--Altmaier: Wachstum verschoben und nicht aufgehoben

--Lieferengpässe und Energiekosten dämpfen Wachstum

--Inflationsdruck sollte im ersten Quartal nachlassen

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Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung hat ihre Konjunkturprognose für dieses Jahr aufgrund von Lieferengpässen in der Wirtschaft und der hohen Energiekosten deutlich gesenkt. Der solide Aufschwung verschiebt sich damit aus Sicht der Bundesregierung auf das Jahr 2022. Für das kommende Jahr erwartet die Bundesregierung ein Wirtschaftswachstum von 4,1 Prozent nach 2,6 Prozent in diesem Jahr.

Die deutsche Wirtschaft werde erst zum Ende des ersten Quartals 2022 wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht haben und damit ein Quartal später als zuvor angenommen. "Das Wachstum ist nur verschoben und nicht aufgehoben", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bei der Vorstellung der neuen Konjunkturprognose.

Im April war die Bundesregierung noch von einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in diesem Jahr um 3,5 Prozent ausgegangen. Für das kommende Jahr erwartet die Regierung mit 4,1 Prozent eine deutliche Wachstumsbeschleunigung. Bislang hatte sie ein Wachstum von 3,6 Prozent erwartet. Für 2023 geht die Regierung von einem BIP-Wachstum von 1,6 Prozent aus.

"Die Herbstprojektion zeigt, dass Deutschland nach der Corona-Krise wieder auf dem Wachstumspfad ist. Das umfangreiche Hilfspaket der Bundesregierung hat Wirtschaft und Arbeitsmarkt in der Krise stabilisiert", erklärte Altmaier. "In diesem Jahr kommt es angesichts der aktuellen Lieferengpässe und weltweit hoher Energiepreise nicht zum erhofften Schlussspurt. In 2022 gewinnt die Wirtschaft deutlich an Fahrt."


Konsum als Triebfeder - Lieferengpässe für verarbeitendes Gewerbe 

Insgesamt sei die deutsche Wirtschaft zweigeteilt. Einerseits habe sich die Stimmung der Dienstleister durch den Impffortschritt in den letzten Monat stark verbessert. Der private Konsum sei im Moment die Triebfeder der wirtschaftlichen Erholung. Andererseits leide das verarbeitende Gewerbe angesichts der nach dem Corona-Krisenjahr 2020 weltweit anziehenden Konjunktur unter einer historisch einmaligen Knappheit an Vorleistungsgütern. Das bremse die Industriekonjunktur insbesondere im dritten und vierten Quartal 2021 aus.

"Die Nachfrage nach deutschen Produkten auf den Weltmärkten bleibt aber nach wie vor hoch. Wenn sich die Lieferengpässe schrittweise auflösen, kommt es in 2022 zu deutlichen Aufholeffekten", erklärte das Wirtschaftsministerium.

Allerdings warnte Altmaier, dass steigende Infektionszahlen mit dem Coronavirus auch ohne neuen Lockdown zu "negativen wirtschaftlichen Auswirkungen" in den Wintermonaten schwächen könnten. Die aktuellen Corona-Infektionsahlen seien beunruhigend. Daher sei es wichtig, Abstand zu halten und Masken zu tragen.


Inflationsentwicklung beruhigt sich 2022 

Der jüngste Anstieg der Inflationsrate sei ein Ergebnis der Lieferengpässe und der zuletzt stark gestiegenen Energiepreise, so das Ministerium. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Inflationsrate bereits zum Jahreswechsel 2021/22 wieder ein deutlich niedrigeres Niveau erreicht, da dann Sonderfaktoren, wie der Basiseffekt der befristeten Senkung der Umsatzsteuersätze, im zweiten Halbjahr 2020 wegfallen.

Altmaier erwartet, dass die Inflationsentwicklung in ersten Monaten 2022 an Dynamik verlieren wird. In der Herbstprojektion erwartet die Bundesregierung Inflationsraten von 3,0 Prozent im Jahr 2021, 2,2 Prozent im Jahr 2022 und 1,7 Prozent im Jahr 2023. Die deutschen Verbraucherpreise waren zuletzt im Jahresvergleich um 4.1 Prozent gestiegen.

Da die Herbstprojektion der Bundesregierung Grundlage für die Steuerschätzung im kommenden Monat ist, wirkt sich diese auf die aktuellen Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP über das Regierungsprogramm in den kommenden vier Jahren aus.

Die Steuerschätzer geben ihre neuen Berechnungen am 11. November bekannt. Auf dieser Basis wird die mittelfristige Finanzplanung der Bundesregierung berechnet und Ausgabenspielräume im Bundeshaushalt beziffert.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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October 27, 2021 07:28 ET (11:28 GMT)