TAUFKIRCHEN (dpa-AFX) - Der Rüstungskonzern Hensoldt will an die Börse gehen. Demnach ist eine Erstnotiz (IPO) im Prime Standard an der Frankfurter Börse geplant, wie das Unternehmen am Dienstag in Taufkirchen bei München mitteilte. Der Gang an den Kapitalmarkt solle bis Ende des Jahres 2020 abgeschlossen sein.

Vorstandschef Thomas Müller sprach in einer Telefonkonferenz vom "richtigen Zeitpunkt" und verwies unter anderem darauf, dass die Auftragsbücher auf Rekordhoch stünden. Hensoldt will den Angaben zufolge bestehende sowie neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung an der Börse platzieren. Mit dem Geld aus dem Börsengang will das Unternehmen unter anderem seinen Wachstumskurs fortsetzen und die Bilanz stärken. Wie viele Aktien platziert werden sollen, teilte Hensoldt nicht mit. Auch zur angepeilten Preisspanne und der möglichen künftigen Anteilseignerstruktur machte der Konzern auf Nachfrage zunächst keine Angaben.

Hensoldt mit über 5400 Mitarbeitern weltweit ist im Bereich der Rüstungselektronik unter anderem in der Radar- und Sensortechnik tätig. Das Unternehmen stellt etwa Sensoren, Systeme für elektronische Kampfführung und optoelektronische Systeme her und gehört bislang dem Finanzinvestor KKR. KKR hatte dem Flugzeugbauer Airbus 2017 dessen Rüstungselektronik-Sparte abgekauft.

Insidern zufolge strebt KKR eine Bewertung von bis zu 3 Milliarden Euro an, Investoren könnten durch den Börsengang zwischen 20 und 30 Prozent der Hensoldt-Anteile angeboten werden, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Eingeweihte Anfang August berichtet hatte. Laut Industriekreisen war der IPO ursprünglich schon im Frühjahr geplant, er sei wegen der Corona-Turbulenzen an den Finanzmärkten dann aber auf Eis gelegt worden. Mit dem nun offiziell angekündigten Börsengang ist Hensoldt somit das erste größere Unternehmen in Deutschland, das sich in der Pandemie aufs Parkett wagt.

Im Vergleich zu 2019 ist das bisherige Volumen der Börsengänge in Deutschland um rund zwei Drittel eingebrochen. Mittlerweile haben sich die Märkte vom Corona-Crash aber wieder erholt, das Umfeld für Börsengänge wird langsam wieder günstiger. Kürzlich kündigte daher auch der Wohnwagen- und Reisemobil-Hersteller Knaus Tabbert seinen Börsengang an.

Auch der Online-Gebrauchtwagenmarktplatz Auto1 bereitet Kreisen zufolge gerade seinen Börsengang vor. Wie Bloomberg kürzlich unter Verweis auf mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtete, plant Auto1 seine Erstnotiz ebenfalls in Frankfurt. Das Start-Up aus Berlin wurde nach dem Einstieg des japanischen Mischkonzerns Softbank im Jahr 2018 mit rund 2,9 Milliarden Euro bewertet und soll mit Blick auf den IPO eine noch höhere Bewertung anpeilen.

Zudem soll der Wissenschaftsverlag Springer Nature seine IPO-Pläne wieder aufgegriffen haben, die Ankündigung einer Erstnotiz könnte laut Finanzkreisen noch in diesem Herbst erfolgen.

Derweil hofft Hensoldt vor dem Hintergrund wachsender Rüstungsbudgets und neuer weltweiter Bedrohungsszenarien auf weiter steigende Erlöse. Der Umsatz des Konzerns lag 2019 bei rund 1,1 Milliarden Euro. Für das laufende Jahr rechnet das Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 1,15 Milliarden Euro. 2021 strebt Hensoldt dann eine Umsatzspanne von 1,4 bis 1,6 Milliarden Euro an, ehe die Wachstumsrate 2022 im mittleren Zehnerprozentbereich und mittelfristig jährlich im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich liegen soll.

Allerdings soll die Marge des bereinigten Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) laut Mitteilung ab der zweiten Jahreshälfte 2020 und bis in das Jahr 2021 hinein leicht auf etwa 18 Prozent sinken. Der Konzern, zu dessen Konkurrenten unter anderem Thales (Frankreich) und der US-Rüstungskonzern Raytheon zählen, verwies dabei auf zu erwartende kurzfristige Auswirkungen von Anlaufeffekten in der Frühphase von Großprojekten. Mittelfristig soll sich die bereinigte Ebitda-Marge dann aber wieder in etwa auf das Niveau von 2019 verbessern./eas/men/stk