--10 Milliarden Euro Verlust möglich

--Preisanpassungen und Staatseinstieg als Ausweg

--Muttergesellschaft Fortum hat andere Vorschläge

(Komplett neu mit Details aus Uniper-Pressekonferenz)

Von Jürgen Hesse

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Energieversorger Uniper SE bittet angesichts der stark gestiegenen Gaspreise und der vom Bundestag verabschiedeten Neuregelung des Energiesicherungsgesetzes um Staatshilfe. Der Konzern habe bei der Bundesregierung einen Antrag auf Stabilisierungsmaßnahmen gestellt, teilte die deutsche Fortum-Tochter mit. Geldbeträge nannte Uniper nicht, es geht aber um Milliarden.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat dem angeschlagenen Versorger Unterstützung zugesichert ohne konkrete Details über mögliche staatliche Hilfsmaßnahmen zu nennen. Man werde eine Insolvenz verhindern und die Versorgungssicherheit mit Gas gewährleisten.

Uniper geht es zum einen darum, die am Spot-Markt drastisch gestiegenen Preise an die eigenen Kunden weitergeben zu können. Zum anderen könnte sich auch der Staat an dem Energiekonzern beteiligen und Eigenkapital zuschießen.


  Uniper muss Millionenbeträge zuschießen 

Uniper-Chef Klaus-Dieter Maubach verdeutlichte in einer Pressekonferenz, in den vergangenen drei Wochen fehlten dem Konzern Gasmengen für den Jahresbedarf einer Stadt wie Düsseldorf, nachdem Gazprom seine Lieferungen gedrosselt hatte. Das fehlende Gas müsse teuer am Spot-Markt gekauft werden, um die eigenen Lieferverträge zu erfüllen.

Die Folgekosten muss der deutsche Energiekonzern allein tragen, diese belaufen sich auf einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag täglich, wie der Uniper-Chef vorrechnete. Wenn die aktuelle Entwicklung von Preisen und Volumina hochgerechnet werde, könne Uniper bis Jahresende ein Verlust von 10 Milliarden Euro entstehen.

Um eine Schieflage des Unternehmens zu abzuwenden, sei es die Pflicht des Vorstands, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, sagte CEO Maubach. Dabei gehe es zunächst um eine Weitergabe der höheren Einkaufskosten an die Kunden. Das erlauben die Paragraphen 24 oder 26 des Energiesicherungsgesetzes. Entweder müssen also allein die Uniper-Kunden mehr Geld für ihr Gas bezahlen. Oder eine Umlage aller Gasverbraucher in Deutschland wird zur Stabilisierung der Uniper-Preise verwendet, so dass die Lasten fairer verteilt wären.

Die Höhe einer solchen Umlage könne sich auf über 25 Euro je Megawattstunde belaufen, je nach Preisentwicklung, sagte Maubach. Darüber muss die Bundesregierung entscheiden.


  Mögliche Beteiligung des Bundes beträchtlich 

Darüber hinaus sieht der Vorschlag von Uniper zusätzliche Fremdkapitalmittel durch eine Aufstockung der derzeit noch nicht gezogenen KfW-Kreditlinie vor. Schließlich enthält der Vorschlag Eigenkapitalkomponenten, die zu einer "relevanten" Beteiligung des Bundes an der Uniper SE führen würden.

Wie hoch die Beteiligung des Bundes ausfallen kann, auf diese Frage wollte CEO Maubach auch nach hartnäckigen Fragen nicht antworten. Erst wenn feststehe, wieviel der Mehrkosten im Einkauf an die Kunden weitergeben werden könne, lasse sich feststellen, welcher Kapitalbedarf zur Stabilisierung von Uniper nötig sei, betonte der Unternehmenschef. Es werde bei einer Beteiligung des Bundes aber "nicht nur um 5 oder 10 Prozent gehen".

Inwieweit auch die Uniper-Muttergesellschaft Fortum an einer Rettung ihrer deutschen Tochter beteiligt werden soll, dazu wollte Maubach keine Antwort geben. Er betonte aber, dass sich die Finnen bereits mit 8 Milliarden an Krediten über alle Maßen bei Uniper engagiert hätten. Ob Fortum dann schließlich bei einer Rettung von Uniper dabei sei, hänge auch von der Verhandlung mit der Bundesregierung ab.

Dabei hat Fortum andere Vorstellungen als Uniper selbst. So hat das deutsche Unternehmen dem Bund eine Beteiligung an der Uniper SE vorgeschlagen. Fortum führt hingegen eigene Gespräche mit der Regierung und will eine Restrukturierung von Uniper mit dem Ziel der Gründung einer Versorgungssicherheitsgesellschaft im Eigentum des Bundes.

Diese unterschiedlichen Vorstellungen wollte der Uniper-Chef nicht kommentieren, er bezeichnete sie aber als "normal".


 Große Preiserhöhungen für Kunden kommen erst noch 

Fortum beklagte in einer separaten Aussendung, Uniper beziehe seit Mitte Juni nur 40 Prozent des vertraglich zugesicherten Gases aus Russland und müsse den Rest auf dem Markt teuer zukaufen. Der Uniper-Chef verwies auf einen Füllstand der deutschen Gasspeicher von insgesamt 63 Prozent. Die von Uniper selbst gebuchten Kapazitäten in den Gasspeichern seien aber nur zu 40 Prozent genutzt, einfach weil dem Konzern das Gas fehle. Ab kommender Woche sei es eventuell sogar erforderlich, Uniper-Gas aus den Speichern zu entnehmen.

Maubach kündigte an, es seien für die Gas-Verbraucher Preiserhöhungen zu erwarten und auch Lieferkürzungen nicht auszuschließen. Darüber werde aber erst mit den Kunden zu reden sein, die große Welle der Preiserhöhungen sei erst noch zu erwarten.

Enttäuscht zeigte sich Maubach von seinem Lieferant Gazprom, zu dessen Chef Alexej Miller er auch Zugang habe. Gazprom wolle Weltkonzern sein und in einer Reihe mit Unternehmen wie Exxon, Equinor oder Aramco stehen. Jetzt könne Gazprom nicht erklären, wie technische Probleme mit einer einzigen Turbine die Lieferungen schon drei Wochen beeinträchtigen könnten. Das sei unglaubwürdig, und Uniper halte das für einen Bruch der Lieferverträge, fordere Schadensersatz und stelle auch ständig die Frage, wann Gazprom die Lieferungen wieder aufnehme. Nach beiderseitig guten Lieferbeziehungen von 50 Jahren sei das eine Enttäuschung, rechtliche Konsequenzen würden geprüft. Das helfe in der aktuellen Situation aber nicht weiter.

Wie es jetzt weitergeht mit der Rettung von Uniper, dazu wollte Maubach kein genaues Zeitfenster nennen. Es müsse so schnell wie möglich gehen, forderte er. Dabei sei es schon hilfreich, wenn die Eckpunkte "in wenigen Wochen" feststehen würden. Für die Details könnte es auch länger dauern.

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/jhe/smh

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July 08, 2022 10:27 ET (14:27 GMT)