AHLERS AG

Herford

Halbjahresbericht 2022/23

Ahlers AG

Halbjahresbericht 2022/23

(1. Dezember 2022 bis 31. Mai 2023)

Entwicklung in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres 2022/23

H1 2022/23

  • Seit dem 24. April 2023 befindet sich die Ahlers AG und ein Großteil der inländischen Tochtergesellschaften im vorläufigen Insolvenzverfahren
  • Dennoch stieg der Umsatz um 10,2 Prozent auf 88,5 Mio. EUR (Vorjahr 80,3 Mio. EUR), blieb aber deutlich unter dem Plan
  • Steigerung EBIT vor Sondereffekten um 41,5 Prozent auf -3,7 Mio. EUR (Vorjahr -6,3 Mio. EUR)
  • Konzernergebnis liegt mit -6,9 Mio. EUR unter dem Vorjahreswert (-6,0 Mio. EUR)
  • Eigenkapitalquote auf 28,3 Prozent abgeschmolzen (Vorjahr 42,9 Prozent)

1. Geschäfts- und Rahmenbedingungen

Die Wirtschaft im Euroraum schrumpfte im Winterhalbjahr leicht, hauptsächlich aufgrund der spürbaren Zurückhal- tung der privaten Haushalte beim Kauf von Gütern. Auch die Exporte waren leicht rückläufig. Im zweiten Quartal 2023 nahm die wirtschaftliche Aktivität wieder deutlich zu, insbesondere durch die Erholung des privaten Verbrauchs. Die gesunkenen Energiepreise entschärften die zuvor hohen, unkalkulierbaren Belastungen der privaten Haushalte etwas und wirkten sich so positiv auf die Ausgabenbereitschaft der Verbraucher aus. Einfluss hierauf hat aber auch die immer noch hohe, wenn auch abnehmende Inflation. Darüber hinaus steigen die Löhne zum Teil kräftig an und die Beschäf- tigung nimmt zu. Seit Mitte 2022 haben die Europäische Zentralbank und andere westliche Zentralbanken die Zinsen massiv erhöht, so dass die gestiegenen Finanzierungskosten die Investitionen dämpfen. Allerdings verlieren die Lieferengpässe an Bedeutung und die immer noch hohe Auftragslage stützt die Wirtschaft. Dementsprechend haben die meisten volkswirtschaftlichen Institute für die Eurozone ihre Wachstumsprognose für das Jahr 2023 von anfangs 0,0 Prozent auf 0,5 Prozent erhöht (Commerzbank Research Juni 2023). In Deutschland verzeichnete die Wirtschaft eine ähnliche Entwicklung. Aufgrund der Inflation reduzierten die privaten Haushalte zu Jahresbeginn vor allem ihren Warenkonsum. Die Lieferkettenproblematik entspannt sich weiter. Dennoch herrscht immer noch Materialmangel, wodurch das Wachstum der deutschen Wirtschaft gedämpft wird. Derzeit liegt das Bruttoinlandsprodukt bei -0,5 Prozent (Commerzbank Research Juni 2023).

Die anhaltende Unsicherheit und die getrübte Konsumstimmung der Verbraucher sowie die Belastung durch die hohe Inflation wirkt sich besonders auf den Modebereich aus, welcher überproportional von der Konsumzurück- haltung betroffen ist. Insbesondere im Bereich Bekleidung und Schuhe waren die Konsumausgaben im ersten Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,6 Prozent gesunken, da auch die Preisorientierung der Verbraucher zunimmt1. Im Mai stiegen die Preise für Bekleidung im Einzelhandel im Vergleich zum Vorjahr um 4,9 Prozent. Herren- anzüge und Herrenstoffhosen verteuerten sich um etwa 10 Prozent2.

Die Schwierigkeiten im Einzelhandel bezüglich Lieferengpässen haben sich insgesamt verringert. Allerdings nahmen sie im Modehandel wieder leicht zu, was zu Nachschubproblemen bei den Bekleidungsherstellern führt. Eine Beruhigung der Rahmenbedingungen für eine normale bis positive Entwicklung in der Modebranche lässt sich derzeit nicht erkennen.

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Quelle: ifo-Institut revidiert Konjunkturprognose nach unten: Privater Konsum schrumpft dieses Jahr um 1,7% (textilwirtschaft.de); abgerufen am 05.07.2023.

Quelle: Destatis: Inflationsrate schwächt sich im Mai weiter ab: Modepreise bleiben auf hohem Niveau (textilwirtschaft.de); abgerufen am 05.07.2023.

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Die hieraus folgende unter der Planung liegende Geschäftsentwicklung in den vergangenen Monaten hatte schwerwiegende Auswirkungen auf die Liquidität der Ahlers AG und ihre inländischen Tochtergesellschaften. Eine volatile Nachfrage, allgemeine Kaufzurückhaltung, die Insolvenzen namhafter Kunden und immer engere Zahlungs- ziele der Lieferanten führten zu der Notwendigkeit, die Unternehmensfinanzierung mit den kreditgebenden Banken neu zu verhandeln. Unter den gegebenen Marktbedingungen konnte hier keine Einigung gefunden werden. In der Folge war die Antragstellung zur Insolvenz wegen drohender Zahlungsunfähigkeit bei der Ahlers AG und acht ihrer inländischen Tochtergesellschaften unausweichlich.

Unter der Zustimmung und der Aufsicht der vorläufigen Insolvenzverwalter wird der Geschäftsbetrieb der betroffenen Gesellschaften vollumfänglich fortgeführt. Dies betrifft nicht nur die aktuelle Auslieferung der Frühjahr-/ Sommerware sondern auch die Beschaffung der Herbst-/ Winterware für eine voraussichtlich termingerechte Aus- lieferung der kommenden Saison sowie die Kollektionserstellung der nächsten Frühjahr-/Sommer-Saison 2024.

2. Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage

H1 2022/23: Nur 10 Prozent Umsatzplus aufgrund nachhaltiger Kaufzurückhaltung in Folge der unsicheren Rahmenbedingungen

Vor allem die immer noch geringe Vorjahresvorlage führte im ersten Quartal (Dezember 2022 - Februar 2023) zu einer Umsatzsteigerung von 39 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres (49,2 Mio. EUR, Q1 2021/22: 35,4 Mio. EUR). Das zweite Quartal 2022/23 (März - Mai 2023) verzeichnete einen Umsatzrückgang von -12,5 Prozent auf 39,3 Mio. EUR gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres (Q2 2021/22: 44,9 Mio. EUR). Diese Entwicklung im zweiten Quartal 2023 ist geprägt von den ersten Reaktionen auf die Bekanntgabe der Insolvenzantragstellung. Viele Kunden waren zunächst verunsichert, ob und wie der Geschäftsbetrieb weitergeführt wird, zudem musste die Abstimmung mit den Spediteuren erst installiert werden. Daher fielen einige der Umsätze aufgrund der Saisonalität der Waren aus, einige konnten aber auf das nächste Quartal verschoben werden. Weiterhin wirkten sich die dämpfen- den Effekte aus dem Krieg in der Ukraine, die getrübte Konsumstimmung sowie die starke Inflation in den ersten sechs Monaten des Ahlers Geschäftsjahres 2022/23 auf die Umsatzentwicklung aus. Daher fiel der Anstieg der Umsatzer- löse mit 8,2 Mio. EUR bzw. 10,2 Prozent auf 88,5 Mio. EUR (H1 2021/22: 80,3 Mio. EUR) deutlich geringer aus als geplant. Dabei lagen in Deutschland die Halbjahresumsätze mit +8,2 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres unter der Entwicklung im westeuropäischen Ausland (+15,3 Prozent). Die Umsätze in Osteuropa/Sonstige erhöhten sich um 9,3 Prozent.

Eigener Retail verzeichnet Umsatzanstieg von 9 Prozent

Im ersten Halbjahr hatte der eigene eCommerce Umsatzverluste von 11 Prozent zu verzeichnen, wobei die Entwicklung der eigenen Online-Shops mit +2 Prozent deutlich besser verlief als das Marktplatzgeschäft mit -17 Prozent. Zusam- mengenommen betrug der Anteil des eCommerce am Gesamtumsatz 6,9 Prozent. Dies ist ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr (8,6 Prozent), aber ein spürbarer Zuwachs gegenüber der Vor-Coronazeit (Anteil H1 2019: 5,6 Prozent). Die flächenbereinigten Umsätze des gesamten eigenen Retail bewegten sich mit einem Umsatzanstieg von 14,6 Prozent erkennbar oberhalb der allgemeinen Geschäftsentwicklung und konnten folglich die fehlenden Online-Umsätze kom- pensieren. Insgesamt blieb der Anteil des eigenen Retail am Gesamtumsatz nahezu stabil bei 16,0 Prozent (Vorjahr 16,2 Prozent).

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Ertragslage

Umsatzplus führt bei stabiler Rohertragsmarge zu deutlich verbessertem EBIT vor Sondereffekten

Im ersten Halbjahr 2022/23 blieb die Rohertragsmarge mit 46,4 Prozent auf Vorjahresniveau (Vorjahr 46,6 Prozent). Dabei hoben sich die Effekte aus dem konsequenten Abverkauf von Altwaren durch Preisnachlässe und geringeren Wertberichtigungen auf Saisonware gegenüber dem Vorjahr auf. Somit führte vor allem der höhere Umsatz zu einem Rohertragsanstieg um 3,7 Mio. EUR auf 41,1 Mio. EUR (9,9 Prozent, Vorjahr 37,4 Mio. EUR). Die betrieblichen Auf- wendungen, bestehend aus Personalkosten, dem Saldo aus betrieblichen Aufwendungen und Erträgen sowie den Abschreibungen, stiegen im Wesentlichen durch umsatzabhängige Kosten insgesamt um 1,1 Mio. EUR bzw. 2,5 Prozent. Die Personalkosten stiegen nur geringfügig um 0,2 Mio. EUR bzw. 1,1 Prozent auf -18,1 Mio. EUR. Die betrieblichen Aufwendungen erhöhten sich vor allem durch höhere Vertreterprovisionen und Logistikkosten im Berichtszeitraum um 0,8 Mio. EUR auf 23,1 Mio. EUR. Die Abschreibungen blieben nahezu stabil (-3,6 Mio. EUR, Vorjahr -3,5 Mio. EUR).

Zusammengenommen verbesserte sich das EBIT vor Sondereffekten um 2,6 Mio. EUR oder 41,3 Prozent auf -3,7 Mio. EUR. Während im ersten Halbjahr des vorigen Geschäftsjahres noch im geringeren Umfang Sondererträge aus den staatlichen Überbrückungshilfen das Ergebnis positiv beeinflusst haben, ergaben sich im ersten Halbjahr des Berichtsjahres Sonderaufwendungen aus außerplanmäßigen Beratungskosten, Währungsumrechnungsdifferenzen und im geringen Maß Abfindungen an ehemalige Mitarbeiter. Im Saldo sank das Netto-Ergebnis aus Sondereffekten um 2,3 Mio. EUR, von +1,1 Mio. EUR auf -1,2 Mio. EUR. Des Weiteren stieg der Zinsaufwand durch höhere Kreditinan- spruchnahmen und einem höheren Zinsniveau deutlich an. Diese beiden Einflussfaktoren (Sondereffekte und Finanz- ergebnis) führten dazu, dass das Ergebnis vor Ertragsteuern im ersten Geschäftshalbjahr 2022/23 um 0,6 Mio. EUR auf -6,7 Mio. EUR fiel (Vorjahr -6,1 Mio. EUR). Es wurden im geringen Umfang Steuern auf Gewinne im Ausland gebucht. Insgesamt ging das Konzernergebnis im Berichtszeitraum gegenüber dem Vorjahr um 15,0 Prozent zurück und lag nach den ersten sechs Monaten 2022/23 bei -6,9 Mio. EUR (Vorjahr -6,0 Mio. EUR).

Ertragslage

Umsatzerlöse

Rohertrag in % vom Umsatz Personalaufwand *

Saldo sonstige betr. Aufwendungen/Erträge *

EBITDA *

Abschreibungen

EBIT *

Sondereffekte

Finanzergebnis

Ergebnis vor Ertragsteuern

Ertragsteuern

Konzernergebnis

H1 2022/23

Mio. EUR

88,5

41,1

46,4 -18,1-23,1

-0,1

-3,6

-3,7

-1,2

-1,8

-6,7

-0,2

-6,9

H1 2021/22

Mio. EUR

80,3

37,4

46,6 -17,9-22,3

-2,8

-3,5

-6,3

1,1

-0,9

-6,1

0,1

-6,0

Veränderung in %

10,2

9,9

-1,1

-3,6

96,4

-2,9

41,3

-100,0

-9,8

n.a.

-15,0

  • vor Sondereffekten

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Ahlers AG published this content on 10 July 2023 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 13 July 2023 10:41:05 UTC.