Von Stephen Wilmot

NEW YORK (Dow Jones)--Die Wende zur Elektromobilität wird traditionellen US-Autoherstellern am Ende vielleicht doch nicht den Garaus machen - vorausgesetzt, sie qualifizieren sich für Washingtons wichtigstes Subventionsprogramm. Auf einem Investorentag am Donnerstag legte General Motors die wirtschaftlichen Aspekte des technologischen Richtungswechsels offen, das dem bisherigen Verbrennerimperium bevorsteht. Die schlechte Nachricht dabei: GM schätzt, dass die Gewinnmargen bei E-Fahrzeugen Ende 2025 nur im niedrigen bis mittleren einstelligen Bereich liegen werden. In der Berechnung sind die Verkäufe von Gutschriften für vermiedene Treibhausgasemissionen enthalten, nicht aber jene Steuergutschriften, die Präsident Joe Biden mit dem Inflation Reduction Act im August ins Werk gesetzt hat.

GM erklärte ferner, dass seine Kapitalinvestitionen von aktuell jährlich 9 bis 10 Milliarden Dollar bis 2025 auf 11 bis 13 Milliarden Dollar steigen, weil Investitionen für Elektrofahrzeuge vorgezogen werden. All das nährt bei Anlegern die Befürchtung, dass Detroit sich auf einen sehr teuren Weg zu einer Antriebstechnik gemacht hat, die noch dazu durch teure Batteriemetalle auf Jahre hinaus weniger rentabel sein wird als die bisherige. Doch es gibt auch eine gute Nachricht: GM geht davon aus, dass der Inflation Reduction Act den Gewinn pro Fahrzeug um 3.500 bis 5.500 Dollar erhöhen wird - das entspricht 5 bis 7 Prozentpunkten mehr Marge. Damit könnten E-Autos genauso profitabel sein wie herkömmliche Fahrzeuge mit Verbrennermotor.


 Steuervorteile für Autokäufe erlegen Herstellern eine Hausaufgabe auf 

US-Verbraucher haben sich bisher verständlicherweise auf jene Steuergutschrift über 7.500 Dollar konzentriert, die sie ab 2023 für den Kauf von E-Fahrzeugen bekommen können, die aber an viel mehr Bedingungen geknüpft ist als die bisherige, die sie ersetzt. Zur Hälfte hängt die Steuergutschrift davon ab, dass Hersteller ihre Materialien zum Bau der Elektroautos nicht mehr aus China beziehen, eine Vorbedingung, die zu erfüllen einige Zeit in Anspruch nehmen wird.

Aber Steuergutschriften für Verbraucher sind nur ein Teil des Kuchens, den Washington verteilt. Eine Steuergutschrift für die Anschaffung eines elektrifizierten Firmenwagens von bis zu 7.500 Dollar unterliegt nicht denselben Bedingungen. Das mag erklären, weshalb GM sich der Markteinführung für die Elektroversion des Pickups Chevrolet Silverado im nächsten Jahr zunächst auf Flottenverkäufe konzentrieren will. Und dann gibt es noch enorme Steuergutschriften für die Batterieproduktion: 35 Millionen Dollar für jede Gigawattstunde neue Zellen und weitere 10 Millionen Dollar für das Packaging dieser Zellen in Module.

Zusammen mit seinem koreanischen Zulieferer LG Energy ist GM dem Vorreiter Tesla schon früh auf dem Weg der "vertikalen Integration" bei der Batterieherstellung gefolgt. Zusammen wollen LG Energy und GM bis zur Mitte des Jahrzehnts mit vier US-Werken Produktionskapazität für Zellen mit mehr als 160 GWh Energie schaffen. Unter Berücksichtigung von gelegentlichem Stillstand in den Fabriken könnte dies jährliche Subventionen in Höhe von rund 6 Milliarden Dollar einbringen.

GM ist in dieser Hinsicht besser aufgestellt als die Konkurrenz vor Ort. Ford ist zwar ein Joint Venture mit dem koreanischen LG-Konkurrenten SK On eingegangen, das wird die Produktion aber erst 2025 aufnehmen. Stellantis liegt noch weiter hinten. Indem GM seine Batteriefabriken früh an den Start bringt, wird der Hersteller mehr Subventionen kassieren. Das dürfte zugleich die Umstellung der Lieferkette erleichtern, um damit indirekt auch vom vollen Wert der Kaufsubventionen zu profitieren.


   Ford ist bei seinen Margenzielen ambitionierter 

Andere Vergleiche gehen allerdings weniger schmeichelhaft für GM aus. So erklärte Ford im Juli, also noch vor Verabschiedung des Inflation Reduction Act, bis 2026 werde für E-Fahrzeuge eine betriebliche Marge von 8 Prozent angepeilt. Sollte sich das als realistisch erweisen, wäre der GM-Ansatz in punkto Kosteneffizienz für die nächsten Jahre in ein schlechtes Licht gerückt. Denn die hohen Investitionen in die Batterieproduktion sowie in die modulare Fahrzeugplattform Ultium, auf der die gesamte Elektroauto-Modellpalette des Konzerns basieren soll, sollten die Produktionskosten von GM dank maximaler Skaleneffekte eigentlich niedrig halten. Vielleich zeigen sich die Vorteile des GM-Ansatzes ja mit einigen Jahren Verspätung deutlicher.

Hinzu kommt die unangenehme Realität bei Tesla, wo die operative Marge nach Schätzungen von AlixPartners für die ersten drei Quartale 2022 auf 16,8 Prozent geschätzt wird, verglichen mit durchschnittlichen 9,8 Prozent bei den traditionellen Anbietern. Der waghalsige Weg zum Erfolg hat den Elektroauto-Pionier zu einem schlankeren Unternehmen gemacht als seine Konkurrenten. Das bringt seine eigenen Risiken mit sich, etwa die beschränkte und zugleich veraltete Fahrzeugpalette, mit der Tesla unterwegs ist. Aktuell erlaubt die Situation es Elon Musks Firma, enorme Summen Cash mit seinen Elektroautos einzufahren, und zwar noch bevor es zum wesentlichen Nutznießer der neuen Subventionen aus Washington wird.

General Motors wird sehr von Bidens Zuschüssen profitieren. Davon abgesehen muss sich die eigene Elektroauto-Strategie aber noch als tauglich erweisen.

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November 18, 2022 09:53 ET (14:53 GMT)