Die Schweizerische Nationalbank hat heute völlig überraschend den seit über drei Jahren bestehenden Mindestkurs von 1,20 CHF/EUR aufgegeben. Zugleich senkte sie das Zielband für den Dreimonatssatz von −0,75% bis 0,25%. auf -1,25% bis −0,25%. Die Zentralbank begründete ihren Schritt damit, dass sich die Überbewertung des Franken insgesamt reduziert habe. Der Euro hat ja in letzter Zeit stark abgewertet, wodurch auch der Schweizer Franken gegen Drittwährungen an Wert verloren hat. Zudem habe die Schweizer Wirtschaft die Zeit der Wechselkursgrenze nutzen können, sich auf die neue Situation einzustellen. Das Wachstum war höher und die Inflation niedriger als in der Eurozone. Die Reaktion am Devisenmarkt war massiv: Der Wechselkurs erreichte in der Spitze kurzzeitig 0,85 CHF/EUR und lag zuletzt knapp über Parität.

Der Europäische Gerichtshof dürfte weiteren geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen in Form von Anleihekäufen keine Steine in den Weg legen. Laut der Stellungnahme des Generalanwalts vom Mittwoch ist das Outright Monetary Transactions-Programm (OMT) zulässig, sofern bei der Anwendung die Begründungspflicht und die Erfordernisse aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz streng eingehalten werden und nur am Sekundärmarkt gekauft wird. Und zwar so, dass zwischen Emission und Ankauf durch die Zentralbank genügend Zeit für eine Marktpreisbildung bleibt. Das Programm stelle keine (unzulässige) wirtschaftspolitische Maßnahme dar, sofern sich die Europäische Zentralbank jeder direkten Beteiligung an einem Finanzhilfeprogramm enthält. Weiteres muss sie unkonventionelle Maßnahmen wie das Outright Monetary Transactions-Programm angemessen, klar und genau begründen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es schon bei der nächste Zinssitzung der Europäischen Zentralbank ein neues Programm (Quantitative Easing) geben wird, ist damit gestiegen.

Der jüngste US-Arbeitsmarktbericht fiel etwas besser als erwartet aus. Die Zahl der Beschäftigten stieg im Dezember außerhalb der Landwirtschaft um 252.000. Im Mittel war ein Zuwachst von 240.000 Stellen erwartet worden. Im letzten Jahr wurden damit insgesamt 2,95 Millionen neue Stellen geschaffen. Dies entspricht dem höchsten Zuwachs seit 15 Jahren. Mit einem Wert von 5,6% fiel die Arbeitslosenrate im Dezember auf den tiefsten Stand seit Juni 2008. Der Umsatz der Einzelhändler ist in den USA im Dezember im Vergleich zum Vormonat überraschend um saisonbereinigte 0,9% zurückgegangen (November: 0,7%). Gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat war ein Anstieg um 3,2% (November: 4,7%) zu beobachten. Die Weltbank rechnet laut der jüngsten in der Publikation Global Economic Prospects veröffentlichten Prognose mit anhaltend hohem Wachstum in den USA. Und zwar mit 3,2% im laufenden und 3,0% im kommenden Jahr. Wie schon gewohnt niedriger als für die USA sind die aktuellen Wachstumsprognosen der Weltbank für die Eurozone. Die entsprechenden Projektionen lauten 1,1% für das laufende und 1,6% für das nächste Jahr. Ebenfalls schon zur Gewohnheit werden die historischen Renditetiefs in der Eurozone. Die deutsche Zehnjahresrendite erreichte 0,42%, die österreichische 0,51%. Bemerkenswert außerdem, dass nunmehr bereits schon die Rendite der sechsjährigen deutschen Staatsanleihe im negativen Bereich liegt.

Der Ölpreis ist weiterhin im freien Fall. Die Sorte Brent fiel im Wochenvergleich um etwa 6% und näherte sich dem Tiefstand des Krisenjahres 2008 an, ohne ihn vollständig zu erreichen. Nach einer gewissen Konsolidierung in den letzten beiden Wochen schwächelte auch der russische Rubel wieder etwas. Der Wechselkurs war mit etwa 77 RUB/EUR zuletzt wieder deutlich erhöht. Der Wechselkurs des Euro gegenüber dem US-Dollar änderte sich im Berichtszeitraum hingegen kaum. Die Marktentwicklung der nächsten Tage wird von den Nachwirkungen der heutigen Entscheidungen der Schweizerischen Nationalbank und den Erwartungen an ein "Quantitative Easing" der Europäischen Zentralbank geprägt sein, die wohl beide tendenziell noch für Unruhe sorgen werden.

Autor: Wolfgang Pohn

Österreichische Volksbanken-AG - Research
Dipl.-Vw. Uta Pock (Leitung): Tel. +43(0)50 4004-4360; Mag. Friedrich Glechner, CFA -4362;
Mag. Wolfgang Pohn, MA, CFA -4361; Bernhard Trunner, MSc -4363; e-mail: research@volksbank.com

Die in dieser Veröffentlichung enthaltenen Aussagen dienen der unverbindlichen Information basierend auf dem Wissensstand der mit der Erstellung betrauten Person(en) zum Redaktionsschluss. Die dargestellten Daten sind genereller Natur und berücksichtigen nicht die Bedürfnisse von Lesern im Einzelfall hinsichtlich Ertrag, steuerlicher Situation oder Risikobereitschaft. Sie stammen überdies aus Quellen, die wir als zuverlässig einstufen, für die wir jedoch keinerlei Gewähr übernehmen. Jegliche Haftung im Zusammenhang mit der Erstellung dieses Berichts, insbesondere für die Richtigkeit und Vollständigkeit der angeführten Daten sowie der erstellten Prognosen, ist ausgeschlossen. Unter keinen Umständen haftet die Österreichische Volksbanken-Aktiengesellschaft (ÖVAG) für Verluste, Schäden, Kosten oder sonstige direkte oder indirekte Schäden, Folgeschäden oder entgangene Gewinne, die im Zusammenhang mit der Verwendung dieser Publikation oder aufgrund von Maßnahmen im Vertrauen auf die getroffenen Aussagen entstehen. Diese Unterlage ist kein Anbot und auch keine Einladung zur Stellung eines Anbots zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren und stellt keine Anlage- oder sonstige Beratung dar. Wir weisen darauf hin, dass die in Tabellen und/oder Grafiken (Charts) abgebildeten vergangenheitsbezogenen Daten zur Zinsentwicklung sowie zur Wertentwicklung von Wertpapieren, Indizes, Rohstoffen und Währungen keinen verlässlichen Indikator für deren weiteren Verlauf in der Zukunft darstellen. Zukünftige Werte können von den hier abgegebenen Prognosen deutlich abweichen. Die ÖVAG übernimmt keine Verpflichtung, die hier enthaltenen Informationen zu aktualisieren. Das Dokument ist nur für die Nutzung durch den Empfänger bestimmt und darf nur durch Unternehmen des Volksbanken-Verbunds gem. § 30a BWG veröffentlicht oder an Kunden weitergegeben werden. Änderungen bedürfen generell der schriftlichen Zustimmung der ÖVAG. Die Verteilung dieser Unterlage kann durch gesetzliche Regelungen in bestimmten Ländern wie etwa den Vereinigten Staaten von Amerika verboten sein. Personen, in deren Besitz dieses Dokument gelangt, müssen sich über etwaige Verbote oder Beschränkungen informieren und diese einhalten. Bei den erstellten Informationen zu einem oder mehreren Finanzinstrumenten handelt es sich nicht um eine Analyse, die sich an den Österreichischen Analysegrundsätzen orientiert ("Grundsätze ordnungsgemäßer Finanzanalyse" bzw. "Mindeststandards für Finanzanalysen"). Die ÖVAG untersteht der österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA) als Regulierungsbehörde. Quelle der Marktdaten (wo nicht gesondert angegeben): Thomson Reuters.

distributed by