14.01.2013

Die letzte Offenmarktsitzung der US-Notenbank in diesem Jahr brachte eine Überraschung. Das aktuelle Niveau der Fed Funds Rate ist nach Ansicht der Geldpolitiker angemessen, solange die Arbeitslosenrate nicht unter 6.5 % fällt und die mittelfristige Inflationserwartung nicht über 2.5 % liegt.

Das Federal Reserve gab damit erstmals die Schwellenwerte für die Bestimmungsfaktoren der Taylor-Regel bekannt. Die Taylor-Regel beschreibt, welches Zinsniveau die Notenbank anstreben sollte, um Preisstabilität und damit ein Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt sicherzustellen. Die Zinsen sind dann anzuheben, wenn die laufenden Teuerungsraten über dem Inflationsziel liegen oder die Arbeitslosenrate unter das Gleichgewichtsniveau fällt. Schätzt man mit diesen Werten die Fed Funds Target Rate, so wäre die amerikanische Geldpolitik bei der üblicherweise verwendeten Realzinsannahme von 1.5 % zu expansiv. Die Notenbank hält offensichtlich in der aktuellen wirtschaftlichen Situation ein deutlich tieferes Realzinsniveau (um 0 %) für angemessen.

Die Arbeitslosenrate in den USA ist seit der Finanzkrise trotz des schwachen Jobwachstums deutlich gefallen. Dieser Rückgang steht im Gegensatz zum Okun'schen Gesetz, nach dem ein BIP-Wachstum von 2.5 % notwendig ist, um eine Reduktion der Arbeitslosenrate von ca. einem Prozentpunkt zu erreichen. Diese Widersprüche klären sich, wenn man die Entwicklung der Erwerbsquote berücksichtigt. Die Erwerbsquote erreichte im April 2000 mit 67.3 % einen Höhepunkt. Seit der Finanzkrise ist sie auf 63.6 % gefallen. Dafür sind neben zyklischen auch demografische Faktoren verantwortlich. Die Federal Reserve Bank of Chicago hat errechnet, dass der Eintritt der ersten geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter rund 1.2 Prozentpunkte dazu beigetragen hat. Inwieweit die Notenbank diese demografischen Verschiebungen in ihre künftigen Zinsentscheidungen einfliessen lassen wird, kann man zurzeit noch nicht beurteilen. Auch unter der Annahme, dass der Sturz über die Fiskalklippe und damit eine Rezession verhindert wird, dürfte die USWirtschaft im kommenden Jahr nicht stark genug expandieren, um die Überschusskapazitäten abzubauen. Ein nachhaltiger Anstieg der Teuerungsraten ist deshalb wenig wahrscheinlich. Aus diesem Grund ist für 2013 eine Straffung der Geldpolitik auszuschliessen. Sollten die US-Unternehmen in den kommenden Monaten durchschnittlich mehr als 200'000 neue Stellen pro Monat schaffen, wird es vor Ende 2014 zu einer Straffung der Geldpolitik kommen. Damit rechnet die Notenbank zurzeit aber nicht. Die Umfragen bei den Unternehmen deuten nicht auf eine nachhaltige Beschleunigung des Stellenwachstums hin. Trotz tiefer Geldmarktzinsen dürften die Kursgewinnpotenziale bei amerikanischen Staatsanleihen weitgehend ausgebeutet sein. In den kommenden Jahren wird die Performance wahrscheinlich nicht ausreichen, um den Teuerungsanstieg auszugleichen.

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