HERZOGENAURACH (dpa-AFX) - Die Sportartikelhersteller Adidas und Puma bekommen die Auswirkungen des neuartigen Coronavirus immer stärker zu spüren. Da sich das Virus immer weiter ausbreitet, ist auch die Unsicherheit über die weitere Entwicklung groß. Die Adidas-Spitze setzte daher ihren Ausblick für das laufende Jahr unter Vorbehalt, Puma stellte seine erst vor wenigen Wochen gegebene Prognose komplett in Frage. Die Aktien der beiden Konkurrenten gerieten am Mittwoch unter Druck.

"Wenn sie zwei Wochen in ihrer Wohnung bleiben müssen, kaufen sie eher Milch und Seife anstatt Laufschuhe", beschrieb Adidas-Vorstandschef Kasper Rorsted bei der virtuellen Bilanzpressekonferenz die Situation. Die Veranstaltung war wegen Gesundheitsbedenken ins Internet verlegt worden. Derzeit lasse sich das gesamte Ausmaß auf das Geschäft nicht quantifizieren.

Vor allem das lukrative China-Geschäft leidet. Es gehört nicht nur zu den größten Märkten, sondern ist auch hoch profitabel. Das Land trug 2019 fast ein Viertel zum Gesamtumsatz von 23,6 Milliarden Euro bei. Mit einem währungsbereinigten Plus von 15 Prozent gehörte es zu den Wachstumstreibern. Das Geschäft dort sei zwischen Ende Januar und Ende Februar jedoch eingebrochen, erklärte Adidas. Der Hersteller hatte zahlreiche Läden schließen müssen. In den übrigen offenen Geschäften waren deutlich weniger Kunden. Im Februar habe Adidas daher auch alle Lieferungen nach China gestoppt, hieß es.

Seit Ende Februar verzeichne das Unternehmen zwar eine leichte Erholung, da Läden und Lagerhäuser langsam wieder öffneten. Für das erste Quartal erwartet der Sportartikelkonzern in China jedoch einen um bis zu einer Milliarde niedrigeren Umsatz als im Vorjahr. Das Betriebsergebnis dürfte um 400 bis 500 Millionen Euro schwächer ausfallen. Die Produktion laufe in China jedoch wieder zum Großteil, die Beschaffung weltweit wurde den Angaben zufolge bislang nicht beeinträchtigt.

Die Entwicklung in Japan und Südkorea wurde ebenfalls belastet, wenn jedoch in deutlich geringerem Maße. Hier sieht Adidas bislang Umsatzeinbußen von 100 Millionen Euro. Wie es in Europa weitergeht, ist offen. Derzeit gebe es noch keine "signifikanten" Auswirkungen, sagte Rorsted. Doch ist zum Beispiel Italien aktuell nahezu abgeriegelt, in anderen europäischen Ländern steigen die Fallzahlen. Sportveranstaltungen werden abgesagt oder finden ohne Zuschauer statt. Und es ist noch nicht endgültig klar, ob Großereignisse wie die Fußball-Europameisterschaft und die olympischen Spiele wie geplant stattfinden. Nach aktuellem Stand sollen die Termine bestehen bleiben.

Rorsted wollte keine Prognose abgeben, ob die EM und die olympischen Spiele stattfinden. Seine Meinung dazu sei "nicht relevant", sagte er. Er schätzt die finanziellen Auswirkungen für Adidas jedoch als eher marginal ein und beziffert die Umsatzausfälle bei einer Verschiebung auf insgesamt 50 bis 70 Millionen Euro.

Wegen der Unsicherheit hat Adidas mögliche Corona-Folgen aus seinem Ausblick ausgeklammert. Die Entwicklung in China wird derzeit separat betrachtet. Für 2020 sieht Adidas ein währungsbereinigtes Umsatzplus von 6 bis 8 Prozent. Im Vorjahr waren die Erlöse währungsbereinigt um 6 Prozent auf 23,6 Milliarden Euro gestiegen. Aus dem fortgeführten Geschäft soll ein Gewinn von 2,1 bis 2,16 Milliarden Euro hängen bleiben, dies entspräche einem Plus von 10 bis 13 Prozent verglichen mit 1,92 Milliarden Euro 2019. Für das erste Quartal geht Rorsted infolge der Corona-Einbußen jedoch um einen mehr als zehnprozentigen Umsatzrückgang aus.

Konkurrent Puma hat dagegen bereits den Rückwärtsgang eingelegt. Der Herzogenauracher Lokalrivale zeigte sich deutlich pessimistischer als noch zur Bilanzpressekonferenz Mitte Februar. Der damals gegebene Ausblick habe auf der Annahme basiert, dass sich die Situation kurzfristig normalisiere, teilte der Konzern mit. Eine kurzfristige Verbesserung sei jedoch nicht absehbar.

Puma nennt als Gründe nicht nur China, sondern auch die negativen Auswirkungen auf andere asiatische Länder und die Verbreitung des neuartigen Virus auf Europa und die USA. Eine Vorhersage zur Geschäftsentwicklung in den kommenden Wochen und Monaten sei derzeit unmöglich, teilte Puma mit. Den negativen Effekt auf Umsatz und Gewinn könne das Unternehmen nicht beziffern.

Bei der Bilanz-Pressekonferenz hatte Puma für 2020 noch deutliche Zuwächse bei Umsatz und Gewinn in Aussicht gestellt. Das operative Ergebnis (Ebit) sollte von 440 Millionen auf 500 bis 520 Millionen Euro steigen, der Konzerngewinn sich von 262 Millionen Euro 2019 deutlich verbessern. Beim Umsatz erwartete Puma einen währungsbereinigten Anstieg von rund 10 Prozent. Damals hatte sich Konzernchef Björn Gulden noch zuversichtlich gezeigt, dass die Probleme kurzfristig bereinigt werden könnten.

Diese Annahme hat nun keinen Bestand mehr. Das Virus habe den Verkauf und die Beschaffung belastet, erklärte Puma. In China gebe es dabei wieder erste Anzeichen einer Verbesserung. Die meisten Läden dort seien wieder geöffnet. Die Kundenfrequenz habe sich am Wochenende leicht erholt. Die Fabriken hätten ihre Arbeit wieder aufgenommen, auch die Logistik funktioniere zum größten Teil wieder. Weniger als 20 Prozent des internationalen Beschaffungsvolumens komme aus China.

Andere Märkte wie Singapur, Malaysia, Japan und Südkorea, die normalerweise von chinesischen Touristen profitierten, seien von einem starken Umsatzrückgang betroffen, berichtete Puma weiter. Dazu verbreite sich das Virus auch in Europa. Dort seien die Läden bis auf wenige Ausnahmen geöffnet. In Norditalien hätten die Behörden kürzere Öffnungszeiten verhängt. In ganz Europa kämen weniger Kunden in die Puma-Läden.

Die Aktien beider Hersteller verloren deutlich. Der Puma-Kurs rutschte um mehr als 3 Prozent ab, das Adidas-Papier verlor mit über 8 Prozent sogar deutlich mehr. Zwischenzeitlich fiel der Kurs auf die 200 Euro-Marke - so niedrig wie lange nicht mehr. Erst Mitte Januar 2020 hatte der Adidas-Kurs mit 317,45 Euro den bislang höchsten Stand seiner knapp 25-jährigen Börsengeschichte erreicht.

Die weitere Geschäftsentwicklung lasse sich nur in begrenztem Maß vorhersagen, schrieb Analystin Zuzanna Pusz von UBS. Aber selbst ohne die Auswirkungen durch das Coronavirus lägen die Prognosen des Dax-Konzerns "nur" im Rahmen der Markterwartungen. Auch bei Puma sehen Analysten nun das Risiko, dass sie ihr Gewinnschätzungen senken müssten./nas/stw/jha/