FRANKFURT (dpa-AFX) - Die deutsche Wirtschaft ist im vergangenen Jahr spürbar schwächer als in den Jahren zuvor gewachsen. Mit 1,5 Prozent lag das Wachstum so niedrig wie seit 2013 nicht mehr. Positiv ist jedoch, dass eine technische Rezession, also zwei Quartale in Folge mit schrumpfender Wirtschaftsleistung, vermieden wurde. Was sagen Ökonomen zu den Zahlen?

MICHAEL HEISE, CHEFVOLKSWIRT ALLIANZ:

"Nach einer langen Aufschwungphase ist der Konjunktur im zweiten Halbjahr 2018 zunächst die Luft ausgegangen. Die zwischenzeitliche Sorge vor einem wirtschaftlichen Absturz hat sich wohl als übertrieben herausgestellt. Einiges spricht dafür, dass die Konjunktur bereits Ende 2018 wieder auf die Beine gekommen ist. Wir halten vorerst an unserer bisherigen Wachstumsprognose von 1,7 Prozent für dieses Jahr fest."

JÖRG KRÄMER, CHEFVOLKSWIRT COMMERZBANK:

"Entgegen manchen Befürchtungen ist das deutsche Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal nicht zum zweiten Mal in Folge gefallen, sondern hat sich leicht erholt. Damit ist eine in angelsächsischen Ländern übliche Rezessions-Definition nicht erfüllt. Weil sich die Autoproduktion bald von den Problemen mit neuen Abgastests erholen sollte, dürfte die deutsche Wirtschaft auch im ersten Quartal wachsen. Letztlich dürfte es zu keiner Rezession kommen, weil die niedrigen EZB-Zinsen die Binnennachfrage wohl weiter anfachen und die chinesische Konjunktur nicht einbrechen wird."

MICHAEL HOLSTEIN, LEITER VOLKSWIRTSCHAFT DZ BANK:

"Die neuen Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt zeigen, dass die deutsche Wirtschaft im zweiten Halbjahr 2018 eine Wachstumsdelle verzeichnet hat. Besonders in der Industrie lief es seit Jahresmitte nicht mehr rund. In der Autoindustrie haben die neuen Abgasstandards und die Dieselproblematik zu erheblichen Verwerfungen geführt. In anderen Industriesparten wie etwa der Chemie sorgte das Niedrigwasser im Herbst für Stocken in der Produktion. Gleichzeitig hat auch die globale Nachfrage nach deutschen Industrieprodukten vor dem Hintergrund der diversen politischen Belastungen an Schwung verloren. (...) Das sorgt auch dafür, dass es 2019 nicht mehr so dynamisch weitergehen wird wie in den Vorjahren."

THOMAS GITZEL, CHEFVOLKSWIRT VP BANK:

"Deutschland schrammt an einer Rezession vorbei. Das ging also gerade noch einmal gut. Der BIP-Zuwachs von 1,5 Prozent für das Gesamtjahr impliziert eine positive Wachstumsrate für die Monate Oktober bis Dezember. (...) Dass es bei einem blauen Auge blieb, ist vor allem dem robusten privaten Konsum und den Investitionen zu verdanken. (...) Das Jahr 2018 zeigt einmal mehr wie verwundbar die deutsche Wirtschaft ist. Leidet die Autoproduktion oder schwächeln wichtige Handelspartner wie China, geht es rasch bergab."

UWE BURKERT, CHEFVOLKSWIRT LBBW:

"Das BIP hat 2018 in der erwarteten Größenordnung zugelegt. Ganz sicher war es ja nicht, aber es scheint zumindest, als ob wir im vierten Quartal noch Wachstum gesehen haben. Damit sind wir nicht in einer "technische Rezession". Aber kann das beruhigen? Wir haben schlechte Zahlen aus der Industrie gesehen und auf breiter Front fallende Frühindikatoren. Es ist gut, dass die USA und China am Verhandlungstisch sitzen, aber dann wären da noch der Brexit und die politische Lage in Frankreich und Italien. Der nächste Abschwung könnte vor allem Europa schlecht vorbereitet treffen."

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