"Es gibt im Aufsichtsrat der Deutschen Bank gegenwärtig niemanden, der kurzfristig auf eine Fusion mit der Commerzbank setzt", sagte Bsirske am späten Donnerstagabend vor Journalisten in Berlin. Der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft ist Mitglied im Aufsichtsrat von Deutschlands größtem Geldhaus. Beide Banken hätten eine ganze Reihe von Hausaufgaben, die sie zunächst lösen müssten. "Ob eine Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank in einigen Jahren Sinn machen kann, das mag eine Rationalität haben. Aber derzeit sind die Bedingungen dafür definitiv nicht reif", sagte er. "Und von daher ist das auch kein aktuelles Thema."

Zu den Hausaufgaben der Deutschen Bank zählte Bsirske das Investmentbanking, die Komplexität der Organisation wie auch die Infrastruktur und ihre Verbesserung. "Vergleichbares trifft auch auf die Commerzbank zu", sagte der Gewerkschaftschef. Alle seien gut beraten, diesen Aufgaben nachzugehen und sie zu lösen.

Den zuletzt entstandenen Eindruck, Bundesfinanzminister Olaf Scholz dringe auf eine Fusion der beiden Institute, dämpfte Bsirske: "Herr Scholz ist interessiert daran, sich ein Bild zu machen von der Situation, von der Einschätzung dieser Frage in den jeweiligen Häusern", sagte er. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass er dazu Gespräche führt. Ich bin mir aber auch ziemlich sicher, dass er nicht gegen die betriebswirtschaftliche Rationalität und die Prioritätensetzung, die in diesen Häusern derzeit erfolgt, versucht, Einfluss zu nehmen. Das wäre ja völlig kontraproduktiv." Scholz hat mehrfach die Bedeutung einer starken deutschen Großbank betont und kritisiert, dass es in den vergangenen Jahren in Deutschland keine Industriepolitik in der Finanzbranche gegeben habe.

SEWING "EINE WIRKLICH SEHR GUTE BESETZUNG"

Auf die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Fusion der Deutschen Bank mit einem Geldinstitut im Ausland angesprochen sagte Bsirske, diese wäre etwas Gutes, "wenn man sich marktmäßig wechselseitig" ergänze. Derzeit sei der Aktienkurs und damit die Marktkapitalisierung der Deutschen Bank dafür aber zu niedrig, begründete der Verdi-Chef seine Vorbehalte. "Das würde ja bedeuten, dass man im Grunde als Minderheitsteilhaber in eine solche Fusion reingeht. Und das ist derzeit ganz sicher nicht das Mittel der Wahl."

Dies sei seine "klare Einschätzung zum Thema der Aktualität" einer Fusion, fügte Bsirske hinzu und sprach Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing sein Vertrauen aus. "Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, den ich für eine wirklich sehr gute Besetzung halte, hat daran ja keinen Zweifel gelassen. Und diese Position wird weithin geteilt." Deutsche Bank, Commerzbank und Bundesfinanzministerium wollten die Äußerungen von Bsirske am Freitag nicht kommentieren.