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MÜNCHEN (dpa-AFX) - Die Medienbranche setzt bei der Suche nach Geschäftsmodellen für die Online-Ära auch auf bewährte Werte. Die Erfolgsbasis bleibe gut gemachter Journalismus, betonte NewsCorp-Chef Robert Thomson ("The Sun", "The Times", "Wall Street Journal") am Montag auf der Internetkonferenz DLD in München. Und der definiere sich nicht darüber, wie schnell Medien Geschichten voneinander abschrieben.

Auch aus Sicht der Chefredakteurin des Wirtschaftsmagazins "The Economist", Zanny Minton-Beddoes, haben Medienhäuser nur eine Zukunft, wenn sie hochwertigen Journalismus liefern. "Es ist nicht mehr genug, ein Angebot zu machen, das okay ist", sagte Minton-Beddoes. Die Möglichkeiten, die die Digitalisierung biete, hätten zwar neue Konkurrenten und Herausforderungen gebracht, sie böten Journalisten aber zugleich großartige Chancen. Das ermögliche Medien eine große Zukunft - wenn man seine Hausaufgaben mache.

Ihr Magazin habe eine Auflage von rund 1,5 Millionen. Untersuchungen hätten aber gezeigt, dass die englischsprachige Zielgruppe, die sich eine Publikation wie den "Economist" leisten kann und ihn auch haben möchte, eine Größe von rund 70 Millionen habe. "Das zeigt unsere Möglichkeiten." Soziale Netzwerke seien zwar auch Konkurrenz für klassische Medien, sie seien aber auch "eine Art Lieferwagen" für journalistische Angebote und ein Verstärker mit enormer Reichweite.

Der "Economist" setzt neben dem Abo für das gedruckte Magazin zugleich vor allem auf ein Bezahlmodell für Inhalte im Netz. Werbung über bezahlte Artikel, das auch in Deutschland umstrittene sogenannte native Advertising, lehnte Minton-Beddoes ab. Dabei bezahlen Firmen für gekennzeichnete Artikel, die journalistischen Texten ähneln und in das Layout eingepasst sind. Das zerstöre das Vertrauen der Leser in die Unabhängigkeit der Publikation, sagte Minton-Beddoes. "Und das Vertrauen der Leser ist das wichtigste Kapital eines Mediums."

Es sei eine Zeit voller Gefahren für Medienhäuser, aber auch eine der Möglichkeiten, betonte Thomson. Es müsse zugleich darüber gesprochen werden, wie sich die Macht von Suchmaschinen wie Google beschränken lasse. "Ich denke, dieser Weg muss in Erwägung gezogen werden." Zugleich machte er für die Misere vieler Verlage auch Managementfehler in der Vergangenheit verantwortlich - und anmaßende Journalisten, die nicht auf die wirklichen Wünsche ihrer Leser Rücksicht genommen hätten.

Den Optimismus von Thomson und Minton-Beddoes teilt der Inhalte-Chef des Time-Verlags nur bedingt. Auch er erkenne die großen Möglichkeiten, sagte Norman Pearlstine. Jedoch: "Wir haben jede Menge Arbeit vor uns." Journalisten stünden weiterhin raue Zeiten bevor. Mehr Sorgen als die Herausforderungen durch Google oder Facebook mache ihm aber die fortschreitende Einmischung von Regierungen. Weltweit säßen viele Journalisten in Gefängnissen.

Die zu Facebook gehörende Foto-Plattform Instagram gab zur DLD bekannt, dass sie die Marke von neun Millionen Nutzern in Deutschland erreicht habe. Weltweit zählt die App mehr als 400 Millionen Mitglieder.

Amazon -Technikchef Werner Vogels widersprach am zweiten DLD-Tag der Kritik an den strengen europäischen Datenschutz-Regeln zum Auftakt der Konferenz. "Die erste Priorität eines Internet-Unternehmens sollte immer sein, seine Kundendaten um jeden Preis zu schützen, und die Datenschutzregeln konsequent umzusetzen. Nur so lässt sich das Vertrauen der Nutzer gewinnen", sagte Vogels der Tageszeitung "Die Welt" in München. Die strengen europäischen Datenschutzgesetze würden gerade zum Exportschlager: "Australien, Thailand und Singapur arbeiten aktuell ebenfalls an Datenschutzregeln nach europäischem Vorbild." Amazon spielt unter Vogels' Regie eine Schlüsselrolle im Cloud-Geschäft und liefert unter anderem die Infrastruktur für viele bekannte Startups./sbr/DP/she