ZÜRICH (Dow Jones)--Die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma prüft, inwieweit das heutige Credit-Suisse-Management zu Rechenschaft gezogen werden kann für die Probleme, die letztendlich zur Übernahme durch den Wettbewerber UBS in einer Rettungsaktion am vergangenen Wochenende führten.

"Wir sind keine Strafbehörde, aber wir loten die entsprechenden Möglichkeiten aus", sagte Finma-Präsidentin Marlene Amstad im Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung am Sonntag.

Ursache der Probleme bei der Credit Suisse seien "diverse Skandale und Fehler des Managements in den letzten Jahren". Die Bank sei bereits in einer Reputations- und Vertrauenskrise gewesen, das Problem habe sich bereits mit dem Liquiditätsabfluss im vergangenen Herbst gestellt, als Anleger mehr als 100 Milliarden Franken abzogen. Die Aufsicht hätte "bereits seit langem" dafür gesorgt, dass die Bank ihre Liquiditätspuffer erhöhen musste.

Amstad verteidigte die Übernahme durch die UBS als "klar die beste Lösung", wie der Montag nach der Rettungsaktion gezeigt habe. Sie sei auch der Möglichkeit der Verstaatlichung überlegen.

"Bei einer Verstaatlichung hätte der Bund die gesamten Risiken in der Bilanz der CS übernommen. Auch die Liquiditätsunterstützung wäre trotzdem notwendig gewesen. Bund und Behörden waren sich einig, dass das die schlechtere Lösung gewesen wäre, für den Staat, die Steuerzahler, den Schweizer Finanzplatz und die internationalen Märkte", sagte Amstad. Die Übertragung auf die UBS sei auch "der effizientere Weg, um das Vertrauensproblem zu lösen".

Die Aufsichtsbehörden seien auf sämtliche Lösungen vorbereitet gewesen und hätten alles dafür getan, dass die verschiedenen Optionen bis zum Schluss umsetzbar gewesen wären. "Die Reihenfolge war jedoch klar: Die Varianten Sanierung oder gar Konkurs waren die schlechtesten."

Amstad äußerte sich zu der Kritik, dass der Schweiz eine Klagewelle droht, weil sie im Rahmen der Transaktion AT1-Kapital (CoCo-Anleihen) abgeschrieben hat, das in der Haftungsreihenfolge eigentlich hinter den Aktien rangiert. Eine Klausel in den AT1-Verträgen der Credit Suisse hat es den Schweizer Behörden erlaubt, von der Haftungsreihenfolge abzuweichen. Diese Klauseln gibt es in anderen Ländern nicht.

"Den juristischen Abklärungen will ich nicht vorgreifen", sagte Amstad. Man müsse aber sehen, dass die Papiere genau für solche Situationen geschaffen worden seien, die Instrumente sähen "vertraglich vor, dass sie im Falle eines Trigger-Ereignisses, insbesondere bei der Gewährung ausserordentlicher staatlicher Unterstützung, vollständig abgeschrieben werden".

Die Abschreibung schaffe Kapital, das für die Übernahme und Integration der CS zur Verfügung steht. Die AT1-Anleihen seien mehrheitlich von institutionellen Investoren gehalten worden. "Jeder, der sie kaufte, musste wissen, zu welchem Zweck sie geschaffen wurden."

Um die Schweiz gegen ein nun noch größeres Too-big-to-fail-Problem zu schützen, sollen Amstad zufolge nach gewissen Übergangsfristen "für die fusionierte Bank die Anforderungen an Kapital und Liquidität progressiv steigen". Auch werde nach der Übergangsphase das Geschäftsmodell der Bank "im Sinne der Systemstabilität" von den Aufsehern berücksichtigt.

Die Aufsicht begrüße Amstad zufolge die "Diskussion über neue Instrumente". Zum Beispiel sollten sich die Behörden überlegen, ob die Too-big-to-fail-Gesetzgebung zu ergänzen sei. Das Instrument der Bankensanierung sei derart mächtig, dass es disruptiv auf das ganze Finanzsystem wirken können. "Deshalb gilt es, zum Beispiel zu prüfen, ob Möglichkeiten geschaffen werden können die ein dosierteres Eingreifen erlauben", sagte Amstad. Hier stünden die Diskussionen aber erst am Anfang.

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March 26, 2023 09:38 ET (13:38 GMT)