Von Laura Forman

NEW YORK (Dow Jones)--Der japanische Konzern Softbank hat mit seinen beiden technologieorientierten "Vision"-Fonds auf die Kapitalbeschaffung durch Börsengänge gesetzt. Das sollte "einen positiven Kreislauf von Wachstum und Fortschritt antreiben". Wenn jedoch der Markt einbricht, funktioniert die Idee nicht.

Der Vision Fund 1 wurde 2017 als Investitionsvehikel mit einer Laufzeit von 12 bis 14 Jahren aufgelegt. Dabei wurde 59 Prozent des investierten Kapitals in solche Unternehmen investiert, aus denen Softbank ausgestiegen ist oder die bereits an der Börse notiert waren, wie aus den Investitionsunterlagen hervorgeht.

Das war keine schlechte Idee. Der technologielastige Nasdaq Composite stieg im vergangenen Jahr um 58 Prozent, fiel im ersten Quartal 2022 aber wieder um 15 Prozent. Man kann es einer Investmentfirma kaum verübeln, wenn sie das Eisen schmiedet, solange es heiß ist.


   Auch hohe Kursverluste zu beklagen 

Andererseits hatten die 22 Unternehmen im Vision Fund 1, die bis zum 31. Dezember an die Börse gegangen waren, bis Mittwoch einen durchschnittlichen Verlust von fast 38 Prozent gegenüber ihren jeweiligen Eröffnungskursen erlitten, wie aus Daten von S&P Capital IQ hervorgeht.

Betrachten wir einige hochkarätige Vision-Beteiligungen: Das chinesische Unternehmen Didi musste sich im vergangenen Jahr aufgrund von Bedenken der chinesischen Aufsichtsbehörden von der New Yorker Börse zurückziehen - nur sechs Monate, nachdem es bei einem Börsengang Milliarden von Dollar eingenommen hatte. Seine Aktien stürzten letzten Monat an einem einzigen Tag um 44 Prozent ab, nachdem das Unternehmen mitgeteilt hatte, dass es die Vorbereitungen für eine Notierung in Hongkong ausgesetzt habe.

Die Aktien des synthetischen Biotechnologieunternehmens Zymergen sind seit dem Börsengang im letzten Jahr um mehr als 90 Prozent gefallen, nachdem das Unternehmen mitgeteilt hatte, dass die Einnahmen in diesem Jahr "unwesentlich" sein würden.

Vision bewertet seine Investitionen nicht anhand des Börsenkurses, sondern anhand des Preises vor der Börsennotierung, zu dem die Beteiligung ursprünglich erworben wurde. Daher können selbst Investitionen, deren Marktwert an den öffentlichen Märkten stark gesunken ist, für Softbank insgesamt recht profitabel sein.


   Zweiter Fonds steht schlechter da 

Der jüngere Vision Fund 2, der 2019 aufgelegt wurde, könnte jedoch einen steinigeren Weg einschlagen. Von den 209 Investitionen, die Softbank bisher in den Vision Fund 2 getätigt hat, wurden nur 13 an die Börse gebracht, und es hängt noch viel davon ab, ob die Anleger bei künftigen Angeboten auf den Geschmack kommen. Softbank nutzt zwar auch Fremdkapital, aber öffentliche Börsengänge sind eine wichtige Quelle für neue Barmittel, die die Vision Funds dann wieder in neue Investitionen stecken können.

In einem Interview mit dem Wall Street Journal im November bezeichnete Vision-Finanzchef Navneet Govil die Fähigkeit von Softbank als entscheidend, Gelder durch Börsengänge "effektiv zu recyceln", und externe Investoren anzuziehen.

Softbank ist ein Minderheitsinvestor in seinen Vision-Unternehmen und ermutigt diese nach eigenen Angaben, zum richtigen Zeitpunkt an die Börse zu gehen. Vor diesem Hintergrund scheint es wahrscheinlich, dass 2022 angesichts der sich verschlechternden Marktbedingungen ein schwächeres Jahr für Börsengänge werden wird. Es ist auch anzunehmen, dass die Vision Funds in diesem Jahr weniger Investitionen tätigen werden.


   Erfolg wird dringend gebraucht 

Softbank-Chef Masayoshi Son hat ein erhebliches persönliches Interesse am Erfolg. Zum 31. Dezember hielt Son mehr als 17 Prozent der gesamten Kapitalbeteiligungen am Vision Fund 2, der ein Gesamtvolumen von 51 Milliarden US-Dollar hat.

Auch Softbank selbst ist höher verschuldet, als es den Anschein hat. Bloomberg Intelligence schätzt, dass der Verschuldungsgrad des Unternehmens bereits über dem Zielwert liegt: Wenn man vorausbezahlte Terminkontrakte aus dem Kredit- und Vermögenswert herausrechnet und die Eventualverbindlichkeiten und die Nettoverschuldung der Softbank-internen Hedgefonds mit einbezieht, zeigt die Analyse, dass die entsprechende Quote kürzlich über 36 Prozent lag. Softbank will diese Quote "in normalen Zeiten" unter 25 Prozent halten, mit einer Obergrenze von 35 Prozent selbst in Notzeiten.

Die Vision-Fonds sind also auf erfolgreiche Börsengänge angewiesen. Die globale Hotelplattform OYO hat bereits einen Antrag gestellt, und Softbank strebt für das Halbleiterentwicklungsunternehmen Arm bis März nächsten Jahres einen Börsengang an, nachdem der Kauf durch Nvidia aufgrund kartellrechtlicher Bedenken abgelehnt wurde. Der Kauf von Arm durch Nvidia hätten den Arm-Besitzern Softbank und Vision Fund 1 etwa 80 Milliarden Dollar gebracht.

Softbank muss hoffen, dass die schwache Performance seiner jüngsten Börsengänge die öffentlichen Investoren nicht davon abhalten, bei künftigen Börsengängen der Vision Funds mitzumachen. Daten von S&P Capital IQ zeigen, dass Vision Fund 2-Investitionen, die bisher an die Börse gegangen sind, bis Mittwoch durchschnittlich 51 Prozent unter ihrem jeweiligen Eröffnungskurs lagen.

Das Unternehmen, das einen riesigen Erfolg verspricht, könnte zum Rohrkrepierer werden.

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April 08, 2022 06:13 ET (10:13 GMT)