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DGAP-WpÜG: Prof. Dipl. Ing. Georg Nemetschek / Befreiung
Befreiung / Zielgesellschaft: Nemetschek SE; Bieter: Prof. Dipl. Ing. Georg
Nemetschek

10.11.2021 / 18:01 CET/CEST
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Für den Inhalt der Mitteilung ist der Bieter verantwortlich.

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Veröffentlichung des Bescheids der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht vom 9. Juli 2021 über die Befreiung gemäß §
37
Abs. 1, 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 2 WpÜG-Angebotsverordnung von den
Verpflichtungen gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Bezug
auf
die Nemetschek SE, München (ISIN DE0006452907)

Mit Bescheid vom 9. Juli 2021 hat die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (folgend auch "BaFin") auf entsprechenden
Antrag der Nemetschek Familienstiftung (folgend "Antragstellerin"),
Hirtenweg 14, 82031 Grünwald, diese von der Verpflichtung gemäß § 35 Abs.
1
Satz 1 WpÜG befreit, die bevorstehende Kontrollerlangung zu veröffentlichen.
Weiter wurde die Antragstellerin von den Verpflichtungen gemäß § 35 Abs. 2
Satz 1 WpÜG befreit, der BaFin eine Angebotsunterlage für ein Pflichtangebot
an die Aktionäre der Nemetschek SE, München, zu übermitteln und eine solche
Angebotsunterlage zu veröffentlichen. Der Tenor und die wesentlichen Gründe
des Befreiungsbescheids werden nachfolgend wiedergegeben.

Der Tenor des Bescheids lautet wie folgt:

1. Die Antragstellerin wird für den Fall, dass sie durch die in Abschnitt F
der Urkunde Nummer 345/2021 des Notars Dr. Thomas Wachter vom 18.02.2021
vorgesehene unentgeltliche Zuwendung des Geschäftsanteils Nummer 1 der aus
dem Formwechsel der Nemetschek Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG, Grünwald,
eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts München unter HRA 101113,
entstehenden N-Integral GmbH durch Herrn Professor Dipl.-Ing. Georg Heinz
Nemetschek die Kontrolle im Sinne des § 29 Abs. 2 WpÜG über die Nemetschek
SE, München, erlangt, gemäß § 37 Abs. 1, 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1
Nr. 2
WpÜGAngebotsverordnung von der Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1
WpÜG,
die Kontrollerlangung an der Nemetschek SE, München, zu veröffentlichen
sowie von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG, der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine Angebotsunterlage zu
übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Verbindung mit § 14 Abs.
2
Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.

2. Die Antragstellerin hat den Umstand, dass

a) aus dem Formwechsel der Nemetschek Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG,
Grünwald, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts München unter HRA
101113, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit der Firma N-Integral
GmbH, die über ein Stammkapital in Höhe von EUR 100.000,00 verfügt, deren
Geschäftsanteil mit der laufenden Nummer 1 1.000.000 Stimmen in der
Gesellschafterversammlung der N-Integral gewährt und deren übrige
Geschäftsanteile für jeden Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme
gewähren,
hervorgegangen ist und

b) Professor Dipl.-Ing. Georg Heinz Nemetschek den vorgenannten
Geschäftsanteil Nr. 1 unentgeltlich auf die Antragstellerin übertragen hat

unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von vier Wochen nach Eintritt des
jeweiligen vorgenannten Umstandes, durch Vorlage geeigneter Unterlagen
(Handelsregisterauszüge, Gesellschafterliste, Satzung) gegenüber der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nachzuweisen.

3. Für die positive Entscheidung über den Befreiungsantrag ist von der
Antragstellerin eine Gebühr zu entrichten.

Gründe:

I. Sachverhalt

1. Zielgesellschaft

Die Nemetschek SE, München, ist im Handelsregister des Amtsgerichts München
unter HRB 224638 eingetragen (folgend "Zielgesellschaft"). Das Grundkapital
der Zielgesellschaft beträgt EUR 115.500.000,00 und ist in 115.500000
Stückaktien eingeteilt (folgend "NSE-Aktien"). Die NSE-Aktien sind unter der
WKN 645290 zum Handel im regulierten Markt an der Frankfurter
Wertpapierbörse zugelassen.

2. Aktionärsstruktur der Zielgesellschaft

Die Nemetschek Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG, Grünwald, eingetragen im
Handelsregister des Amtsgerichts München unter HRA 101113 (folgend
"Nemetschek
KG") hält unmittelbar 55.868.784 NSE-Aktien (entspricht rund 48,37 % der bei
der Zielgesellschaft insgesamt vorhandenen Stimmrechte). Einzige
Komplementärin der Nemetschek KG ist die Nemetschek Verwaltungs GmbH,
Grünwald, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts München unter HRB
205971 (folgend "Nemetschek GmbH").

Kommanditisten der Nemetschek KG sind Alexander Nemetschek (folgend "AN")
und Dr. Ralf Nemetschek (folgend "RN") mit einer Beteiligung in Höhe von
jeweils 49,998 % der Kommanditanteile und Professor Dipl.-Ing. Georg Heinz
Nemetschek (folgend "GN") mit einer Beteiligung in Höhe von 0,004% der
Kommanditanteile. Die einzigen Gesellschafter der Nemetschek GmbH sind
wiederum GN, AN und RN.

Zwischen der Nemetschek KG und GN besteht eine Stimmbindungsvereinbarung (in
der Fassung vom 20.03.2017 folgend "Poolvereinbarung I"). Den Bestimmungen
der Poolvereinbarung I unterliegen jeweils sämtliche NSE-Aktien, die ein
Poolmitglied unmittelbar selbst hält (§ 1 Abs. 2 des Poolvertrags I).

GN hält derzeit unmittelbar 3.700.000 NSE-Aktien (entspricht rund 3,2 % der
Stimmrechte in der Zielgesellschaft). Dem Poolvertrag I unterliegen daher
insgesamt 59.568,784 NSE-Aktien (entspricht rund 51,57 % der Stimmrechte in
der Zielgesellschaft).

3. Geplante Umstrukturierung

Zur Regelung der Unternehmensnachfolge soll die in der Nemetschek KG
gebündelte Beteiligung von GN, RN und AN an der Zielgesellschaft entflochten
werden (folgend "Umstrukturierung"). In diesem Zusammenhang soll die
mittelbare Kontrolle über die Zielgesellschaft von GN auf die
Antragstellerin übertragen werden. Die Antragstellerin erklärt, dass die
Umstrukturierung das Ziel habe, das gemeinnützige Engagement der Familie
Nemetschek zu stärken.

Zu diesem Zweck haben die Beteiligten am 18. Februar 2021 vor dem Notar Dr.
Thomas Wachter eine Vereinbarung (UR-Nr. 345/2021) abgeschlossen, in der die
einzelnen Schritte der geplanten Entflechtung geregelt sind (folgend
"Rahmenurkunde").

Im Hinblick auf die Antragstellerin sind folgende Aspekte der
Umstrukturierung relevant:

- Die Nemetschek KG wird durch einen Formwechsel nach dem UmwG in eine GmbH
mit der Firma N-Integral-GmbH (folgend "N-Integral") umgewandelt.

- Nach § 4 Abs. 1 der in der Rahmenurkunde vorgesehenen Satzung der
N-Integral (folgend "N-Integral-Satzung") beträgt das Stammkapital der
N-Integral EUR 100.000,00. Nach § 8 Abs. 4 der N-Integral-Satzung gewährt
der Geschäftsanteil mit der laufenden Nummer 1 1.000.000 Stimmen in der
Gesellschafterversammlung der N-Integral (folgend "Geschäftsanteil Nr. 1").
Im Übrigen gewährt jeder Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme. Nach §
8
Abs. 3 der N-Integral-Satzung werden Gesellschafterbeschlüsse mit einer
Mehrheit von 90 % der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht die
N-Integral-Satzung oder das Gesetz eine höhere Mehrheit vorschreiben.

- Die Antragstellerin erhält nacheinander Geschäftsanteile, die insgesamt
75,524 % des Stammkapitals der N-Integral repräsentieren, zuerst den
Geschäftsanteil Nr. 1. Dieser wird ihr durch GN unentgeltlich übertragen.

- Die N-Integral wird zum Zeitpunkt, zu dem der Geschäftsanteil Nr. 1 auf
die Antragstellerin übertragen werden soll, noch 44.943.675 NSE-Aktien
(entsprechen 38,91 % der Stimmrechte) halten.

- Die Nemetschek-Stiftung (folgend "N-Stiftung"), Konrad-Zuse-Platz 1, 81829
München, wird zu dem Zeitpunkt, zu dem der Geschäftsanteil Nr. 1 auf die
Antragstellerin übertragen werden soll, 4.637.109 NSE-Aktien (entsprechen
4,01 % der Stimmrechte) halten.

- Zum Zeitpunkt der geplanten Übertragung des Geschäftsanteils Nr. 1 auf die
Antragstellerin besteht die Poolvereinbarung I fort. Zudem besteht zu diesem
Zeitpunkt gemäß der Rahmenurkunde eine Poolvereinbarung mit der N-Stiftung
(folgend "Poolvereinbarung II"). Nach § 3 Abs. 2 der Poolvereinbarung II ist
die N-Stiftung verpflichtet, das Stimmrecht aus den von ihr unmittelbar
gehaltenen NSE-Aktien stets nach Weisung der N-Integral auszuüben. Die
Poolvereinbarung II soll erstmals zum 31. Dezember 2049 ordentlich kündbar
sein.

- Aufschiebend bedingt auf die Erlangung der Stellung als Gesellschafterin
der N-Integral tritt die Antragstellerin zudem der zuvor von GN, RN und AN
gemäß der Rahmenurkunde als Gesellschafter der N-Integral abgeschlossenen
Vereinbarung zur einheitlichen Ausübung der Stimmrechte in der N-Integral
(folgend "Poolvereinbarung III") bei (§ 1 Abs. 2 der Poolvereinbarung III).
Gemäß § 4 Abs. 3 der Poolvereinbarung III entfallen auf jedes Poolmitglied
in der Gesellschafterversammlung der durch die Poolvereinbarung III
begründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts so viele Stimmen, wie auf die
von dem jeweiligen Poolmitglied gehaltenen Geschäftsanteile in der
Gesellschafterversammlung der N -Integral entfallen. Insbesondere verfügt
der Inhaber des Geschäftsanteils Nr. 1 über ein entsprechendes
Mehrstimmrecht auch in der Poolversammlung,

4. Antragstellerin

Die Antragstellerin ist eine private, rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen
Rechts. Sie wurde von GN als Stifter errichtet, Gemäß § 2 der
Stiftungssatzung besteht der Zweck der Stiftung in der lebenslangen
Versorgung des Stifters und von Personen, die im Verhältnis zum Stifter der
Steuerklasse I im Sinne des § 15 Abs. 1 Erbschaftssteuer Gesetz in der
Fassung vom 8. Dezember 2010 angehören. Nach Abs. 3 der Präambel der Satzung
der Antragstellerin soll gewährleistet werden, dass die Zielgesellschaft als
operatives Unternehmen erhalten bleibt und umfangreiche
Dividendenausschüttungen auf die der Antragstellerin übertragenen NSE-Aktien
erfolgen, mittels derer sodann die Erfüllung des Stiftungszwecks dauerhaft
sichergestellt wird.

II. Rechtliche Erwägungen

Dem Antrag war stattzugeben, da er zulässig und begründet ist.

1. Zulässigkeit

Der Antrag ist zulässig.

Er wurde insbesondere fristgemäß (§ 8 Satz 2 WpÜG-Angebotsverordnung)
vor
der erst nach Wirksamkeit dieses Bescheides zu erwartenden Kontrollerlangung
(vgl. hierzu nachstehend Ziff. 2,1) gestellt.

Über den Antrag konnte auch vor dem Kontrollerwerb der Antragstellerin
entscheiden werden. Voraussetzung hierfür ist, dass sich die
Kontrollerlangung als vorhersehbar (BT-Drs. 14/7034 v. 5. Oktober 2001, S.
81) und aus Gründen der Sicherstellung der ernsthaften Bereitschaft zum
Kontrollerwerb als sehr wahrscheinlich (vgl. Krause/Pötzsch/Seiler, in:
Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, 3. Aufl. 2020, § 8 WpÜG-
Angebotsverordnung, Rn. 8 f.) darstellt. Dies ist vorliegend gegeben. Die
zum Kontrollerwerb führenden Handlungen hängen lediglich vom Willen der
Parteien der Rahmenurkunde ab. Wegen des mit der Vorbereitung der
Umstrukturierung verbundenen Aufwands ist auch davon auszugehen, dass diese
die geplanten Handlungen vornehmen werden.

2. Begründetheit des Antrags

2.1 Kontrollerwerb der Antragstellerin

Kontrolle ist gemäß § 29 Abs. 2 WpÜG das Halten von mindestens 30 % der
Stimmechte an einer Zielgesellschaft.

Gegenwärtig hält die Antragstellerin keine NSE-Aktien. Ebenso wenig sind ihr
Stimmrechte aus NSE-Aktien gemäß § 30 WpÜG zuzurechnen. Mit Erhalt des
Geschäftsanteils Nr. 1 von GN verfügt die Antragstellerin bei Vollzug der in
der Rahmenurkunde niedergelegen Transaktionsschritte jedoch über die
Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung der künftigen N-Integral
vorhandenen Stimmrechte (siehe vorstehend Ziffer I. 3). Nach der Vermutung
gem. § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 HGB wird die
N-Integral damit zu einem Tochterunternehmen der Antragstellerin. Da die
vorgenannte Vermutung unwiderleglich ist (... "besteht stets" ..., vgl. zu §
35 Abs. 1 Nr. 1 WpHG: Emittentenleitfaden der BaFin Modul B Stand 30.
Oktober 2018 Ziffer1.2.5.1.1) kommt es insoweit auch nicht auf das
Stimmgewicht der Antragstellerin im Rahmen der Poolvereinbarung III an.
Gemäß § 30 Abs. 1 1, Satz 3 WpÜG sind der Antragstellerin daher mit
Wirksamkeit der Übertragung des Geschäftsanteils Nr. 1 sämtliche Stimmrechte
aus NSE-Aktien, welche die N-Integral selbst unmittelbar hält, in voller
Höhe zuzurechnen. Demzufolge sind der Antragstellerin die Stimmrechte aus
den von der N-Integral unmittelbar gehaltenen 44,943.675 NSE-Aktien gemäß
§§
30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 1, Abs. 2
Nr. 1 HGB (damit rund 38,91 % der in der Zielgesellschaft insgesamt
vorhandenen Stimmrechte) zuzurechnen.

Daneben sind der Antragstellerin nach Übertragung des Geschäftsanteils Nr. 1
auch diejenigen Stimmrechte zuzurechnen, welche der N-Integral ihrerseits
zuzurechnen sind, weil diese sich mit einem Dritten im Sinne von § 30 Abs. 2
WpÜG über die Ausübung der Stimmrechte aus diesen Aktien abstimmt. Eine
Stimmrechtszurechnung nach § 30 Abs. 2 WpüG erfolgt auch, wenn sich ein
Dritter nicht mit dem Bieter selbst, sondern mit seinem Tochterunternehmen
(hier der N-Integral) abstimmt. Ein abgestimmtes Verhalten setzt nach § 30
Abs. 2 Satz 2 1. Alt. WpÜG voraus, dass sich der Bieter bzw. sein
Tochterunternehmen und der Dritte über die Ausübung von Stimmrechten
verständigen. So liegt der Fall hier. Sowohl die bei der beabsichtigten
Übertragung des Geschäftsanteils Nr. 1 planmäßig fortbestehende
Poolvereinbarung I als auch die zu diesem Zeitpunkt planmäßig abgeschlossene
und wirksame Poolvereinbarung II sehen vor, dass sich die Parteien der
jeweiligen Poolvereinbarung (Poolvereinbarung I: N-Integral/GN,
Poolvereinbarung II: N-Integral/N-Stiftung) über die Ausübung der
Stimmrechte aus den von ihnen jeweils in der Zielgesellschaft gehaltenen
Aktien abstimmen. Anhaltspunkte für ein Vorliegen der Einzelfallausnahme in
Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 WpÜG bietet der von der Antragstellerin
mitgeteilte Sachverhalt nicht. Im Gegenteil, sowohl die Poolvereinbarung I
als auch die Poolvereinbarung II sind für einen längeren Zeitraum und ohne
jegliche inhaltliche Einschränkung abgeschlossen. Aufgrund dieser Abstimmung
sind der N-Integral auf Grundlage der Poolvereinbarung I die Stimmrechte aus
den 3.700.000 unmittelbar von GN gehaltenen NSE-Aktien und auf Grundlage der
Poolvereinbarung II die Stimmrechte aus den 4,637.109 unmittelbar von der
N-Stiftung gehaltenen NSE-Aktien gemäß § 30 Abs. 2 WpÜG zuzurechnen.
Demzufolge sind der Antragstellerin insgesamt Stimmrechte aus 8.337.109
NSE-Aktien gemäß §§ 30 Abs. 2, 2 Abs. 6 WpÜG zuzurechnen. Zusammen mit
den
der Antragstellerin gemäß §§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr, 1, Satz 3, 2 Abs. 6
WpÜG
i.V.m. § 290 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 HGB zuzurechnenden Stimmrechten aus
44.943.675 NSE-Aktien, werden der Antragstellerin damit mit der Übertragung
des Geschäftsanteils Nr. 1 Stimmrechte aus insgesamt 53.280.784 NSE-Aktien
und damit rund 46,13 % der bei der Zielgesellschaft insgesamt vorhanden
Stimmrechte zugerechnet.

Mit der Wirksamkeit der Übertragung des Geschäftsanteils Nr. 1 erlangt die
Antragstellerin somit Kontrolle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG über die
Zielgesellschaft.

2.2 Befreiungsgrund

Die Voraussetzungen einer Befreiung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG
i.V.m.
§ 9 Satz 1 Nr. 2 WpÜG-Angebotsverordnung liegen vor.

Die geplante unentgeltliche Übertragung des Geschäftsanteils Nr. 1 an die
Antragstellerin im Rahmen der Umstrukturierung rechtfertigt es unter
Berücksichtigung der Interessen der außenstehenden Aktionäre der
Zielgesellschaft, eine Befreiung von den Pflichten gemäß § 35 Abs. 1 und
Abs. 2 WpÜG auszusprechen.

Die den Kontrollerwerb vermittelnde, geplante Übertragung des
Geschäftsanteils Nr. 1 soll unentgeltlich und demzufolge als Schenkung im
Sinne von § 9 Satz 1 Nr. 2 WpÜG-Angebotsverordnung (vgl. Hippeli/Schmiady,
ZIP 2015, 705, 710) erfolgen. Ein Verwandtschaftsverhältnis im Sinne von §
36 Nr. 1 WpÜG zwischen dem Schenker und dem jeweiligen Antragsteller ist
nicht erforderlich. Der Befreiungstatbestand des § 9 Satz 1 Nr. 2
Wp0G-Angebotsverordnung ist selbst dann einschlägig, wenn zwischen Schenker
und Bieter gar kein Verwandtschaftsverhältnis besteht etwa, weil - wie im
vorliegenden Fall - die unentgeltliche Zuwendung an eine Stiftung erfolgt
(vgl. BaFin, Jahresbericht 2008, S. 186; Hippeli/Schmiady, a.a.0. S. 709).
Voraussetzung ist dann jedoch, dass die nicht nur kurzfristige Fortführung
familiär geprägter Unternehmen ungeachtet ihrer Größe oder Bedeutung
beispielsweise durch Geschwister, verdiente Mitarbeiter oder - wie
vorliegend - durch der Familie nahestehende oder zugeordnete Rechtssubjekte
vorgesehen ist (vgl. BaFin, Jahresbericht 2008 a.a.O.). Insoweit ist der
Gesetzesbegründung zu entnehmen, dass durch § 9 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2
WpÜG-Angebotsverordnung "... insbesondere die Nachfolge bei kleinen und
mittleren Unternehmen ohne Pflichtangebot ermöglicht werden bei denen eine
Nachfolgelösung in der Familie nicht in Betracht kommt, beispielsweise aber
geeignete Mitarbeiter zur Verfügung stehen" (BTDs. 14/7034, S. 81). Die
geplante Übertragung des Geschäftsanteils Nr. 1 trägt diesem Erfordernis
Rechnung. Die Mitglieder der Familie Nemetschek verfügen derzeit vermittelt
über die Nemetschek KG über eine kontrollrelevante Beteiligung in der
Zielgesellschaft. Die Zielgesellschaft ist daher familiär geprägt im
vorgenannten Sinn. Die Antragstellerin stellt ein der Familie des GN
nahestehendes Rechtssubjekt dar, da sie gemäß § 2 ihrer Satzung der
lebenslangen Versorgung des Stifters und von Personen, die im Verhältnis zum
Stifter der Steuerklasse l im Sinne des § 15 Abs. 1 Erbschaftssteuer Gesetz
in der Fassung vom 8. Dezember 2010 angehören, dienen soll. Die in der
Rahmenurkunde bestimmte Umstrukturierung der (mittelbaren) Beteiligungen von
GN, RN und AN belegt zudem, dass die Zielgesellschaft durch die
Umstrukturierung gerade nicht zerschlagen, sondern fortgeführt und die
mittelbare Kontrolle über die Zielgesellschaft bei der Antragstellerin
gebündelt werden soll. Nach Abs. 3 der Präambel der Satzung der
Antragstellerin soll gewährleistet werden, dass die Zielgesellschaft als
operatives Unternehmen erhalten bleibt und umfangreiche
Dividendenausschüttungen auf die der Antragstellerin übertragenen NSE-Aktien
erfolgen, mittels derer sodann die Erfüllung des Stiftungszwecks dauerhaft
sichergestellt wird.

2.3 Interessenabwägung

Bei Abwägung der Interessen der außenstehenden Aktionäre der
Zielgesellschaft an einem Pflichtangebot mit dem Interesse der
Antragstellerin an einer Befreiung von den Pflichten gemäß § 35 Abs. 1 Satz
1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG überwiegen die Interessen der Antragstellerin.

Die Umstrukturierung erfolgt erkennbar zu dem Zweck, den Bestand an Aktien
der Zielgesellschaft möglichst zusammenzuhalten bzw. so zu bündeln, dass der
nachhaltige Einfluss durch einen der Familie Nemetschek nahestehenden
Rechtsträger auch in Zukunft sichergestellt wird. Dies liefert den
außenstehenden Aktionären der Zielgesellschaft keinen schützenswerten
Anlass, eine außerordentliche Desinvestitionsentscheidung im Rahmen eines
Pflichtangebots treffen zu können. Einerseits steht eine die einschneidenden
Pflichten gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG
rechtfertigende
materielle Veränderung der Kontrollsituation vorliegend gerade nicht im
Raum. Andererseits ist mit Blick auf das Vorliegen der
Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Satz 1 Nr. 2 WpÜG Angebotsverordnung ein
besonderes Gewicht der Interessen der Antragstellerin anzunehmen, denn der
Gesetz- beziehungsweise Verordnungsgeber hat insoweit die Interessenabwägung
in Teilen antizipiert. Gründe, die vorliegend eine dieser Antizipation
entgegengesetzte Entscheidung zu Lasten der Antragstellerin gebieten würden,
sind nicht ersichtlich.


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10.11.2021 CET/CEST Die DGAP Distributionsservices umfassen gesetzliche
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   Börsen:     Zielgesellschaft: Regulierter Markt in Berlin, Frankfurt
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               Hannover, München, Stuttgart, Tradegate Exchange



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1248052 10.11.2021 CET/CEST

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