BÖHMENKIRCH/THANNHAUSEN (dpa-AFX) - Wenn es bei Familie Bosch ans Eierbemalen geht, greifen die vier Kinder lieber gleich nach den dicksten Pinseln. Kein Wunder, denn die Boschs betreiben in Böhmenkirch (Baden-Württemberg) eine Straußenfarm. Und was ihre afrikanischen Riesenvögel ein bis zwei Mal pro Woche ins Stroh legen, ist gut und gern zehn Mal so groß wie ein normales Hühnerei. Viel Fläche, auf denen die beiden Zwillingspaare (8 und 11) ihrer Fantasie freien Lauf lassen können.

"Ostertraditionen werden auch bei Straußenzüchtern hoch gehalten", sagt die Farmverwalterin und Mutter Henrike Bosch (39) augenzwinkernd. Dann holt sie die Akku-Bohrmaschine, um Löcher für das Ausblasen in die mehr als 1,5 Kilogramm schweren Eiergiganten zu bekommen. "Der Inhalt entspricht dem von bis zu 25 Hühnereiern." Das gibt Rührei für eine ganze Familie. Doch so dekorativ bemalte Straußeneier auch sein mögen, mit der wachsenden Popularität bunter Eier vom Huhn können die Exoten nicht mithalten.

"Klar, auch bei uns kommen zu Ostern eher Hühnereier auf den Tisch, bunte natürlich", sagt Henrike Bosch. Damit liegen die schwäbischen Straußenzüchter im deutschlandweiten Trend. Bei gefärbten und verzehrbereit vorgekochten Eiern waren die Zuwachsraten in den letzten Jahren teils zweistellig, wie Margit Beck von der Branchenorganisation Marktinfo Eier & Geflügel (MEG) berichtet. 2016 kauften die Haushalte in Deutschland insgesamt 475 Millionen bunte Eier - fast die Hälfte allein im ersten Quartal.

Ein beachtlicher Teil der Bunteier kommt aus einer der ältesten Eierfärbereien der Republik: Rund 10 Millionen Stück rollen jeweils zwischen Anfang Januar und Gründonnerstag aus den Färbeanlagen des 1953 gegründeten schwäbischen Familienunternehmens Beham in Thannhausen im Landkreis Günzburg - etwa 250 000 Eier pro Arbeitstag, in sechs Farben: Orange, Gelb, Grün, Lila, Blau und natürlich immer wieder Rot.

Rot ist die Farbe, die das Christentum mit dem Brauch des Eierbemalens verbindet. Einst schenkten Priester den Gläubigen zu Ostern durch Erhitzen haltbar gemachte rote Eier - als Symbol der Auferstehung Christi, wie man auf der Website Brauchtum.de des Bonifatiuswerks der deutschen Katholiken erfährt. "Das Ei ist hart wie ein Stein, tot, leblos und kalt", heißt es da. "Und doch beinhaltet es das Leben, das durch die Farbe des Blutes ausgedrückt wird."

Hart wie ein Stein sind die Beham-Eier allerdings nicht. "Wir lassen sie schonend über Dampf garen", berichtet Inge Rothermel (39), die Enkelin von Firmengründer Franz Beham. "Dabei werden sie fest, aber das Eigelb bleibt wachsweich." Kunden sind vor allem Geflügelbauern, die ihre rohen Eier zum Färben nach Thannhausen bringen und sie anschließend selbst vermarkten.

Nach dem Dampfgaren kullern die Eier in Maschinenschränken über Farbwalzen, wobei sie unterschiedlich marmoriert werden. Die ersten Färbemaschinen hatte Franz Beham Anfang der 1950er Jahre selbst entwickelt. Auch die kürzlich in Betrieb genommene moderne Anlage ist nach eigenen Entwürfen des Familienbetriebes gebaut worden.

"Dass die Farbstoffe in allen Eierfärbereien immer lebensmitteltauglich sein müssen, versteht sich von selbst", sagt Markus Rothermel (40). Zu den wichtigsten Bestandteilen gehört neben Alkohol aus Kartoffeln das als Schellack bekannte Harz der Lackschildlaus (Kerria lacca). "Es versiegelt die Poren der Schalen, schließt das Ei damit luftdicht ab und macht es so mindestens 28 Tage haltbar."

Anders als die "Doppel-Zwillinge" auf der nicht weit entfernten Straußenfarm Lindenhof sind die drei Kinder der Rothermels (4,7 und 10) vom Eierbemalen nicht allzu begeistert, wie der Vater berichtet. "Das mag daran liegen, dass sie sehen, wie das hier die Maschinen im Massendurchlauf erledigen." Ganzjährig leben kann die Familie von der Färberei nicht. "Das ist ein Saisongeschäft", sagt die Firmenchefin. "Nach Ostern wird die Produktionshalle gereinigt und vermietet." Dann widmen sich die Rothermels wieder ihrem "zweiten Standbein", einer Sportschule in München, die Fitnesskurse in Unternehmen und Behörden anbietet./bur/DP/fbr