LISSABON (dpa-AFX) - Bei der Parlamentswahl in Portugal können die regierenden Sozialisten am Sonntag mit einem großen Triumph rechnen. Allen Umfragen zufolge wird die Partido Socialista (PS) von Ministerpräsident António Costa - anders als bei der letzten Wahl zur Assembleia da República vor vier Jahren - diesmal gewinnen und die konservative Opposition weit hinter sich lassen.

Costa, dessen Minderheitsregierung mit Unterstützung einer bunten Mischung von Linksaußen-Parteien im früheren Euro-Krisenland seit der Machtübernahme im Herbst 2015 für Wachstum und Stabilität sorgte, wird wohl gestärkt aus der Abstimmung hervorgehen. Die Aufregung und Vorfreude sei so groß, dass er "Schmetterlinge im Bauch" habe, sagte Costa auf einer Wahlkampfveranstaltung am Mittwoch. Völlig sorgenfrei kann der 58 Jahre alte, gelernte Jurist und Ex-Bürgermeister Lissabons aber nicht in die Zukunft blicken.

Nicht die konservative Opposition bereitet Costa Sorgen. Es ist vielmehr so etwas wie ein "Feind im eigenen Haus", der Probleme bereiten könnte. Der marxistische Linksblock (BE), ein ebenso wichtiger wie kritischer Unterstützer der Sozialisten, könnte den Umfragen zufolge auch Stimmengewinne erzielen. Das Problem? António José Teixeira, Kolumnist der Renommierzeitung "Público" erklärt es: "Ein starker bzw. noch stärkerer BE wird anspruchsvoller sein, mehr Bedingungen stellen wollen."

BE-Vorsitzende Catarina Martins, eine charismatische Schauspielerin, sagte dieser Tage immer wieder, die Zusammenarbeit der vergangenen vier Jahre mit der PS und dem grün-kommunistischen Bündnis CDU sei "gut" gewesen. Die 46-Jährige meint aber auch, dass man viel mehr tun müsse - etwa bei der Bekämpfung des akuten Wohnungsmangels in den Großstädten und gegen die Vernachlässigung des Landesinneren. Sie fordert mehr Sozialausgaben und Verbesserungen der Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt. Die vielen Streiks der vergangene Monate, unter anderem der Lehrer, der Krankenpfleger und der Lkw-Fahrer, geben ihr möglicherweise recht.

Vor dem Hintergrund empfehlen einige Medien und Politiker, Costa solle gegebenfalls diesmal lieber den Schulterschluss mit den Konservativen suchen. Der Regierungschef äußerte sich dazu nicht.

Nach einer Umfrage, die vom Meinungsforschungsinstitut Cesop-UCP für "Público" und für die öffentliche TV-Anstalt RTP erstellt wurde, werden die Sozialisten am Sonntag rund 37 Prozent der Stimmen erhalten. Damit würde die sozialdemokratisch orientierte PS knapp fünf Prozentpunkte mehr als 2015 bekommen.

In dieser Erhebung, die ähnliche Ergebnisse zeigt wie andere repräsentative Umfragen, kommt die konservative Sozialdemokratische Partei PSD von Spitzenkandidat Rui Rio auf 30 Prozent. Der BE folgt mit zehn Prozent vor dem Bündnis CDU (sechs Prozent), der rechtsliberalen CDS-PP (fünf Prozent) und der Tier- und Naturschutzpartei PAN (drei Prozent).

Mit einem Hilfspaket von 78 Milliarden Euro hatten die EU und der Internationale Währungsfonds Portugal 2011 vor dem Bankrott bewahrt. Nach drei Jahren unter dem EU-Rettungsschirm steht das Land seit 2014 finanziell wieder auf eigenen Beinen. Die strenge Sparpolitik dieser Jahre kostete den Konservativen aber die Macht.

In den Folgejahren gelang Costa der bis dahin für als unmöglich geltende Spagat: Er lockerte die Sparpolitik, erhöhte Sozial- und andere Ausgaben und hielt sich gleichzeitig an die Vorgaben aus Brüssel. Die Wirtschaft wuchs auch dank eines Tourismusbooms deutlich über dem EU-Schnitt. Mit 6,7 Prozent erreichte die Arbeitslosenrate jüngst den niedrigsten Stand seit 2002.

Am Sonntag sind rund 10,8 Portugiesen zur Stimmabgabe aufgerufen. Die Wahllokale sind bis 20.00 Uhr MESZ geöffnet, auf den Azoren bis 21.00. Wenige Minuten nach Schließung der letzten Wahllokale werden die ersten Prognosen und Hochrechnungen erwartet./er/DP/he