Berlin/Frankfurt (Reuters) - Die Bundesregierung will prüfen, ob Bauteile etwa der chinesischen Ausrüster Huawei und ZTE aus deutschen Mobilfunknetzen verbannt werden sollten.

Dabei würden auch die Sicherheitsrisiken bereits verbauter Netz-Komponenten untersucht, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin am Dienstag. Die Prüfung richte sich nicht gegen bestimmte Anbieter, fügte er mit Blick auf chinesische Firmen hinzu. Es gehe darum, die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern zu verringern. Finanzminister Christian Lindner (FDP) formulierte es so: "Wir können nicht abhängig sein von Komponenten einzelner Hersteller. Und erst recht darf nicht kritische Infrastruktur kompromittierbar sein durch Hintertüren", sagte er dem Sender Welt TV.

Zuvor hatte eine mit der Angelegenheit vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters Berichte bestätigt, dass die Regierung ihre Sicherheitsprüfungen so verschärfen könnte, dass dies zum Ausschluss bestimmter chinesischer Komponenten aus dem 5G-Netz führen könne. Geprüft werden soll dies nun auf Grundlage der 2021 geänderten Gesetze in den Kern- und Zugangsnetzen.

VERDACHT GEGEN HUAWEI UND ZTE

Wegen ihrer Nähe zur Regierung in Peking stehen chinesische Firmen wie Huawei in zahlreichen Staaten seit langem unter verschärfter Beobachtung. Die Sorge ist, dass China direkt oder indirekt Zugriff auf Daten der Mobilfunknutzer erhalten könnte. Daher hatten die USA Huawei und ZTE bereits 2020 als Gefahr für die nationale Sicherheit eingestuft und die Beschränkungen für US-Exporte an Huawei vor einigen Wochen noch einmal verschärft.

Die Bundesregierung hatte 2021 zwar hohe Hürden für die Zulassung von Firmen als Lieferanten für den Aufbau moderner 5G-Mobilfunknetze erlassen. Sie verzichtete aber auf ein Verbot von Bauteilen von Huawei oder ZTE. Hintergrund sind nach Angaben aus Regierungskreisen rechtliche Probleme beim Ausschluss einzelner Firmen und die Sorge vor chinesischen Gegenmaßnahmen. Andere Länder in Europa sind da strenger: Schweden etwa hat seinen Mobilfunkfirmen auferlegt, bis zum 1. Januar 2025 chinesische Komponenten aus ihren Netzen zu entfernen. In Großbritannien sollen bis zum Ende diesen Jahres Huawei-Bauteile aus den Kernnetzen verschwinden. Ab Ende 2027 dürfen keinerlei Produkte des Konzerns mehr verwendet werden. In Frankreich sollen Mobilfunker Lizenzen für Ausrüstung, die Huawei-Komponenten beinhaltet, nicht erneuern können, was einem Verbot gleichkommt.

In Regierungskreisen in Berlin hieß es, dass man noch nicht genau sagen könne, welche Komponenten des 5G-Netzes betroffen seien. Ein Sprecher des Innenministeriums betonte, dass man bei einem Ausbau nicht mit Entschädigungen für die betroffenen Mobilfunkfirmen rechne. Dies sehe das geltende Gesetz nicht vor.

"DEUTSCHLAND HINKT HINTERHER"

"Dies ist ein Zeichen dafür, dass die Bundesregierung China-bezogene Risiken für die nationale Sicherheit endlich ernst nehmen könnte", kommentierte Noah Barkin, Experte für deutsch-chinesische Beziehungen bei der Analysefirma Rhodium. "Aber nach Jahren des Zögerns ist das deutsche 5G-Netz stark von chinesischen Anbietern abhängig. Es wird viele Jahre dauern, dies aufzulösen." Auch Thorsten Benner, China-Experte und Mitgründer der Denkfabrik Global Public Policy Institute (GPPi), ist skeptisch: "Wir haben viereinhalb Jahre lang ernsthaft über Huawei und 5G debattiert und sind immer noch nicht zu einem Ergebnis gekommen." Deshalb hinke Deutschland hinterher.

Huawei hat den Spionagevorwurf mehrfach zurückgewiesen, wollte zu den aktuellen Plänen der Bundesregierung aber nichts sagen. Die betroffenen deutschen Mobilfunk-Anbieter äußerten sich zurückhaltend. "Die Deutsche Telekom beteiligt sich nicht an politischen Spekulationen und potenziellen Konsequenzen", sagte ein Sprecher des Bonner Konzerns. Außerdem wies er darauf hin, dass sein Unternehmen bereits 2019 entschieden habe, chinesische Ausrüster aus dem Mobilfunk-Kernnetz herauszunehmen. Ein Sprecher der Firma ZTE sagte, die Produkte seien sicher. Man erfülle die deutschen Sicherheitsstandards.

Vodafone Deutschland verwendet eigenen Angaben zufolge im Kernnetz keine Bauteile von Huawei. Lediglich in unkritischen Bereichen kämen Komponenten von diesem Anbieter zum Einsatz. Ähnlich äußerte sich die o2-Mutter Telefonica Deutschland.

(Mitarbeit von Alexander Ratz, Hakan Ersen und Supantha Mukherjee; Redigiert von Sabine Wollrab.; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

- von Andreas Rinke und Sarah Marsh