• Erste vorläufige Wirksamkeitsdaten der klinischen Studie mit HDP-101 im Multiplen Myelom veröffentlicht
  • Präsentation präklinischer und klinischer Daten der proprietären ADC-Technologie- Plattformen auf der AACR-Tagung 2024
  • Orphan Drug-Status für HDP-101 von der FDA erhalten
  • Verkauf eines Teils der zukünftigen
    Lizenzgebühren­für TLX250-CDx an HealthCare Royalty
  • Prof. Andreas Pahl übernimmt als Vorstandssprecher

HALBJAHRESFINANZBERICHT 2024

WESENTLICHE KENNZAHLEN

H1 2024 1

H1 2023 1

T€

T€

Ergebnis

Umsatzerlöse

4.055

4.391

Sonstige Erträge

2.227

277

Betriebliche Aufwendungen

(15.551)

(20.704)

davon Forschungs- und Entwicklungskosten

(10.583)

(14.772)

Betriebsergebnis

(9.269)

(16.036)

Ergebnis vor Steuern

(8.665)

(15.774)

Gesamtergebnis

(8.665)

(15.951)

Periodenergebnis

(8.665)

(15.951)

Ergebnis je Aktie in € (unverwässert)

(0,19)

(0,34)

Bilanz zum Periodenende

Bilanzsumme

71.974

77.965

Liquide Mittel

42.619

57.379

Eigenkapital

41.163

50.891

Eigenkapitalquote2 in %

57,2

65,3

Kapitalflussrechnung

Operativer Cash Flow

(16.924)

(18.153)

Cash Flow aus der Investitionstätigkeit

(84)

(788)

Cash Flow aus der Finanzierungstätigkeit

16.144

(5.008)

Mitarbeiter (Anzahl)

Mitarbeiter zum Periodenende (Kopfzahl) 3

110

113

Mitarbeiter am Periodenende (Vollzeitäquivalente) 3

97

103

1Der Berichtszeitraum beginnt am 1. Dezember und endet am 31. Mai.

2Eigenkapital/Bilanzsumme

3Inklusive Mitglieder des Vorstands

Durch die Rundung der exakten Zahlen können sich in allen Tabellen dieses Berichts Differenzen ergeben.

BRIEF AN DIE AKTIONÄRE

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,

ereignisreiche Monate liegen hinter uns. Im März dieses Jahres haben wir mit dem Unternehmen Health- Care Royalty eine zukunftsweisende Vereinbarung über den teilweisen Verkauf von Lizenzgebühren für den auslizenzierten Portfoliokandidaten TLX250-CDx abgeschlossen, der von uns bis zu einer ersten klinischen Phase III-Studie entwickelt und 2017 an unseren australischen Partner Telix auslizenziert wurde.

Telix hatte eine zweite Phase III-Studie durchgeführt und auf Basis positiver Ergebnisse aus dieser Studie im Dezember 2023 mit der Einreichung eines rollierenden Zulassungsantrages für den Kandidaten ­TLX250-CDx zur Identifizierung des klarzelligen Nierenzellkarzinoms begonnen. Der Partner gab Anfang Juni bekannt, dass die Einreichung der Unterlagen bei der FDA abgeschlossen wurde. Telix plant eine mögliche Markt­ zulassung in den USA bis Ende dieses Jahres.

Im Rahmen dieser Vereinbarung hat Heidelberg Pharma Anspruch auf Meilensteinzahlungen und Umsatz- beteiligungen. Einen Teil dieser zukünftigen Umsatzbeteiligungen haben wir nun an HealthCare Royalty ver- kauft. Die vereinbarte Vorabzahlung in Höhe von 25 Mio. USD wurde bereits vereinnahmt. Weitere 75 Mio. USD erwarten wir mit der Zulassung von TLX250-CDx durch die FDA. Ein wichtiger Punkt für uns war, dass wir mit HealthCare Royalty einen maximalen kumulativen zurückzahlbaren Betrag vereinbart haben. Sobald dieser erreicht wird, fallen die Lizenzgebühren wieder an Heidelberg Pharma zurück. Dadurch profitieren wir jetzt und in Zukunft vom Erfolg des Kandidaten.

Auf wissenschaftlicher Ebene freuen wir uns sehr, dass wir bereits im Dezember erste Sicherheits- und vor- läufige Wirksamkeitsdaten aus der klinischen Phase I-Studie mit unserem ATAC-EntwicklungskandidatenHDP-101 präsentieren konnten. Wir sahen bei drei Patienten aus der 5. Kohorte eine objektive Verbesserung der Krankheit ("partial remission"). Da es während der Behandlung in der 5. Kohorte zu einer vorüberge- henden Verringerung der Thrombozytenzahl kam, die sich jedoch nach wenigen Tagen wieder normalisierte, werden wir das Dosierungsschema für die 6. Kohorte optimieren.

Eine gute Nachricht erreichte uns im März: HDP-101 erhielt von der FDA den Orphan Drug-Status für die Behandlung des Multiplen Myeloms; dies unterstreicht das Potenzial unseres auf Amanitin basierenden ADC-Kandidaten in dieser Indikation.

Für die zweite Jahreshälfte konzentrieren wir uns auf die Patientenrekrutierung in der klinischen Studie mit HDP-101 und auf die Einreichung des Studienantrags für den ATAC-NachfolgekandidatenHDP-102.

Aufgrund der aktuellen Finanzplanung ist die Finanzierung des Unternehmens bis Mitte 2025 sichergestellt. Unter Berücksichtigung der weiteren, erwarteten Zahlung über 75,0 Mio. USD durch HealthCare Royalty bei Zulassung von TLX250-CDx gehen wir, basierend auf der aktuellen Mittelfristplanung, von einer Finanzie- rungsreichweite bis Ende 2026 aus.

Wir sind sehr optimistisch, dass sich unsere klinische Studie weiter positiv entwickelt und die Studienteil- nehmer von der Therapie profitieren können. Gute Daten, die dynamische Entwicklung unserer Pipeline und einige erwartete Meilensteine sollten unsere Unternehmensbewertung positiv beeinflussen. Wir danken Ihnen für Ihr Vertrauen und Ihre Unterstützung.

Ladenburg, den 11. Juli 2024

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Andreas Pahl

Sprecher des Vorstands

2 HEIDELBERG PHARMA | HALBJAHRESFINANZBERICHT 2024

ZWISCHENLAGEBERICHT

Berichtszeitraum 1. Dezember 2023 bis 31. Mai 2024

Einleitung

Heidelberg Pharma ist in der biopharmazeutischen Arzneimittelentwicklung tätig und auf Onkologie spe- zialisiert. Das Unternehmen erforscht, entwickelt und produziert Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (Antibody Drug Conjugates - ADCs), die die hohe Affinität und Spezifität von Antikörpern mit der Wirksamkeit von Toxi- nen kombinieren. Der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt auf der patentierten und proprietären ATAC-Techno- logie, die auf dem Pilzgift Amanitin basiert und den biologischen Wirkmechanismus dieses Toxins als neues therapeutisches Prinzip in der Krebsmedizin nutzt. Heidelberg Pharma ist nach eigenem Kenntnisstand das erste Unternehmen, das den Wirkstoff Amanitin für Krebstherapien entwickelt. Die ATAC-Technologieplatt- form wird für die Entwicklung eigener therapeutischer Antikörper-Amanitin-Konjugate sowie im Rahmen von Kooperationen mit externen Partnern eingesetzt.

Neben dem Toxin Amanitin, das aus dem grünen Knollenblätterpilz bekannt ist, verwendet das Unterneh- men seit dem Geschäftsjahr 2023 weitere Wirkstoffe, wie den Topoisomerase I-Inhibitor Exatecan oder immunstimulierende Wirkstoffe wie den Toll-like Rezeptor TLR7 und ergänzt damit die proprietäre ATAC- Technologie um weitere ADC-Technologien ("Toolbox"), um bestmögliche ADCs für weitere Zielantigene und Einsatzgebiete zu entwickeln.

Der am weitesten fortgeschrittene Entwicklungskandidat HDP-101 ist ein auf Amanitin-basierendes ADC und verwendet einen Antikörper, der gegen das Zielmolekül BCMA auf Myelomzellen gerichtet ist. HDP-101 befin- det sich in der Phase I der klinischen Entwicklung zur Behandlung von Patienten mit Multiplem Myelom­ (MM). Weitere ATAC-Kandidaten werden gegen unterschiedliche Zielmoleküle wie CD37, PSMA oder GCC jeweils in den Indikationen Non-Hodgkin-Lymphom, metastasierter kastrationsresistenter Prostatakrebs oder gastro- intestinale Tumore wie Darmkrebs entwickelt.

Besondere Ereignisse in den ersten sechs Monaten

Entwicklungsprogramm HDP-101(BCMA-ATAC)

Der ATAC-KandidatHDP-101 befindet sich in einer klinischen Phase I/IIa-Studie für die Behandlung des rezi- divierten oder refraktären Multiplen Myeloms.

Die ersten fünf Patientenkohorten und Dosisstufen sind abgeschlossen. Die ersten vier Patientenkohorten erwiesen sich als sicher und gut verträglich. Seit September 2023 wurden Patienten in der 5. Kohorte mit einer Dosis von 100 µg/kg HDP-101 behandelt. Nach der jeweils ersten Verabreichung von HDP-101 trat kurz- fristig bei allen Patienten eine Verringerung der Thrombozytenzahl auf, die sich jedoch nach einigen Tagen vollständig normalisierte und klinisch unauffällig war.

Um diesen vorübergehenden Effekt abzuschwächen, hat das klinische Team eine Anpassung und Optimie- rung des Medikationsschemas vorgenommen. Die Kohorte 6 wird aus drei Armen bestehen, wobei in jeden Arm mindestens drei Patienten aufgenommen werden sollen. In Abstimmung mit den klinischen Prüfärzten wird die Dosis 90 µg/kg betragen, um diese drei Arme möglichst risikolos für die Patienten zu testen.

ZWISCHENLAGEBERICHT | KONZERNABSCHLUSS | ANHANG | AKTIE 3

Die Patienten in Arm A werden mit einer einmaligen Dosis von HDP-101 am Tag 1 jedes 21-tägigen Zyklus' nach einer Vormedikation behandelt. Arm B erhält eine wöchentliche Dosis von HDP-101. Das bedeutet, dass die Dosis aufgeteilt wird und die Patienten anteilig an den Tagen 1, 8 und 15 jedes Zyklus behandelt werden. Arm C erhält eine Teildosis von HDP-101 an den Tagen 1 und 8 des ersten Zyklus und anschließend eine Ein- zeldosis am Tag 1 jedes der folgenden 21-tägigen Zyklen.

Es ist geplant, danach weitere Kohorten mit den vielversprechendsten Dosierungsformen aus Kohorte 6 und einer Erhöhung der Dosis fortzuführen.

Die relevanten Behörden genehmigten die aufgeführten Protokollanpassungen und die Rekrutierung der 6. Kohorte wurde vorbereitet. Zurzeit befinden sich erste Patienten im Screening.

In Kohorte 5 zeigte sich erfreulicherweise eine biologische Wirksamkeit bei drei der fünf Patienten, die mit 100 µg/kg behandelt wurden, und es war eine objektive Verbesserung der Krankheit nachweisbar ("partial remission"). Einer dieser Patienten zeigt aktuell eine weitere Verbesserung des Krankheitsverlaufes ("very good partial response"; VGPR).

Ein Studienteilnehmer aus der 3. Kohorte erhielt insgesamt 18 Dosen von HDP-101 ohne Langzeitneben- wirkungen und wies über 15 Monate einen stabilen Krankheitsverlauf auf. Bei diesem Patienten wurde vor wenigen Wochen ein Fortschreiten der Erkrankung festgestellt und die Behandlung musste beendet werden.

Neue präklinische Daten der ATAC-Technologieplattform auf der AACR-Jahrestagung 2024 präsentiert

Auf der Jahrestagung der American Association for Cancer Research (AACR) 2024 im April präsentierte Heidel­ berg Pharma klinische und präklinische Ergebnisse ihrer ADC-Technologien. Erste Sicherheits- und vorläu- fige Wirksamkeitsdaten aus der klinischen Phase I-Studie mit dem ATAC-KandidatenHDP-101 wurden ebenso gezeigt wie präklinische Daten zum ATAC-KandidatenHDP-102, einem Amanitin-basierten ADC, welches sich gegen das Zielmolekül CD37 richtet. HDP-102 hat in In-vivo-Studien nach einmaliger Verabreichung eine aus- gezeichnete Anti-Tumor-Wirksamkeit gezeigt. Erste präklinische Studien zeigen eine gute Verträglichkeit, was darauf hindeutet, dass HDP-102 eine potenzielle neue Behandlungsoption für Patienten mit Non-Hodgkin- Lymphomen (NHL) darstellt.

Ein weiteres Poster zeigte, dass eine vom Zielantigen unabhängige Bindung des ADCs (Off-Target-Tox-Mecha- nismen) beispielsweise die vorzeitige Freisetzung der transportierten Zellgifte verantwortet und dadurch Nebenwirkungen verursachen kann.

In der präsentierten Studie wurden die Off-Target-Tox-Mechanismen von Amanitin-basierten ADCs (ATACs) entschlüsselt. Die Daten zeigen, dass die Lebertoxizität durch unspezifische Aufnahme des ATACs in Leber- zellen verursacht wird. Durch Substitution von zwei Aminosäuren im Antikörper (LALA-Mutation), die für die unspezifische Bindung des ATACs verantwortlich sind, konnte die Off-Target-Toxizität verringert wer- den. Dadurch wird die Verträglichkeit von ATACs erheblich erhöht, während die Antitumor-Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird, was zu einem verbesserten therapeutischen Fenster der ATACs führt.

4 HEIDELBERG PHARMA | HALBJAHRESFINANZBERICHT 2024

Darüber hinaus zeigten Wissenschaftler der Heidelberg Pharma erste präklinische Daten des neuen Projek- tes HDP-201, einem auf Exatecan-basierenden ADC.

Die Poster sind auf der Webseite des Unternehmens abrufbar.1

Heidelberg Pharma hat im April erstmalig ein F&E-Webinar mit Key Opinion Leaders (KOLs) im Bereich ADC veranstaltet. Neben Präsentationen des Management-Teams zur Technologieplattform wurden präklinische Daten von Rakesh Dixit, CEO von Bionavigen, Gaithersburg, USA, sowie klinische Daten aus der Studie mit HDP-101 von Jonathan Kaufman, MD, Associate Professor of Hematology & Medical Oncology, Emory University School of Medicine, Atlanta, USA, vorgestellt und interpretiert.

Die Veranstaltung informierte außerdem über die weiteren ADC-Plattformtechnologien und die therapeutische­ Produktpipeline.

HDP-101 erhält Orphan Drug Status von der FDA

Ende März gab Heidelberg Pharma bekannt, dass die amerikanische Zulassungsbehörde (Food and Drug Administration, FDA) dem ATAC-KandidatenHDP-101 den Orphan Drug-Status (Orphan Drug Designation, ODD) erteilt hat. Der Orphan Drug-Status wird für ein Medikament oder ein biologisches Produkt vergeben, das für die Prävention, Diagnose oder Behandlung von seltenen Krankheiten bestimmt ist, von denen weni- ger als 200.000 Menschen in den USA betroffen sind. Der Status bietet erhebliche Anreize, um die Entwick- lung des Medikaments zu fördern, darunter Steuergutschriften für qualifizierte klinische Studien, Befrei- ungen von den Gebühren für verschreibungspflichtige Medikamente und eine potenzielle siebenjährige Marktexklusivität nach der FDA-Zulassung.

Vereinbarung über den teilweisen Verkauf von Lizenzgebühren an HealthCare Royalty abgeschlossen

Heidelberg Pharma unterzeichnete Anfang März 2024 mit dem Unternehmen HealthCare Royalty, Delaware, USA, (HCRx) eine Vereinbarung über den Verkauf eines Teils der zukünftigen Lizenzgebühren aus den welt- weiten Verkäufen von TLX250-CDx. Heidelberg Pharma erhielt eine nicht rückzahlbare Vorabzahlung in Höhe von 25 Mio. USD und hat darüber hinaus Anspruch auf weitere bis zu 90 Mio. USD aus dem Verkauf der Lizenzzahlungen, sofern definierte Meilensteine erreicht werden. Davon werden 75 Mio. USD bereits bei Ertei- lung der Zulassung von TLX250-CDx durch die FDA fällig. Nachdem HCRx einen maximalen kumulativen Betrag erhalten hat, fallen die Lizenzgebühren wieder an Heidelberg Pharma, und HCRx erhält einen niedri- gen einstelligen Prozentsatz aus den Lizenzgebühren der Heidelberg Pharma.

TLX250-CDx ist eine radioaktiv markierte Form des Antikörpers girentuximab, der an das tumorspezifische Antigen CAIX auf klarzelligen Nierenzellkarzinomen bindet. Heidelberg Pharma hat den Antikörper bis zu einer ersten abgeschlossenen klinischen Phase III-Studie entwickelt, bevor es ihn 2017 an Telix Pharmaceuticals Limited, ein Unternehmen mit Sitz in Melbourne, Australien, (Telix) auslizenzierte. Telix hat Anfang Juni 2024 die Einreichung des Zulassungsantrags im rollierenden Verfahren bei der FDA abgeschlossen und erwartet eine Marktzulassung des Produktes bis Ende 2024. Parallel wurde auch eine beschleunigte Prüfung ("Priority Review") beantragt.

1 https://heidelberg-pharma.com/de/forschung-entwicklung/wissenschaftliche-poster

ZWISCHENLAGEBERICHT | KONZERNABSCHLUSS | ANHANG | AKTIE 5

Prof. Andreas Pahl wird Sprecher des Vorstands

Der Aufsichtsrat ernannte Prof. Dr. Andreas Pahl mit Wirkung zum 1. Februar 2024 zum neuen Sprecher des Vorstands, nachdem Dr. Jan Schmidt-Brand, langjähriger Sprecher des Vorstands der Heidelberg Pharma AG sowie Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Heidelberg Pharma Research GmbH, zum 31. Januar 2024 mit Erreichen des Rentenalters seine Mandate niederlegte. Prof. Pahl hat gleichzeitig die Funktion des Geschäfts- führers der Tochtergesellschaft übernommen. Prof. Pahl leitet bei Heidelberg Pharma seit 2012 den Bereich Forschung & Entwicklung und ist seit 2016 Mitglied des Vorstands. Er ist promovierter Chemiker mit mehr als 25 Jahren Erfahrung in der Pharmaindustrie sowie in Forschung und Lehre.

Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten

ADC-Technologie (Antibody Drug Conjugates)

Heidelberg Pharma entwickelt Technologieplattformen für Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (Antibody Drug Conjugates - ADCs). ADCs kombinieren die hohe Affinität und Spezifität von Antikörpern mit der Wirksamkeit von kleinen toxischen Molekülen, um Krebs zu bekämpfen. Der Kern der Technologie von Heidelberg Pharma besteht darin, einen bislang nicht therapeutisch genutzten biologischen Wirkmechanismus für die Krebs­ behandlung zu erschließen und damit neue Wege der Tumortherapie zu eröffnen.

Als erstes Unternehmen verwendet Heidelberg Pharma das Pilzgift Amanitin für den Einsatz in der Krebstherapie. Dafür nutzt das Unternehmen den biologischen Wirkmechanismus des Toxins mit seiner innovativen­ ATAC-Technologie als neues therapeutisches Prinzip. Amanitin gehört zu einer Gruppe von natürlich vorkommenden Giften, den Amatoxinen, welche unter anderem im Grünen Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) vorkommen. Das Toxin löst über die Hemmung der RNA-Polymerase II den natürlichen Zelltod­ (Apoptose) aus. Es bietet die Chance, Therapieresistenzen zu durchbrechen und hat auch die Fähig- keit ruhende Tumorzellen zu eliminieren, was zu erheblichen Fortschritten bei der Krebstherapie führen könnte - auch für Patienten, die auf keine andere Behandlung mehr ansprechen.

Das Wirkprinzip des Amanitins hat zudem das Potenzial, besonders gut auf jene Tumore zu wirken, die sich durch eine sogenannte 17p-Deletion verändert haben, um einen besonderen Schutzmechanismus von ­Zellen zu umgehen. Man findet diese Veränderung in den meisten Krebsarten, vor allem bei sehr aggressi- ven Verlaufsformen. Tumore mit einer 17p-Deletion könnten ein besonders effizienter Ansatzpunkt für eine Therapie mit ATACs sein.

Der am weitesten fortgeschrittene Produktkandidat HDP-101 ist ein BCMA-ATAC für die Indikation Multiples Myelom, das sich in klinischer Entwicklung befindet.

Neben Amanitin verwendet das Unternehmen seit dem Geschäftsjahr 2023 weitere Wirkstoffe, wie den Topo- isomerase I-Inhibitor Exatecan oder immunstimulierende Wirkstoffe wie den Toll-ähnlichen Rezeptor TLR7 und ergänzt damit die proprietäre ATAC-Technologie um weitere ADC-Technologien ("Toolbox"), um bestmög- liche ADCs für weitere Zielantigene und Einsatzgebiete zu entwickeln.

Das Geschäftsmodell konzentriert sich einerseits auf den Aufbau einer eigenen Produktpipeline. In dieser Säule werden, basierend auf lizenzierten oder selbst generierten Antikörpern, eigene ADC-Moleküle herge- stellt, als F&E-Kandidaten getestet und selbst weiterentwickelt.

6 HEIDELBERG PHARMA | HALBJAHRESFINANZBERICHT 2024

Andererseits umfasst das hybride Geschäftsmodell eine Business-to-Business-Aktivität, bei der die von Hei- delberg Pharma entwickelten Wirkstoff-Linker-Technologien von Pharma- und Biotechunternehmen lizen- ziert werden sollen, um deren Antikörper therapeutisch wirksamer gegen Tumorerkrankungen zu machen. In diesem Rahmen und eingebunden in Lizenzverträge bietet Heidelberg Pharma den Kooperationspartnern neben den Lizenzrechten auch technologische Unterstützung, sowohl bei der Herstellung und Aufreinigung der Konjugate, bei der Herstellung und Lieferung des Wirkstoffs, als auch bei ausgewählten präklinischen Untersuchungen an. Über diese ADC-Kooperationen sollen kontinuierliche Umsätze und Lizenzzahlungen erzielt werden.

Die Eigenentwicklungen und die angestrebten Auslizenzierungen erfolgen exklusiv jeweils für ein bestimm- tes Antigen (biologisches Zielprotein). Da es eine Vielzahl von tumorspezifischen Antigenen gibt, ist die Entwicklung eigener Produktkandidaten und die parallele Kooperation mit verschiedenen Pharma- und Biotechnologieunternehmen möglich. Die daraus resultierenden Entwicklungskandidaten können zu unter- schiedlichen Produkten für verschiedene Indikationen entwickelt werden.

Proprietäre ATAC-Pipeline

Projekt HDP-101(BCMA-ATAC)

HDP-101 ist ein BCMA-ATAC, das in der Indikation Multiples Myelom getestet wird. BCMA (B-cell maturation antigen) ist ein Oberflächenprotein, das beim Multiplen Myelom hoch exprimiert wird, an welches BCMA- Antikörper spezifisch binden und damit das Amanitin zur Krebszelle bringen.

In präklinischen Modellen zeigte HDP-101 ausgezeichnete Antitumor-Aktivität bis hin zu einer kompletten Tumorremission sowie sehr gute Verträglichkeit in Relation zu den wirksamen Dosen. Schließlich wurde erstmals ex vivo die Wirksamkeit von HDP-101 an menschlichen Tumorzellen aus dem Multiplen Myelom von Patienten gezeigt.

Das Multiple Myelom ist eine Krebserkrankung des Knochenmarks und die zweithäufigste hämatologische Krebserkrankung mit einem hohen Bedarf an neuen, wirksameren Therapien. HDP-101 hat auch Potenzial für weitere hämatologische Indikationen.

Der Kandidat wird seit Februar 2022 in einer klinischen Phase I/IIa-Studie für die Behandlung des rezidi- vierten oder refraktären Multiplen Myeloms evaluiert. Der erste Teil der Studie ist eine Phase I-Dosiseskala- tionsstudie, um die sichere und optimale Dosierung von HDP-101 für den Phase IIa-Teil der Studie zu finden.

Projekt HDP-102(CD37-ATAC)

HDP-102 ist ein ATAC gegen das Zielmolekül CD37, das auf B-Zell-Lymphomzellen exprimiert wird. Heidel- berg Pharma plant, HDP-102 für Non-Hodgkin-Lymphome zu entwickeln. In präklinischen Studien hat sich gezeigt, dass dieser Entwicklungskandidat ein sehr großes therapeutisches Fenster hat. Das bedeutet, dass der Abstand zwischen seiner therapeutischen Dosis und einer Dosis, die zu einer inakzeptablen toxischen Wirkung führt, möglichst groß ist. Auf der AACR-Jahrestagung im April 2024 haben einige Wissenschaftler der Heidelberg Pharma Daten vorgestellt, die eine ausgezeichnete Anti-Tumor-Wirksamkeit nach einmaliger Ver- abreichung in In-vivo-Studien sowie eine gute Verträglichkeit von HDP-102 zeigten.

Die Produktion der klinischen Prüfpräparate nach GMP-Standards (Good Manufacturing Practice) verläuft planmäßig und ist weitgehend abgeschlossen. Darüber hinaus wurden weitere präklinische und toxikolo­ gische Studien abgeschlossen, und das Datenpaket, das für die Einleitung der ersten klinischen Prüfung am Menschen erforderlich ist, wird voraussichtlich im vierten Quartal dieses Jahres fertiggestellt und in einem ersten Schritt bei der Zulassungsbehörde in einem europäischen Land eingereicht werden.

ZWISCHENLAGEBERICHT | KONZERNABSCHLUSS | ANHANG | AKTIE 7

Projekt HDP-103(PSMA-ATAC)

HDP-103 soll zur Behandlung des metastasierten, kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC; Prostata­ krebs) entwickelt werden. Der verwendete Antikörper bindet an PSMA, ein Membranantigen, das auf Pros- tatakrebszellen überexprimiert wird. Es ist ein vielversprechendes Ziel für die ATAC-Technologie, da es in normalen Geweben nur eine begrenzte Expression aufweist. Präklinische Studien zur In-vitro- und In-vivo- Wirksamkeit, Verträglichkeit und Pharmakokinetik zeigen, dass HDP-103 ein vielversprechendes therapeuti- sches Fenster aufweist. Bestätigend kommt hinzu, dass die Prävalenz einer 17p-Deletion im mCRPC mit 60 % sehr hoch ist. Die erhöhte Empfindlichkeit von Prostatakrebszellen mit einer 17p-Deletion wurde bereits präklinisch validiert.2 Tumorzellen mit einer bestimmten genetischen Mutation, der 17p-Deletion, sind besonders empfindlich gegenüber Amanitin. Daher könnten PSMA-ATACs besonders für die Behandlung von metastasiertem­ CRPC geeignet sein.

In den vergangenen Monaten wurde die Produktion von HDP-103 unter GMP-Bedingungen wie geplant been- det. Die präklinischen und toxikologischen Studien mit HDP-103 sind nun weitgehend abgeschlossen. Eine klinische Studie zur Untersuchung der Verträglichkeit und Wirksamkeit ist derzeit in Planung und das klini- sche Team bereitet das Studienprotokoll in den nächsten Monaten vor.

Heidelberg Pharma plant im Jahr 2025 einen Studienantrag für HDP-103 bei den Zulassungsbehörden einzureichen.

Projekt HDP-104(GCC-ATAC)

Der ATAC-KandidatHDP-104 richtet sich gegen Guanylylcyclase-C oder GCC, einen Rezeptor, der auf der Ober- fläche von Darmzellen und Krebszellen in verschiedenen gastrointestinalen Tumoren exprimiert wird. Der Kandidat wird momentan bei der Heidelberg Pharma nicht weiterentwickelt. Vielmehr liegt der Fokus auf dem Projekt HDP-201, welches in der gleichen Indikation und mit dem gleichen Antikörper aber unterschied- lichem Beladungswirkstoff bearbeitet wird.

Projekt HDP-201(GCC-ADC)

Seit Herbst 2023 entwickelt das Unternehmen weitere ADC-Projekte mit anderen Beladungswirkstoffen. Der erste Kandidat mit einem anderen Toxin als Amanitin ist HDP-201, ein auf Exatecan-basierendes ADC. ­Exatecan ist ein Topoisomerase I-Inhibitor, der sich für die Krebstherapie bewährt hat und in zwei bereits zugelassenen ADCs eingesetzt wird. Es unterscheidet sich in seiner Wirkungsweise von der des Amanitins und erweitert damit die Wirkstoffpalette des Unternehmens.

HDP-201 richtet sich gegen Guanylylcyclase-C oder GCC, einen Rezeptor, der auf der Oberfläche von Darm- zellen und Krebszellen in verschiedenen gastrointestinalen Tumoren exprimiert wird. Das Unternehmen prä- sentierte die bisherigen präklinischen Ergebnisse auf dem AACR 2024 und stieß dort auf sehr große und sehr positive Resonanz. Die Ergebnisse zeigen, dass die Verträglichkeit und Wirksamkeit von HDP-201 mindestens vergleichbar ist mit bereits zugelassenen Exatecan-ADCs.

Das Zielprotein, an das der verwendete Antikörper bindet, wird bei über 95 % der Darmkrebserkrankun- gen und etwa 65 % der Speiseröhren- und Magentumore sowie bei Tumoren der Bauchspeicheldrüse über­ exprimiert. Da der GCC-Antikörper bereits für das HDP-104-Programm hergestellt wurde, sind ausreichende Mengen des Antikörpers verfügbar, um zwei ADC-Projekte zu versorgen. Die kurzfristige Verfügbarkeit des Antikörpers verkürzte die Forschungszeit und erlaubte der Heidelberg Pharma eine schnelle Aufnahme des Entwicklungsprozesses von HDP-201.In-vitro- und In-vivo-Tests sowie erste präklinische Versuche wurden abgeschlossen.

2 https://www.nature.com/articles/s41467-018-06811-z

8 HEIDELBERG PHARMA | HALBJAHRESFINANZBERICHT 2024

ATAC-Partnerschaften

Zusammenarbeit mit Takeda

Mit Takeda Oncology, Cambridge, MA, USA, (Takeda) besteht seit Juni 2017 eine exklusive Forschungsverein- barung für mehrere Zielmoleküle zur gemeinsamen Entwicklung von ADCs mit dem Wirkstoff Amanitin. Im Rahmen der exklusiven Forschungsvereinbarung stellte Heidelberg Pharma mehrere ATACs unter Verwen- dung von Antikörpern aus Takedas proprietärem Portfolio her. Daraus resultierend erwarb Takeda im Sep- tember 2022 eine exklusive Lizenz für die kommerzielle Entwicklung eines ATACs mit einem ausgewählten Zielmolekül. Takeda ist sowohl für die weitere präklinische und klinische Entwicklung als auch für die mög- liche Vermarktung des lizenzierten Produktkandidaten verantwortlich. Im August 2023 erreichte der Partner mit dem Beginn einer GLP (Good Laboratory Practice)-Toxikologiestudie für ein Antikörper-Amanitin-Konju- gat einen Entwicklungsmeilenstein, mit dem eine Zahlung an Heidelberg Pharma verbunden war.

Klinisches Portfolio

TLX250-CDx - diagnostischer Antikörper

Bei TLX250-CDx handelt es sich um eine radioaktiv markierte Form des Antikörpers girentuximab, der an das tumorspezifische Antigen CAIX auf dem klarzelligen Nierenzellkarzinom (ccRCC) und möglichweise ande- ren Tumorarten bindet. Über eine Positronen-Emissions-Tomographie (PET) kann die Anreicherung dieses Antikörpers im Tumorgewebe bildlich dargestellt werden. Damit könnte die Planung der Behandlung von Nierentumorpatienten grundlegend verbessert und möglicherweise unnötige Operationen vermieden wer- den. Darüber hinaus könnte das Diagnostikum grundsätzlich auch für die Kontrolle des Therapieerfolgs, die Detektion von Metastasen und die Diagnose anderer Tumorarten geeignet sein.

Der Antikörper wurde bei der Heidelberg Pharma bis zu einer ersten Phase III-Studie entwickelt und 2017 an das australische Unternehmen Telix auslizenziert.

Telix hatte eine zweite Phase III-Studie durchgeführt und auf Basis dieser positiven Phase III-Ergebnisse im Dezember 2023 in den USA mit der Einreichung eines rollierenden Zulassungsantrages für den Kandidaten TLX250-CDx zur Identifizierung des klarzelligen Nierenzellkarzinoms begonnen. Der Partner gab Anfang Juni bekannt, dass die Einreichung der Unterlagen bei der FDA abgeschlossen wurde.

Als Produktkandidat mit Breakthrough Therapy Designation wurde TLX250-CDx ein rollierender Prüfprozess gewährt, der eine schrittweise Einreichung und Prüfung der erforderlichen Module in einem mit der FDA vorab vereinbarten Zeitplan ermöglicht. Telix hat außerdem eine vorrangige Prüfung beantragt. Telix plant eine mögliche Marktzulassung in den USA bis Ende dieses Jahres.

Parallel zu den Vorbereitungen für eine Marktzulassung hat Telix in den USA ein "Expanded access program" und in Europa ein "named patient program" eingeführt, um Patienten bereits vor der Zulassung Zugang zu TLX250-CDx zu verschaffen. In einigen europäischen Ländern sowie in den USA wurden bereits Patienten in dieses Programm aufgenommen.

Telix führt weitere klinische Studien zur möglichen Indikationserweiterung mit TLX250-CDx über Nierenkrebs hinaus durch, u. a. bei triple-negativem metastasiertem Brustkrebs (TNBC) und Blasenkrebs.

Heidelberg Pharma hat Anspruch auf Meilensteinzahlungen und Umsatzbeteiligungen im zweistelligen Pro- zentbereich, sollte das Produkt die Marktzulassung erhalten. Im März 2024 wurde ein Teil der künftigen Lizenzgebühren aus den weltweiten Verkäufen von TLX250-CDx an HealthCare Royalty verkauft.

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Heidelberg Pharma AG published this content on 11 July 2024 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 11 July 2024 05:16:01 UTC.