Auf dem Papier schien es eine perfekte "Klemme" zu sein: Einerseits musste Tesco mit beispiellosen Preiserhöhungen seitens seiner Lieferanten zurechtkommen, andererseits musste es gelingen, diese Erhöhungen von bereits finanziell belasteten Verbrauchern aufzufangen.

Die Gruppe, die ihre Jahresergebnisse letzten Donnerstag veröffentlichte, schneidet letztendlich besser ab als erwartet. Vorsicht jedoch vor optischen Effekten: Das Umsatzwachstum - £65 Milliarden gegenüber £60,6 Milliarden im Vorjahr - resultiert direkt aus der besagten Inflation, eher als aus einem Anstieg der Absatzmengen.

Auf konstanter Basis setzen die Verkäufe tatsächlich ihren langfristigen Trend zu einer langsamen Erosion fort, insbesondere angesichts der sehr aggressiven Konkurrenz der deutschen Discounter und der Rationalisierung des geografischen Fußabdrucks - sprich, der Schließung der am wenigsten profitablen Geschäfte.

Die positive Überraschung - die den Aktienkurs nach Bekanntgabe der Ergebnisse steigen ließ - kommt von den gut verteidigten operativen Margen trotz des schwierigen Umfelds. Mit £2,7 Milliarden bleibt der operative Gewinn damit im Einklang mit seinem Durchschnitt der letzten fünf Jahre.

Obwohl das bilanzielle Ergebnis unter einer Abschreibung des Immobilienbestands von £982 Millionen aufgrund steigender Zinsen leidet - ein Vorgeschmack auf das, was alle großen Grund- und Immobilienbesitzer erwartet - bleibt der Cash-Gewinn oder Free Cashflow dem Vorjahr ähnlich: Er erreicht £2,7 Milliarden, zur Hälfte auf die Entschuldung ausgerichtet - eine kluge Entscheidung in diesem Zinsumfeld - und zur anderen Hälfte auf die Vergütung der Aktionäre, hier gleichmäßig zwischen Dividenden und Aktienrückkäufen aufgeteilt. Eine weitere positive Überraschung also.

Tesco hat sich nach einem schwierigen Zyklusbeginn gut neu positioniert. Bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 7-8x im Hinblick auf den Free Cashflow könnte man argumentieren, dass die Aktie möglicherweise unterbewertet ist, obwohl die Bestätigung der "neuen Normalität" nach der vor der Pandemie erfolgten Umstrukturierung noch aussteht.

Dies ungeachtet des rückläufigen Trends und einer Eigenkapitalrentabilität, die nur knapp über den Kapitalkosten liegt, was eine strukturell begrenzte Wertschöpfung zur Folge hat.