozent auf 23 713,40 Zähler nach oben.

Der EuroStoxx 50 als Leitindex der Eurozone gewann 0,64 Prozent auf 3154,93 Zähler. In Frankreich rückte der Cac 40 um 0,44 Prozent vor, in Großbritannien schaffte der FTSE 100 ein Plus von 1,25 Prozent. In New York stieg der US-Leitindex Dow Jones Industrial im frühen Geschäft um rund 1,4 Prozent, notierte zum Handelsschluss in Europa aber nur noch etwa 0,4 Prozent höher.

"Die Aussicht auf ein Ende der Ära Merkel und eine wirtschaftsfreundliche Führung in der Union dürfte den Dax durchaus beflügeln", sagte Marktexperte Daniel Saurenz vom Feingold Research. Zudem sollten die Anleger aus dem In- und Ausland die Kandidatur des marktliberalen Friedrich Merz für den Parteivorsitz begrüßen. "Der geordnete Übergang ist zudem ebenfalls positiv zu werten, da Europa angesichts der Probleme speziell in Italien Chaos nicht brauchen kann", so Saurenz.

Jens Klatt, Vermögensverwalter bei JK Trading, bezeichnete das nahende Ende der Ära Merkel als befreiend für den Aktienmarkt und die Wirtschaft, verwies aber auf die alte Börsenweisheit, wonach politische Börsen kurze Beine haben. Dies bedeute, "dass die aktuellen Kursgewinne auch zügig wieder hergegeben werden können, allein schon deshalb, weil die instabile politische Lage in Deutschland das Gegenteil von dem ist, was der Aktienmarkt im Angesicht des Haushaltsstreits zwischen Brüssel und Rom, zähen Brexit-Verhandlungen und Handelskriegssorgen mit den USA gerade braucht", so Klatt.

Aus Branchensicht war der Autosektor am Montag besonders stark gefragt. Die Aussicht auf Steuerentlastungen im wichtigen Absatzmarkt China gab den jüngst von Gewinnwarnungen in der Branche gebeutelten Autowerten Auftrieb. Volkswagen, Daimler und BMW legten um bis zu 4 Prozent zu. Die Papiere des Zulieferers Continental und des Halbleiterherstellers Infineon, dessen Geschäfte stark von der Autoindustrie abhängen, belegten mit Kursgewinnen von 5,5 beziehungsweise 6 Prozent gar die beiden vordersten Plätze im Dax.

Die ersten Geschäftsresultate deutscher Unternehmen zu Wochenbeginn stießen auf ein überwiegend positives Echo. Beim IT-Dienstleister Cancom konnten sich die Anteilseigner dank des Rekordumsatzes im dritten Quartal und des deutlichen operativen Gewinnanstiegs (Ebitda) über ein Kursplus von mehr als 7 Prozent freuen.

Gea-Papiere gewannen im MDax um 1,8 Prozent. Der Maschinenbauer kämpft weiter mit der schwachen Entwicklung im Milchgeschäft und stellt sich deshalb auf ein herausforderndes Schlussquartal ein. Allerdings war der Aktienkurs schon zuletzt auf das niedrigste Niveau seit dem Frühjahr 2013 gesunken. Zudem sahen Analysten die endgültigen Quartalsergebnisse nach der jüngsten Senkung der Unternehmensziele etwas über den schon vorab veröffentlichten Eckdaten.

Ansonsten sorgten Analystenkommentare für Bewegung. Die Aktien des Pharma- und Chemiekonzerns Merck KGaA setzten im Dax mit plus 2,8 Prozent ihre zuletzt überdurchschnittliche Kursentwicklung fort. Merck sei der günstigste europäische Spezialpharma-Wert in ihrer Beobachtungsliste, schrieb Rebekah Harper von der schweizerischen Bank Credit Suisse.

Am Rentenmarkt fiel der Bund-Future um 0,21 Prozent auf 160,30 Punkte. Der Kurs des Euro verlor etwas an Wert und lag zuletzt bei 1,1378 US-Dollar. Den Referenzkurs hatte die Europäische Zentralbank (EZB) zuvor auf 1,1381 Dollar festgesetzt./edh/he

--- Von Eduard Holetic, dpa-AFX ---