Man werde die Kapazitäten etwa mit LNG-Terminals an der deutschen Küste so erweitern, "dass wir irgendwann im Laufe des nächsten Jahres die Infrastruktur haben, um - wenn auch möglicherweise zu hohen Preisen - immer eine ausreichende Versorgung gewährleisten zu können", sagte der SPD-Politiker am Freitag in Potsdam. Ziel sei es, dass man mit Tausenden von Einzelentscheidungen den Gasverbrauch zudem reduziere.

Dazu zähle der Einsatz von Kohlekraftwerken und die Prüfung, ob die noch laufenden Atomkraftwerke nicht zumindest noch diesen Winter "ausgelutscht" werden könnten, fügte er in Anspielung auf die Debatte über eine Laufzeitverlängerung der drei AKWs hinzu. Derzeit wird diskutiert, ob die Brennstäbe in diesen Kraftwerken noch einige Monate länger genutzt werden könnten. Eigentlich sollen die Kraftwerke Ende des Jahres abgeschaltet werden. Bei einem Besuch der Stadtwerke Potsdam sagte Scholz, dass man wie dort im Notfall auch über eine kurzfristige Umschaltung von Gas auf Öl bei der Wärmeerzeugung diskutieren müsse.

Scholz betonte ebenso wie der Potsdamer Oberbürgermeister Mike Schubert, dass die Rettung des Gasversorgers Uniper sehr wichtig gerade für die Versorgung der Stadtwerke gewesen sei. Mit Blick auf die Energiewende fügte er hinzu, dass durch den Ausbau der erneuerbaren Energien die Abhängigkeit von Energieimporten reduziert werde, "damit wir uns auf Dauer keine Sorge machen müssen".

Zu der beschlossenen Gasumlage sagte Scholz, er hoffe, dass diese nicht zu hoch ausfallen werde. "Mein Wunsch ist natürlich, dass diese nicht sehr hoch ist", sagte der Kanzler. Der Kanzler betonte aber, dass dies ein "zunächst technischer Vorgang" sei, bei dem die Umlage nach klaren gesetzlichen Vorgaben ausgerechnet werde. Er hoffe, dass ein Ergebnis zustande komme, das für alle als eine zu bewältigende Aufgabe erscheine. Er verfolge die Berechnung, die bis spätestens Sonntagnacht abgeschlossen werden soll, sehr intensiv, fügte Scholz hinzu.

Die Umlage soll in Schieflage geratene Gas-Importeure stabilisieren. Sie greift ab dem 1. Oktober und endet am 1. April 2024. Die genaue Höhe soll kommenden Montag veröffentlicht werden und zwischen 1,5 und fünf Cent je Kilowattstunde liegen. Durch die Umlage sollen 90 Prozent der momentanen Extra-Kosten der Importeure, die aus ausbleibenden russischen Lieferungen resultieren, an alle Kunden weitergegeben werden, und zwar mit dem gleichen Betrag pro Kilowattstunde für jeden.

Der Kanzler verwies erneut auf ein drittes Entlastungspaket, an dem die Regierung arbeite. Viele Menschen hätten keine Rücklage, um die stark steigenden Energierechnungen zu zahlen. "Niemand soll vor eine unlösbare Aufgabe für sein eigenes Leben oder seinen eigene Betrieb gestellt werden", sagte Scholz.

Laut ZDF-Politbarometer finden 58 Prozent der Wahlberechtigten, dass die Ampel-Koalition die Bürger nicht genug entlaste. 30 Prozent ordnen die Entlastungen als gerade richtig ein, fünf Prozent halten sie für übertrieben. Zur Finanzierung gibt es kein klares Meinungsbild: 43 Prozent sprechen sich für zusätzliche Schulden aus, 36 Prozent für Steuererhöhungen, 21 Prozent wollen sich nicht äußern.

(Bericht von Andreas Rinke und Christian Krämer, redigiert von Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)