Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Commerzbank-Analyst Christoph Rieger rechnet damit, dass die Rückzahlung eines TLTRO-Geschäfts der Europäischen Zentralbank (EZB) über 477 Milliarden Euro am 28. Juni zu einem Anstieg der Renditeabstände zwischen italienischen und deutschen Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit auf über 200 Basispunkte führen wird. Rieger weist in einem Kommentar darauf hin, dass italienische Banken 178 Milliarden Euro zurückzahlen müssen, was ihre Überschussliquidität um 68 Milliarden Euro übersteige.

Rieger zufolge verdeckt diese Durchschnittzahl die sehr unterschiedliche Situation einzelner Banken. "Viele der größeren Banken verfügen über mehr als genug Überschussliquidität, um ihre TLTROs zurückzuzahlen", schreibt Rieger. So bezifferte Unicredit die Überschussliquidität auf 130 Milliarden Euro und die TLTRO-Finanzierung auf nur 78 Milliarden. "Dies bedeutet jedoch, dass viele kleinere Banken ein noch größeres Defizit an EZB-Liquidität aufweisen als der nationale Durchschnitt", kalkuliert der Analyst.

Einige von ihnen könnten deshalb seiner Meinung nach gezwungen sein, Barmittel zu generieren, indem sie Staatsanleihen verkaufen. Gleichzeitig wird die EZB Ende des Monats die Reinvestition von APP-Beständen einstellen, so dass Rieger zufolge in der zweiten Jahreshälfte neue Investoren für italienische Staatsanleihen (BTP) im Wert von mehr als 25 Milliarden Euro gefunden werden müssen.

"Angesichts des bereits gedämpften Appetits italienischer Banken auf BTP-Duration erwarten wir daher, dass die zehnjährigen BTP-Spreads wieder über 200 Basispunkte über Bunds steigen werden", schreibt Rieger.

Die EZB hat für den Fall eines unkontrollierten und ungerechtfertigten Anstiegs der Spreads, der die einheitliche Übertragung der Geldpolitik in alle Regionen des Euroraums gefährden würde, ein Transmission Protection Instrument (TPI) entworfen. Dieses sieht den gezielten Ankauf solcher Anleihen vor. Sie geht gegenwärtig aber nicht davon aus, dass sie es einsetzen muss.

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June 02, 2023 07:50 ET (11:50 GMT)