Von Telis Demos

NEW YORK (Dow Jones)--Die verheerenden Waldbrände auf Hawaii sind ein tragisches Beispiel für ein Phänomen, das die Versicherungsbranche erschüttert. Es dreht sich um zunehmende Verluste aus Katastrophen, die früher als "sekundär" galten. So genannte sekundäre Gefahren treten häufiger auf als primäre Gefahren, zu letzteren gehören etwa Hurrikane oder Erdbeben. Erstere sind in der Regel weniger schwerwiegend. Doch solch "sekundäre" Ereignisse wie Waldbrände, schwere Unwetter, Überschwemmungen und Erdrutsche haben in den vergangenen Jahren immer größere Versicherungsschäden losgetreten.

In einem Bericht der Swiss Re von vergangener Woche heißt es, dass weit verbreitete Gewitterstürme in den USA fast 70 Prozent der globalen versicherten Naturkatastrophen-Verluste in den ersten sechs Monaten dieses Jahres ausmachten. Das umfasste Unwetter, die durch Donner und Blitze, heftigen Regen und Hagel, starke Winde und starke Temperaturschwankungen gekennzeichnet sind. Auch Waldbrände waren in den vergangenen Jahren bedeutende Versicherungsereignisse. Nach Angaben des Insurance Information Institute (IIF) gab es seit 2017 zwei Waldbrände allein in Kalifornien, die sich auf einen versicherten Schaden von rund 10 Milliarden US-Dollar aufsummierten.


   Auch Inflation macht Schäden teurer 

Der Klimawandel, der die Häufigkeit oder Schwere von Ereignissen erhöht, ist nur ein Teil der Gleichung. Hinzu kommen die Auswirkungen der Inflation, die den Immobilienwert und die Reparatur- oder Ersatzkosten in die Höhe treibt. Erdem Karaca, Leiter der Abteilung Katastrophenrisiken für Amerika bei Swiss Re, berichtet über immer mehr Verluste aus sekundären Gefahren. So seien sie "in den vergangenen Jahren wegen der wachsenden Bevölkerung und der wirtschaftlichen Werte in den ihnen ausgesetzten Regionen tendenziell höher ausgefallen". Und er verweist auf das Bevölkerungswachstum von fast 40 Prozent in nur zwei Jahrzehnten in Texas. Diese sekundären Gefahren sowie andere oft schwieriger zu modellierende Ereignisse wie Covid-19 haben auch eine Schlüsselrolle bei der Verlangsamung des Kapitalflusses in den Rückversicherungsmarkt gespielt. Generell bietet die Rückversicherung den Versicherern, die Policen für Häuser und Autos abschließen, eine Absicherung. Dies wiederum hat dazu beigetragen, eine Verschiebung der Preisgestaltung und des Versicherungsschutzes voranzutreiben, die sich bis hin zu den Verbraucherpreisen ausgewirkt hat.


  Märkte könnten weniger Katastrophenanleihen bei Anlegern unterbringen 

In Zeiten extrem niedriger Zinsen waren Anleger auf der Jagd nach Renditen in Form von Katastrophenanleihen und anderen Insurance-Linked Securities (ILS), die in der Branche das sogenannte alternative Kapital bilden. Diese Geldmenge trug dazu bei, dass der Anstieg der Versicherungskosten relativ gedämpft blieb, selbst als die Katastrophenschäden im Jahr 2017 stark zulegten. Aber sekundäre Gefahren sind möglicherweise nicht die Art von Katastrophen, von denen die Anleger dachten, dass sie sie absichern würden, als sie Geld in diesen Markt investierten. Solche Ereignisse bedeuteten "eine besondere Herausforderung für ILS-Manager, die in der Vergangenheit an Investoren verkauft hatten, obwohl sie unter schlagzeilenträchtigen Risiken litten". Doch die Ergebnisse hätten diese These nicht voll und ganz unterstrichen, schreibt Gallagher Re in einem Bericht vom Januar. Es kam es zu einer Reduzierung des Kapitals aus solchen alternativen Quellen. Und selbst in der ersten Hälfte des laufenden Jahres, als die Renditen von ILS relativ höher waren als ihre Benchmarks als in der Vergangenheit, sah es relativ mau aus. Es habe "immer noch keine offensichtlichen Anzeichen dafür gegeben, dass neues Rückversicherungskapital auf den Markt kam", schreibt Gallagher Re im Juli.

Weniger alternatives Kapital auf dem Markt hat es den Rückversicherern ermöglicht, erhebliche Preiserhöhungen durchzusetzen. Das war ein Segen für die Aktien großer Rückversicherungsanbieter, wobei die Aktien der in den USA notierten Unternehmen Everest Group, Renaissancere und Arch Capital Group in den vergangenen zwölf Monaten jeweils um mindestens 34 Prozent zulegten. Auf der anderen Seite haben Erstversicherer, die zum Schutz ihres Kapitals Rückversicherungen abschließen, die Auswirkungen dieser höheren Kosten zu spüren bekommen. Als Grund für den Stopp des Verkaufs neuer Hausratversicherungen in Kalifornien nannte State Farm steigende Rückversicherungskosten. Höhere Katastrophenschäden trafen Progressive, Allstate und andere im zweiten Quartal.


  Rückversicherer bürden Erstversicherern höhere Kosten auf 

In einigen Fällen haben die Rückversicherer nicht nur die Deckungskosten erhöht, sondern auch den Ausgangspunkt für die Verlustabsorption nach oben verschoben. Daher wird die Schadenssumme, die Erstversicherer bis zum Einsetzen der Rückversicherung hinnehmen müssen, in vielen Fällen immer größer. Rückversicherer versuchen nun in der Regel, auf der Ebene von Katastrophenschäden zu beginnen, die etwa alle zehn Jahre auftreten. Und sie machen um den typischeren Ausgangspunkt von Ereignissen, die alle drei oder fünf Jahre auftreten, eher einen Bogen, erläutert Gallagher Re in seinem Januar-Bericht. Offensichtlich muss sich die Versicherungsbranche als Ganzes immer häufiger auf schlimmere Ereignisse einstellen. Das geht nicht ohne Kosten.

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August 14, 2023 09:16 ET (13:16 GMT)