"Wir glauben, dass auch 2019 die Erträge stärker steigen werden als die Kosten, und wir nehmen an, dass die Risikokosten weiterhin sehr niedrig bleiben", sagte Treichl am Mittwoch über sein letztes Jahr als Vorstandschef. Nach dem Rekordgewinn 2018 sollte es auch im laufenden Jahr wieder ein "sehr ansprechendes Ergebnis geben". Er sei sicher, dass das Ziel einer Eigenkapitalverzinsung (ROTE) von über elf Prozent erreicht werden kann. Darüber hinaus könnten die Aktionäre langfristig mit steigenden Dividenden rechnen. Für seine Worte erntete Treichl auf seiner letzten Hauptversammlung als Chef Applaus. Manche Anteilseigner kritisierten jedoch das Ziel als zu wenig ambitioniert, da die Eigenkapitalverzinsung bereits 2018 bei 15,2 Prozent lag.

Der 66-jährige Treichl zählt zu den längstdienenden Banken-Bossen in Europa. Er übergibt nach mehr als 20 Jahren an der Spitze von Österreichs größtem Geldhaus zum Jahresende das Ruder an Bernhard Spalt, der bisher Risikovorstand der Österreich-Tochter war. "Ich fühle die Bank in sicheren Händen", sagte Treichl über seinen Nachfolger. Spalt sei ein langer Wegbegleiter von ihm und habe ihn auf zahlreiche Roadshows begleitet - auch auf jene, wo die stark in Osteuropa vertretene Bank von den Investoren heftig kritisiert worden war.

Spalt, der sich auf der Aktionärsversammlung erstmals in seiner zukünftigen Rolle präsentierte, sieht das Institut insgesamt gut aufgestellt. "Wir sind hochprofitabel, kapitalstark, liquiditätsstark und haben ein starkes Risikoprofil", sagte der 50-jährige Manager, der direkt nach dem Studium in der Erste Bank begonnen hatte. Dies sei nicht selbstverständlich, wenn man sich in der europäischen Bankenlandschaft umschaue. In seinen 28 Jahren bei dem Unternehmen habe aber nicht nur Schönwetter geherrscht. "Ich kenne auch die raue See." Im Fokus stehe für ihn, die Bank für das digitale Zeitalter zu rüsten. Daher werde es ab dem kommenden Jahr eine Vorstandsposition für den Bereich digitale Transformation geben. In seiner Karriere hatte Spalt verschiedene Führungspositionen auf Konzernebene und bei Auslandstöchtern bekleidet.

Treichl, der Juli 1997 den Chefposten übernommen hatte, war die treibende Kraft hinter der Expansion nach Osteuropa, durch die die Erste Group zu einem der größten Finanzdienstleister in der Region aufstieg. Ab 1. Januar 2020 übernimmt er den Vorsitz im Aufsichtsrat der Erste Stiftung - dem größten Aktionär.