Zürich/London (Reuters) - Die Preissteigerungen der vergangenen Quartale hinterlassen beim Nahrungsmittelriesen Nestle Bremsspuren.

Zwar fuhr der Schweizer Konzern in den ersten neun Monaten einen Umsatz von 68,8 Milliarden Franken ein, wie Nestle am Donnerstag mitteilte. Das organische Wachstum von 7,8 Prozent schaffte der Hersteller von Nespresso, Maggi, KitKat und Perrier aber nur dank Preiserhöhungen, während die Volumen zum fünften Mal in Folge schrumpften. Konzernchef Mark Schneider stellte bis zum Jahresende eine Wende in Aussicht: "Volumenwachstum und Produktmix befinden sich im Aufschwung." Aber die Anleger hatten sich mehr erhofft, die Aktie sackte 2,5 Prozent ab.

Die meisten Anbieter von Verbrauchsgütern haben ihre Preise in den vergangenen zwei Jahren angehoben, um die gestiegenen Kosten wettzumachen. Der Trend begann mit der Covid-Pandemie und wurde durch den Einmarsch Russlands in die Ukraine noch verschärft. Vom Sonnenblumenöl bis zu den Frachtkosten wurde alles teurer. Nestle schraubte die Preise in den ersten neun Monaten um 8,4 Prozent nach oben, während die Verkaufsvolumen um 0,6 Prozent sanken. Immerhin belief sich der Rückgang im dritten Quartal nur noch auf 0,3 Prozent. "Wir erkennen erste Erfolge unserer Portfoliooptimierung und erhöhen die Marketinginvestitionen in unsere globalen Marken", sagte Schneider. Er sei zuversichtlich, dass die Volumen wieder zum wichtigsten Wachstumstreiber würden.

Durch die höheren Preise komme das Volumenwachstum ins Stottern, erklärte Daniel Bosshard, Analyst der Luzerner Kantonalbank. "Der Endverbraucher ist nicht gewillt, von den Preissteigerungen unbeeinflusst weiter zu konsumieren beziehungsweise kann sich das oft auch nicht mehr leisten." Im Vergleich zur Konkurrenz schlage sich Nestle aber immer noch besser. Die Ausrichtung des Produktportfolios auf wachstums- und margenstarke Produkte wie Heimtiernahrung oder Kaffee zahlte sich aus.

"Die Ergebnisse waren etwas enttäuschend", erklärte Aviva-Portfoliomanager Richard Saldanha. Er rechne erst mit einer Kurserholung, wenn die Volumen wieder anzögen. Seit Mai schwächelt die Nestle-Aktie. Eine Rolle spielten zuletzt auch Sorgen der Anleger, dass die gehypte Abnehm-Spritze Wegovy von Novo Nordisk die Nahrungsmittelabsätze bremsen könnten. Auslöser waren dabei Aussagen des weltgrößten Einzelhändlers Walmart, der einen leichten Rückgang des Lebensmittelkonsums bei Menschen, die appetitzügelnde Medikamente wie Wegovy einnehmen, feststellte.

Doch Schneider erklärte, Nestle habe bisher keine Auswirkungen solcher Medikamente auf den Umsatz gesehen. "Die größten Teile unseres Portfolios werden von dieser neuen Art von Medikamenten zur Gewichtsabnahme nicht betroffen sein." Er hofft sogar, dass sein Unternehmen von diesem Trend profitieren könne. "Wir arbeiten bereits an einer breiten Palette von Produkten, die als Begleitprodukte dienen könnten", sagte er zu Journalisten. Nahrungsergänzungsmittel könnten etwa den Verlust von Muskelmasse und eine erneute Gewichtszunahme verhindern helfen.

Wegovy hilft Patienten nachweislich, ihr Körpergewicht um rund 15 Prozent zu reduzieren, wenn es zusammen mit Sport und einer Änderung des Lebensstils eingesetzt wird. Das Produkt ist bisher in den USA, Norwegen, Dänemark und seit Ende Juli auch in Deutschland erhältlich.

Nestle bekräftigte die Prognose. Für das Gesamtjahr 2023 rechnet der Konzern mit einem organischem Umsatzwachstum von sieben bis acht Prozent und einer operativen Ergebnismarge von 17,0 bis 17,5 Prozent.

(Bericht von Oliver Hirt und Richa Naidu; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)