ERFURT (dpa-AFX) - Viele Flüchtlinge wollen bereits während ihres laufenden Asylverfahrens eine Arbeit aufnehmen. Die Zahl der Anträge von Asylbewerbern auf eine Arbeitsmarktzulassung in Deutschland habe sich im vergangenen Jahr mehr als vervierfacht, berichtet die "Thüringer Allgemeine" (Montag) unter Berufung auf eine Auswertung der Bundesagentur für Arbeit. Danach hätten 2015 bundesweit 55 688 Asylbewerber und Geduldete bei Arbeitsagenturen eine entsprechende Erlaubnis beantragt. 2014, vor dem großen Flüchtlingsandrang, seien es nur 12 387 gewesen.

Die überwiegende Zahl der Asylbewerber hat die Arbeitserlaubnis dem Bericht zufolge auch erhalten. Nach Angaben der Nürnberger Behörde habe die Zustimmungsquote der Arbeitsagenturen bundesweit bei 70,3 Prozent gelegen. 12,4 Prozent aller Anträge seien abgewiesen worden, weil die Beschäftigungsbedingungen deutsche Standards unterlaufen hätten, etwa den Tarif- oder Mindestlohn. Nur in 8,6 Prozent der Fälle sei den Flüchtlingen die Arbeitserlaubnis verweigert worden, weil die Vorrangprüfung ergeben habe, dass ein deutscher oder EU-Arbeitnehmer für den Job in Frage komme.

Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) forderte die Aussetzung der Vorrangprüfung: "Die Vorrangprüfung bindet Arbeitskapazitäten in der Bundesagentur für Arbeit und verlängert für den Asylbewerber in jedem Fall die Zeit bis zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt", sagte er der Zeitung. Um die schnelle Integration zu gewährleisten, sollte sie zumindest zeitweise entfallen.

Asylbewerber, die noch nicht anerkannt sind, haben in den ersten 15 Monaten keinen freien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. In den ersten drei Monaten nach der Einreise besteht ein generelles Arbeitsverbot, anschließend müssen sie, nachdem sie eine Stelle gefunden haben, zunächst eine Erlaubnis bei der Arbeitsagentur beantragen und die sogenannte Vorrangprüfung durchlaufen./wn/DP/men