Zugleich forderte Scholz die Volksrepublik in einem Beitrag für das Politik-Magazin "Foreign Affairs" aber auf, sich an UN-Regeln zu halten und Wettbewerbsgleichheit für europäische Firmen zuzulassen. Der Kanzler widersprach in dem auf Deutsch und Englisch erschienenen Beitrag der Einschätzung, dass sich die Welt in eine neue Ära der Bipolarität zwischen den USA und China hineinbewege. "Ich teile diese Ansicht nicht", schrieb er. Während der Phase der Globalisierung nach dem Kalten Krieg sei auch China zu einem "Global Player" geworden, wie es dies bereits früher in der Weltgeschichte über lange Zeiträume gewesen sei. "Chinas Aufstieg ist weder eine Rechtfertigung für die Isolation Pekings noch für eine Einschränkung der Zusammenarbeit", schrieb Scholz.

"Aber zugleich rechtfertigt Chinas wachsende Macht auch keine Hegemonialansprüche in Asien und darüber hinaus", fügte er hinzu. Er habe bei einem Besuch in Peking deshalb auch seine Sorgen über die wachsende Unsicherheit im Südchinesischen Meer und in der Straße von Taiwan geäußert sowie auf Chinas Haltung zu Menschenrechten und individuellen Freiheitsrechten hingewiesen. "Die Achtung der Grundrechte und Grundfreiheiten kann niemals eine 'innere Angelegenheit' eines einzelnen Staates sein, denn alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen haben sich dazu bekannt, diese Rechte und Freiheiten zu wahren."

Zugleich mahnte der Kanzler gleiche Wettbewerbsbedingungen für europäische und chinesische Unternehmen an. "China tut in dieser Hinsicht zu wenig und hat erkennbar einen Pfad in Richtung Isolation und weg von Offenheit eingeschlagen", kritisierte Scholz. Er verwies auf andere Weltregionen, die sich nun entwickelten. Diese Regionen hätten jedes Recht darauf, die Chancen durch die Globalisierung zu ergreifen und auch größere Mitsprache in globalen Fragen zu fordern. Deutschland und die EU investierten in neue Partnerschaften mit Ländern in Afrika, Asien, der Karibik und Lateinamerika. Hintergrund ist auch der Versuch, die deutsche und europäische Wirtschaft unabhängiger von China zu machen.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Christian Rüttger; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)