"Die Geschäftsführung von Versum sollte die Interessen ihrer Aktionäre berücksichtigen und mit uns zusammenarbeiten", hieß es in einem am Dienstag veröffentlichten Brief des Darmstädter Pharma- und Spezialchemie-Konzerns an die Versum-Aktionäre. Mercks Angebot sei unbestritten besser als das des Rivalen Entegris. Selbst eine Analyse der Investmentbank Lazard, die Versum berate, unterstützte diese Einschätzung.

Das Versum-Management hat die von Merck in Aussicht gestellte Offerte über 5,9 Milliarden Dollar inklusive Schulden zurückgewiesen und erklärt, es sei nicht besser als der geplante Zusammenschluss mit der in etwa gleich großen Entegris. Merck bietet 5,2 Milliarden Dollar in bar, während das Angebot eines Aktientauschs von Entegris zum aktuellen Entegris-Kurs knapp 4,5 Milliarden Dollar wert ist. Auf ein Gesprächsangebot von Merck habe Versum sich nicht eingelassen, erklärten die Darmstädter.

Merck kommt in dem Brief an die Versum-Aktionäre zu dem Schluss, dass der Vorstand der US-Firma offenbar die Bewertungsanalyse seines eigenen Beraters Lazard bei der Ablehnung der Merck-Offerte nicht berücksichtigt hat. Auch der Markt habe sich überwiegend für das Merck-Angebot ausgesprochen, wie sich an der Reaktion der Versum-Aktie ablesen lasse. Die drei größten Versum-Aktionäre sind derzeit der US-Finanzdienstleister Vanguard (knapp 9,8 Prozent) Blackrock (mehr als acht) und der Versicherer State Farm (rund sieben Prozent).

Ein Versum-Investor sagte, Merck müsse den Aktionären mehr Sicherheit bieten, wenn die Darmstädter eine bereits getroffene Vereinbarung ersetzen wollen. So lange Merck kein bindendes Angebot auf den Tisch lege, könnten sie sich jederzeit wieder zurückziehen, erklärte der US-Investor. Es sei zudem fraglich, inwiefern das höhere Merck-Angebot das Kurspotenzial, das durch den Zusammenschluss von Versum und Entegris entstehen könnte, aufwiege. Ein Londoner Investor sagte hingegen, dass es nicht schade, wenn Versum auch mit Merck spreche. "Wenn sie die Tür so eindeutig schließen, sieht es nicht so aus, als ob sie den besten Deal erzielen wollen."

MERCK SIEHT KEINE FUSION UNTER GLEICHEN

Merck bemängelt, Entegris spreche zwar von einer "Fusion unter Gleichen", es gebe aber offenbar keine Gleichbehandlung der Versum-Mitarbeiter gegenüber den Entegris-Beschäftigten. So habe Entegris bereits angekündigt, das fusionierte Unternehmen von seinem Hauptsitz in Billerica im US-Bundesstaat Massachusetts führen zu wollen - mehr als 4000 Kilometer entfernt vom Versum-Hauptsitz in Tempe in Arizona.

"Wir beabsichtigen, den Standort Tempe als Zentrum für das kombinierte Geschäft mit Elektronikmaterialien zu behalten", warb Merck in dem Brief, der auf der eigens geschaffenen Internetseite "thesuperiorproposal.com" veröffentlicht wurde. Der Konzern will mit dem Zukauf stärker ins Geschäft mit der Chip- und Display-Industrie kommen. Merck-Anleger zeigten sich davon bislang aber wenig angetan. Sie fürchten einen teuren Bieterkampf.