Berlin (Reuters) - Die prekäre Sicherheitslage im Roten Meer hat zu Jahresbeginn die Geschäftsentwicklung bei Deutschlands größter Container-Reederei Hapag-Lloyd dominiert.

"Die Raten haben sich im ersten Quartal aufgrund der Umleitung von Schiffen um das Kap der Guten Hoffnung und der höheren Kapazitätsnachfrage stabilisiert", erklärte Konzernchef Rolf Habben Jansen am Mittwoch mit Blick auf die für die Branche zentralen Frachtraten. Durch den Umweg über die Südspitze Afrikas seien aber die Ausgaben zugleich deutlich gestiegen. "Allerdings konnten diese weitgehend durch aktives Kostenmanagement kompensiert werden." Habben Jansen blickt etwas zuversichtlicher auf das Gesamtjahr, auch wenn die Prognose schwierig bleibt.

Im ersten Quartal musste der Hamburger Traditionskonzern einen deutlichen Gewinnrückgang im Vergleich zu dem noch von der Corona-Sonderkonjunktur geprägten Vorjahresquartal hinnehmen. Der Betriebsgewinn (Ebit) fiel um gut 79 Prozent auf 365 Millionen Euro. Trotz des Anstiegs der Gebühren im Zuge der Krise im Roten Meer lagen die Frachtraten mit 1359 Dollar je Standardcontainer (TEU) im Durchschnitt unter dem Vorjahreswert. Dies führte Hapag-Lloyd als zentralen Grund dafür an, dass der Umsatz im ersten Quartal um 24 Prozent auf knapp 4,3 Milliarden Euro fiel. Der Konzerngewinn schmolz auf 299 Millionen Euro zusammen - weniger als ein Sechstel des Vorjahreswerts.

"Auch wenn unsere Ergebnisse aufgrund der Normalisierung der Lieferketten deutlich unter den außergewöhnlich starken Vorjahreswerten liegen, sind wir erfreulicherweise gut in das neue Jahr gestartet", betonte Habben Jansen mit Blick auf das Ende der Corona-Sonderkonjunktur. Mit dem Ergebnis des ersten Quartals sieht sich Hapag-Lloyd außer Gefahr, beim Ebit 2024 in die roten Zahlen zu rutschen. Das Unternehmen geht nun davon aus, im Gesamtjahr eine schwarze Null bis hin zu einer Milliarde Euro zu erreichen. Im März hatte die Nummer fünf der internationalen Container-Schifffahrt auch noch ein Minus von einer Milliarde Euro für möglich gehalten.

VIELE NEUE SCHIFFE STABILISIEREN LIEFERKETTEN

Hapag-Lloyd hat - wie andere Großreedereien auch - nach Angriffen von Huthi-Rebellen aus dem Jemen auf Frachter seit Mitte Dezember praktisch keine Schiffe mehr durch das Rote Meer geschickt, sondern sie um die Südspitze Afrikas umgeleitet. Januar bis März waren damit die ersten Monate, die für die Reedereien ganz von der Krise geprägt waren. Der Umweg führt zu Verzögerungen, höheren Kosten und mehr CO2-Ausstoß. Er ermöglicht den Reedereien aber auch, höhere Gebühren zu verlangen. Zudem dämpft er die Furcht vor Überkapazitäten: "Die zahlreichen neuen Schiffe, die in der gesamten Branche im Jahr 2024 ausgeliefert wurden und werden, tragen entscheidend dazu bei, dass die Lieferketten ohne allzu große Unterbrechungen weiterlaufen", erklärte der Konzernchef.

Doch auch die aktualisierte Prognose ist laut Hapag-Lloyd wegen schwankender Frachtraten und der weltpolitischen Lage noch mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Das Unternehmen geht weiterhin davon aus, dass ein Großteil des prognostizierten Ergebnisses im ersten Halbjahr erwirtschaftet wird. Habben Jansen hatte Ende April gesagt, er rechne mit einem Ende der Krise im Roten Meer noch im laufenden Jahr.

Vor Hapag-Lloyd hatte schon Maersk Zahlen für das erste Jahresviertel vorgelegt. Auch die Dänen profitierten von den gestiegenen Frachtraten sowie von einer höheren Nachfrage. Maersk ist nach der im Privatbesitz befindlichen und verschwiegenen MSC die zweitgrößte Frachtreederei der Welt. Der dänische Konzern gilt damit als Gradmesser für den Zustand der Schifffahrtsbranche und des Welthandels.

(Bericht von Elke Ahlswede und Vera Eckert, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)