Von Hans-Joachim Koch

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Rückkehr zu einer Hauptversammlung in Präsenz nach drei virtuellen Jahren markiert für SAP auch in anderer Hinsicht einen Umbruch. Es werden die Weichen für den Wechsel an der Aufsichtsratsspitze gestellt. Denn Mitgründer Hasso Plattner wird nur noch bis Mai 2024 im Amt bleiben, nachdem die mehrjährige und offenbar schwierige Suche nach einem Nachfolger doch noch erfolgreich war. Punit Renjen (62), bis Ende vergangenen Jahres Global CEO von Deloitte, soll jetzt in einem ersten Schritt in den Aufsichtsrat gewählt werden und im kommenden Jahr dann die Rolle des 79-jährigen Plattner einnehmen, der das Gremium seit 2003 führt.

Ein "Externer" an der Spitze des SAP-Aufsichtsrats kommt für Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment, einer Revolution gleich. Möglicherweise sei es aber genau das, was das Unternehmen brauche. Renjen werde "in große Fußstapfen treten". Um diese zu füllen und Erfahrung im Aufsichtsrat zu sammeln, sei ein Jahr allerdings sehr ambitioniert.


   Holpriger Nachfolgeprozess 

Mit Renjen werde das Gremium noch internationaler, stellt Hendrik Schmidt, Experte des Vermögensverwalters DWS für Corporate Governance, heraus. Rückblickend betont er aber, "wir hätten uns natürlich einen weniger holprigen und vor allem früheren Nachfolgeprozess gewünscht."

Den anderen Umbruch bei SAP - die volle Fokussierung auf das Cloudgeschäft - hat das Management bereits vor zweieinhalb Jahren vollzogen und arbeitet daran, die einstigen Höhen in Sachen Profitabilität wieder zu erklimmen. Speich spendet verhaltenen Beifall: SAP habe das Wachstum deutlich verbessert und zeige zunehmend Erfolge im Cloudgeschäft. Die Schwächephase scheine überwunden zu sein.

"Nach dem chaotischen Jahr 2021 war das vergangene Jahr durch eine klare Fokussierung auf die Kernthemen und den Neuaufbau geprägt." CEO Christian Klein habe die Vision 2025 mit Leben gefüllt, so dass der Kapitalmarkt wieder Vertrauen fasse. Doch Speich mahnt zugleich, dass der Vorstand nun zeigen müsse, dass bei SAP echte Innovation entwickelt und vor allem skaliert werden könne.


   Trendwende bei Marge angemahnt 

Auch Schmidt von DWS will weitere Erfolge sehen. Er blickt besonders auf die Marge und fragt, wann hier mit einer Trendwende zu rechnen sei. Kritik äußert er an zu langsamen Fortschritten bei der Entwicklung des Free Cashflows.

Vorstandschef Christian Klein gab sich in seiner Rede optimistisch. Die Ergebnisse des ersten Quartals hätten gezeigt, dass "SAP so stark ist wie noch nie". Selbst unter den schwierigen Rahmenbedingungen seien Umsatz und Profitabilität weiter gewachsen, getragen von kontinuierlichen Zuwächsen im Cloudgeschäft. Jetzt beginne die nächste Phase, nachdem "der größte Teil der Cloud-Transformation hinter uns liegt".


   Innovation und KI 

Klein stellte die Investitionen in Innovationen als "ein besonderes Anliegen" heraus. Aktuelles Beispiel sei Künstliche Intelligenz (KI). Hier liege der Fokus darauf, diese Technologie in die SAP-Anwendungen zu integrieren. Er kündigte für die Kundenveranstaltung Sapphire in der kommenden Woche weitere Angebote aus diesem Bereich an, zusätzlich zu den über 50 bereits in SAP-Lösungen integrierten Anwendungsszenarien. Ziel für 2023 sei es, die Innovationsgeschwindigkeit weiter zu erhöhen.

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May 11, 2023 04:00 ET (08:00 GMT)