Von Carol Ryan

LONDON (Dow Jones)--Nach Jahren der Übernahme von Wettbewerbern hat der Grubhub-Eigentümer eine schmerzhafte, aber dringend benötigte Entschlackung auf den Weg gebracht.

Erst jüngst teilte das in Amsterdam ansässige Essenslieferunternehmen Just Eat Takeaway (JET) mit, dass es sich aus seinem lateinamerikanischen Joint Venture zurückzieht. Sein bisheriger Partner Prosus wird bis zu 1,8 Milliarden Euro für JETs Drittelbeteiligung an dem in São Paulo ansässigen Unternehmen iFood zahlen. Der ebenfalls in Amsterdam börsennotierte Risikokapitalinvestor Prosus ist vor allem für seine rund 29-prozentige Beteiligung am chinesischen Technologieriesen Tencent bekannt, besitzt aber auch zahlreiche Start-ups.

iFood ist eine der begehrtesten Beteiligungen im schnell wachsenden, aber weitgehend unrentablen Essenslieferungs-Sektor. Das Unternehmen hat seinen jährlichen Bruttowarenwert in den vergangenen vier Jahren um durchschnittlich 60 Prozent gesteigert, obwohl sich das Tempo seit Aufhebung der Covid-Beschränkungen verlangsamt hat. Lässt man die Investitionen in schnelle Lebensmittellieferungen außer Acht, so war das Essenslieferungs-Geschäft von iFood kürzlich profitabel.

Die Art und Weise, wie die Transaktion nun zustande gekommen ist, zeigt, wie volatil die Branche geworden ist. Von dem Preis von 1,8 Milliarden sind nur 1,5 Milliarden Euro sofort in bar zu zahlen. Die restlichen 300 Millionen Euro sind nur fällig, sofern sich die Bewertungen in der Lebensmittellieferbranche in einem Jahr verbessert haben. Diese ungewöhnliche Struktur schützt Prosus davor, zu viel zu zahlen, wenn sich die Lage nicht bessert, und macht es für JET einfacher, vorerst einen niedrigeren Betrag zu akzeptieren.


  Anleger atmen auf 

Der Aktienkurs von JET ist im europäischen Handel um 40 Prozent geklettert, obwohl er sich im bisherigen Jahresverlauf noch halbiert hat. Dies ist der erste größere Verkauf von Vermögenswerten des Unternehmens, und die Barmittel werden zur Tilgung von Schulden verwendet, was eine große Sorge um die Aktie beseitigt. JET muss Anleihen und langfristige Kredite im Wert von 1,15 Milliarden Euro zurückzahlen, die bis 2025 fällig werden. Ende Juni verfügte das Unternehmen über liquide Mittel in Höhe von 882 Millionen Euro, was bei der derzeitigen Verschuldungsrate gerade einmal ausreicht, um die Kosten für den Betrieb des Unternehmens für ein weiteres Jahr zu decken.

Der Verkauf von iFoods verschafft dem Management etwas Spielraum, zumal es sich als schwierig erweist, einen Käufer für Grubhub zu finden. JET hat kürzlich den Wert seines US-Geschäfts um 3 Milliarden Euro abgeschrieben, nur ein Jahr nach dem Kauf für 7,3 Milliarden Dollar. Das Unternehmen hofft dank einer Kooperation mit Amazon, die eine kostenlose Lieferung an Prime-Mitglieder in den USA vorsieht, Marktanteile von den Rivalen Doordash und Uber Eats zurückgewinnen zu können. JET-Chef Jitse Groen hat nicht so viel für iFood bekommen, wie er gerne hätte. Der Verkaufspreis ist ein Abschlag von 22 Prozent auf ein Angebot von 2,3 Milliarden Euro, das das Unternehmen vergangenes Jahr abgelehnt hatte. Das wird schmerzen, aber ein schlankeres Erscheinungsbild ist wichtig für die Erholung von JET.

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August 19, 2022 09:51 ET (13:51 GMT)