Bern (Reuters) - Die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist bereit, zur Bekämpfung der Inflation ihre Geldpolitik weiter zu straffen.

"Wir haben zunehmend Anzeichen dafür, dass die Inflation auf andere Güter und Dienstleistungen übergreift, die nicht mit Energie und Versorgungsengpässen zusammenhängen", sagte Direktoriums-Vizepräsident Martin Schlegel am Freitag auf einer Veranstaltung der Asset Management Association Switzerland. Trotz weltweit gesunkener Inflationsraten sei es noch zu früh für eine Entwarnung bei der Teuerung, so Schlegel weiter.

Die SNB geht derzeit davon aus, dass die Inflation in der Schweiz von durchschnittlich 2,6 Prozent im laufenden Jahr auf zwei Prozent in den Jahren 2024 und 2025 sinken wird. Doch die Aussichten blieben sehr unsicher, so Schlegel. "Wir können eine weitere Straffung der Geldpolitik zur Sicherung der Preisstabilität nicht ausschließen." Die SNB sei auch bereit, bei Bedarf an den Devisenmärkten zu intervenieren, um das Zielband einer Teuerung von null bis zwei Prozent zu gewährleisten.

Ein weiterer Faktor, den es zu berücksichtigen gelte, seien die Auswirkungen der höheren Zinsen auf die Mieten in der Schweiz. Diese könnten im Laufe des Jahres steigen und den Inflationsdruck verstärken, erklärte Schlegel.

Die SNB hat die Leitzinsen über die vergangenen zwölf Monate viermal erhöht, um die Inflation zu bekämpfen. Auch wenn die Teuerungsrate von 2,6 Prozent im April im internationalen Vergleich tief war, so blieb sie den 14. Monat in Folge außerhalb des Zielbandes der SNB. SNB-Präsident Thomas Jordan hatte Anfang der Woche erklärt, die SNB müsse die Inflation so schnell wie möglich unter zwei Prozent senken, um zu verhindern, dass sich die Inflationswahrnehmung bei Haushalten und Unternehmen verfestige. Die Mai-Inflationsdaten für die Schweiz werden am 5. Juni erwartet. Die nächste Zinsentscheidung der Notenbank steht am 22. Juni an.

(Bericht von John Revill, geschrieben von Oliver Hirt, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)