Frankfurt (Reuters) - Die Lufthansa setzt nach dem Ende der Corona-Krise auf Kontinuität in ihrer Führung: Vorstandschef Carsten Spohr wird den Luftfahrtkonzern auch in den kommenden fünf Jahren führen.

Der Aufsichtsrat habe die Verträge von Spohr und Finanzchef Remco Steenbergen vorzeitig bis Ende 2028 verlängert, teilte die Lufthansa am Donnerstag mit. Er freue sich, dass die Vertragsverlängerung mit beiden gelungen sei, erklärte Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley. "Bei der Sicherung einer erfolgreichen Zukunft der Lufthansa Group wird es auf sie ganz besonders ankommen." Auch Kley, der seit 2017 oberster Lufthansa-Kontrolleur ist, stellt sich auf der Hauptversammlung im Mai erneut zur Wahl in den Aufsichtsrat und kann die Geschicke der Airline weiter bestimmen.

Neu in das Gremium einziehen soll neben Henkel-Boss Carsten Knobel der Chef der Kühne Holding AG, Karl Gernandt. Lufthansa-Großaktionär Klaus-Michael Kühne hatte angekündigt, dass er über seinen engen Vertrauten im Aufsichtsrat vertreten sein möchte.

Der 56-jährige Wirtschaftsingenieur und Pilot Spohr steht seit Mai 2014 an der Spitze der Lufthansa-Gruppe. Mit der erneuten Vertragsverlängerung würde er der Konzernchef mit der längsten Amtszeit bei der Lufthansa. Der Niederländer Steenbergen (55) fing 2021 als Finanzvorstand bei der Airline-Gruppe an - mitten in der für die Luftfahrt verheerenden Corona-Pandemie. Spohr und Steenbergen brachten mit milliardenschweren Staatshilfen und harten Einsparungen die Airline-Gruppe, zu der neben Lufthansa und Eurowings auch die Schweizer Airline Swiss, die österreichische Austrian Airlines und die belgische Brussels Airlines gehören, durch die Krise. Die größte menschliche Katastrophe für die Lufthansa unter Spohrs Führung war der Absturz einer Maschine der Tochter Germanwings 2015 in den Alpen, verursacht von einem lebensmüden jungen Piloten.

ZURÜCK ZU ALTER STÄRKE

Ein geschäftliches Highlight für Spohr war das Jahr 2017, in dem die Lufthansa einen operativen Rekordgewinn von knapp drei Milliarden Euro einflog. Spohr habe nicht nur schwierigste Krisen und Herausforderungen gemeistert, sondern auch die drei wirtschaftlich erfolgreichsten Jahre verantwortet, erklärte Kley. Spohr will den Luftfahrtkonzern jetzt zu alter Stärke bringen und einen Platz unter den größten fünf Airlines weltweit zurückerobern. Die Bilanz des vergangenen Jahres, die der MDax-Konzern am Freitag vorlegt, wird das Ende der verlustreichen Corona-Krise markieren. Im Dezember hatte die Lufthansa rund 1,5 Milliarden Euro Betriebsergebnis für 2022 in Aussicht gestellt.

Die wieder steigende Finanzkraft will Spohr nutzen, um bei der bevorstehenden Neuverteilung von Marktanteilen in der Branche mitzumischen. Der in der Pandemie eingebrochene Luftverkehr brachte kleinere Fluggesellschaften in Existenznot. Die drei großen Netzwerk-Airlines Lufthansa, der Konzern IAG und Air France-KLM wollen durch Übernahmen wachsen. So verhandelt die Lufthansa derzeit über einen Einstieg bei der staatlichen italienischen ITA Airways, die sie auf längere Sicht ganz schlucken würde. Die britisch-spanische IAG will sich die spanische Air Europa einverleiben. Und auf die vor der Privatisierung stehende portugiesische TAP hat Air France ein Auge geworfen. Das Brasilien-Geschäft der Portugiesen wäre auch für die Lufthansa interessant, denn Spohr strebt Wachstum in dieser Weltregion an.

Viel mehr Geld als für ITA - Insidern zufolge zunächst 200 bis 300 Millionen Euro für einen Anteil von 40 Prozent - will die Lufthansa für die Modernisierung ihrer Flotte ausgeben. Zum Listenpreis von 7,5 Milliarden Dollar schafft sie 22 neue Langstreckenflieger von Airbus und Boeing an. Sie sollen gegen alte Jets mit vier Triebwerken und hohem Kerosinverbrauch ab Mitte des Jahrzehnts ausgetauscht werden. Das sei der wichtigste Hebel für das Konzernziel, bis 2030 den CO2-Ausstoß zu halbieren und bis 2050 klimaneutral zu werden. Das Interieur von Flugzeugen und den während der Corona-Krise verschlechterten Kundenservice will Spohr bis 2025 mit Investitionen von 2,5 Milliarden Euro auf Vordermann bringen.

(Redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)

- von Ilona Wissenbach