FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Deutsche Bank hat ein schwieriges Jahr mit einem höheren Verlust abgeschlossen als ohnehin befürchtet. Der deutsche Branchenprimus rechnet für 2015 mit einem Minus von rund 6,7 Milliarden Euro nach Steuern, wie das Geldinstitut auf Basis vorläufiger Berechnungen am Mittwochabend überraschend mitteilte. Das waren noch rund eineinhalb Milliarden Euro mehr als Experten erwartet hatten, nachdem die Bank bereits im Oktober eine Reihe von Sonderbelastungen angekündigt hatte. Zu diesem kamen jetzt noch weitere im vierten Quartal dazu.

Die Gründe für das Rekordminus sind milliardenschwere Rechtsstreitigkeiten, Abschreibungen im Investmentbanking und im Privatkundengeschäft und Kosten für den laufenden Konzernumbau und Stellenstreichungen. Zudem lief das operative Geschäft in vielen Bereichen wie dem Handel mit Wertpapieren schlecht. Für 2014 hatte der Dax-Konzern noch rund 1,7 Milliarden Euro Gewinn ausgewiesen.

FÜNF MILLIARDEN EURO FÜR RECHTSSTREITIGKEITEN

Co-Chef John Cryan will die größte deutsche Bank mit einer Radikalkur wieder in die Spur bringen und hatte dafür auch erstmals in der Nachkriegsgeschichte die Dividende gestrichen. Dass die Aufräumarbeiten überfällig sind, daran besteht kein Zweifel. Die Konkurrenz läuft der Deutschen Bank davon: Die zehn führenden US-Banken sind allesamt deutlich profitabler.

Allein für juristische Streitereien stellt die Deutsche Bank nun 5,2 Milliarden Euro zurück. Harte Strafen könnten im Fall der Moskauer Handelssparte auf das Geldinstitut zukommen. In der russischen Hauptstadt soll es bis vor kurzem unsaubere Geschäfte gegeben haben. US-Behörden gehen dem Verdacht auf Verstöße gegen die aktuellen politischen Sanktionen nach. Das Gesamtvolumen verdächtiger Geschäfte soll bei sechs Milliarden Dollar liegen.

TURBULENTES JAHR GEHT MIT MILLIARDENMINUS ZU ENDE

Eine weitere Milliarde Euro ist für den Abbau Tausender Arbeitsplätze vorgesehen. Unter dem Strich sollen 9000 Arbeitsplätze gestrichen werden - 4000 davon in Deutschland. Zudem drücken die Probleme im Privatkundengeschäft, in dem sich das Institut im laufenden Jahr unter anderem von der Postbank trennen will, auf das Ergebnis.

Im Investmentbanking werden etliche Handelsgeschäfte eingestellt. Der Bank machen die immer strengeren Kapitalanforderungen und vielen neuen Regeln für die Branche zu schaffen, viele Geschäfte gerade im schwankungsanfälligen Kapitalmarktgeschäft lohnen sich nicht mehr. Aus zehn Auslandsmärkten zieht sich der deutsche Branchenprimus ganz zurück.

SCHWACHES OPERATIVES GESCHÄFT AM JAHRESENDE

Zudem seien die Marktbedingungen "herausfordernd". Zum Jahresende war vor allem Handel mit Wertpapieren schwach, so dass die Erträge im vierten Quartal auf 6,6 Milliarden Euro zurückgingen - das sind rund 15 Prozent weniger als vor einem Jahr. Zusammen mit den erneut angefallenen Sonderkosten führt dies zum Jahresende wieder zu einem Quartalsverlust. Dieser belaufe sich auf 2,7 Milliarden Euro vor Steuern und rund 2,1 Milliarden Euro unter dem Strich. Im Vorjahresquartal hatte die Bank noch einen Gewinn von 441 Millionen Euro erzielt.

Das Milliardenminus trifft die Deutsche Bank nach einem turbulenten Jahr: Co-Chef Anshu Jain musste gehen, seit Juli ist der Brite Cryan der neue starke Mann an der Konzernspitze. Der Abtritt von Co-Chef Jürgen Fitschen (67) ist beschlossene Sache. Hinzu kamen Milliardenstrafen: So einigte sich die Bank mit Behörden in den USA und Großbritannien auf die Rekordstrafe von 2,5 Milliarden US-Dollar, weil Mitarbeiter über Jahre den wichtigen Referenzzins Libor, an dem sich viele Geschäfte orientieren, manipuliert hatten.

AKTIEN UNTER DRUCK - NUR KURZE NACHBÖRSLICHE ERHOLUNG

Für den Konzern ist es der größte Jahresverlust und der zweite seit 2008. In der Finanzkrise hatte die Deutsche Bank erstmals in einem Gesamtjahr rote Zahlen geschrieben und rund 3,9 Milliarden Euro Verlust gemacht. Details zu den Zahlen des vierten Quartals und des Gesamtjahres will die Deutsche Bank am 28. Januar vorlegen.

Die Aktien der Bank reagierten auf die Zahlen im nachbörslichen Handel anfangs mit leichten Gewinnen, nachdem sie im regulären Xetra-Geschäft um sechs Prozent auf 17,72 Euro gefallen waren und damit auf dem tiefsten Stand seit Anfang 2009 geschlossen hatten. Bis 22 Uhr bröckelten die nachbörslichen Gewinne aber wieder ab. Beim Wertpapierhandelshaus Lang & Schwarz (L&S) notierten sie zuletzt bei 17,675 - bei anderen Plattformen auf einem ähnlichen Niveau./bvi/DP/zb