Frankfurt/Wien (Reuters) - Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia greift nach dem österreichischen Konkurrenten Conwert (>> conwert Immobilien Invest SE) und überschreitet damit auf seiner Einkaufstour erstmals die Landesgrenzen.

Vonovia lässt sich Conwert bis zu 2,9 Milliarden Euro einschließlich Schulden kosten, wie Vorstandschef Rolf Buch am Montag in Wien sagte. Die 24.500 Wohnungen von Conwert liegen zum größten Teil in deutschen Städten wie Leipzig und Berlin. "Das ist einer der besten Bestände, den man in Deutschland zurzeit im Paket kaufen kann", sagte Buch. Vonovia war nach den Worten von Conwert-Verwaltungsratschef Alexander Proschofsky erst am Freitagabend auf ihn zugegangen. Über das Wochenende sei man sich einig geworden, sagte Buch. "Wir haben hier einen freundlichen Deal."

Der kleinere Vonovia-Rivale Deutsche Wohnen hatte sich an einer Conwert-Übernahme im vergangenen Jahr noch die Zähne ausgebissen. Die Aktionäre von Conwert lehnten einen Verkauf damals mehrheitlich ab. Buch äußerte sich "sehr optimistisch", dass Vonovia auf die angestrebte Mehrheit kommen werde. Schließlich hat der größte Aktionär von Conwert, der Hamburger Wohnungsinvestor Adler Real Estate, bereits versprochen, seinen Anteil von 26 Prozent in Vonovia-Aktien zu tauschen. Proschofsky kündigte an, auch den übrigen Aktionären den Verkauf ihrer Anteilsscheine zu empfehlen. Conwert solle aber an der Wiener Börse gelistet bleiben.

VOM HÄSSLICHEN ENTLEIN ZUM SCHÖNEN SCHWAN

Buch hatte nach dem Scheitern der Übernahme von Deutsche Wohnen die Hoffnung auf den Kauf weiterer börsennotierter Immobilienfirmen eigentlich aufgegeben. "Conwert war vor einem Jahr noch kein Kandidat, über den wir hätten nachdenken können", erklärte er den Sinneswandel. Aus einem "ungeordneten Portfolio" sei nun ein lohnendes Übernahmeobjekt geworden. Proschofsky rechnet trotz der Konsolidierungswelle bei Wohnungsfirmen nicht mit einer Gegenofferte. DZ-Bank-Analyst Karsten Oblinger erklärte, er halte die Transaktion aus Sicht von Vonovia für "strategisch sinnvoll". Die Wahrscheinlichkeit sei groß, dass sie auch zustande komme.

Vonovia ist mit 340.000 Wohnungen der mit Abstand größte Wohnungsvermieter in Deutschland. "Der Erwerb von Conwert bietet für Vonovia eine sehr gute Gelegenheit, unser Portfolio in sich dynamisch entwickelnden Regionen und Metropolen zu erweitern", sagte Buch. "Der Zusammenschluss zielt auf Wachstum ab", sagte Proschofsky. Ein Ausbau des Portfolios in Österreich in großem Stil sei aber nicht geplant - auch wenn Wien ein "attraktiver Wohnungsmarkt" sei, wie Buch betonte. Conwert gehören rund 2400 Wohnungen in Wien. Dabei soll es im Wesentlichen bleiben.

Dem Wiener Konzern gehören auch Gewerbeimmobilien im Wert von 600 Millionen Euro. Diese sollen wie geplant verkauft werden, die Hälfte davon noch in diesem Jahr. Conwert erwartet in diesem Jahr ein operatives Ergebnis aus der Vermietung (FFO) von mehr als 75 Millionen Euro, Vonovia kommt auf einen FFO von 750 Millionen. Mit Conwert würde der Immobilienbestand auf 26,5 Milliarden Euro wachsen.

Vonovia will die Übernahme zum größten Teil mit eigenen Aktien bezahlen. Die Conwert-Aktionäre haben aber - wie in Österreich vorgeschrieben - die Wahl zwischen Vonovia-Papieren und einer Bar-Abfindung. Je nachdem, wie sie sich entscheiden, zahlt Vonovia 1,6 bis 1,8 Milliarden Euro für die Aktien. Das Tauschangebot ist aber attraktiver: 74 Vonovia-Aktien für je 149 Conwert-Papiere. Zum Schlusskurs vom Freitag entsprach das 17,58 Euro je Conwert-Aktie. Das Barangebot liegt bei 16,16 Euro kaum über dem Freitags-Kurs. Am Montag legten Conwert um 6,1 Prozent auf 17,13 Euro zu. Vonovia fielen um 1,8 Prozent und waren damit der größte Verlierer im deutschen Leitindex Dax. Die Conwert-Aktionäre könnten auf bis zu elf Prozent an Vonovia kommen. Die Annahmefrist soll voraussichtlich erst am 18. November beginnen und bis 19. Dezember laufen.

ADLER REAL ESTATE SAHNT AB

Großer Nutznießer der Übernahme ist Adler Real Estate. Die im Kleinwerteindex SDax gelistete Immobilienfirma war im Frühjahr bei Conwert eingestiegen und hat sich einen erbitterten Kampf um drei Plätze im Verwaltungsrat geliefert. Conwert hatte eine "Übernahme durch die Hintertür" gefürchtet, schloss aber am Ende einen Kompromiss. Nun erhält Adler Vonovia-Aktien im Wert von 461 Millionen Euro und erwartet aus dem Tauschgeschäft einen Gewinn von 101 Millionen Euro. Adler-Papiere schossen um sechs Prozent nach oben.