Börsen-Zeitung: Basislagerei, Kommentar zur SPD von Angela Wefers
   Frankfurt (ots) - Die SPD hat einen Ruf als Diskussionspartei zu 
verteidigen. Kritische Stimmen beflügeln die Sozialdemokratie. Dafür 
lieben sie ihre Anhänger, die zugleich leicht verachtend auf andere 
Parteien schauen, wo die Basis klaglos und dumpf ihrer Führung zu 
folgen scheint.

   Nach dem mühsam errungenen Abschluss der Sondierung zu einer 
möglichen großen Koalition in Berlin liefert die Sozialdemokratie nun
aber ein Paradebeispiel, wie Diskussionsfreudigkeit alles zerreden 
und die Partei womöglich zerreißen kann. Die Wirkung auf die 
Deutschen, die eine handlungsfähige Regierung herbeisehnen, ist 
verheerend.

   Kritiker einer Groko in der SPD wollen manchen Kompromiss in der 
Sondierungsvereinbarung wieder aufschnüren. Selbst 
SPD-Vizevorsitzende wie Ralf Stegner und Malu Dreyer, die am 
Verhandlungstisch saßen, verlangen Nachbesserung. Es ist ein 
Misstrauensvotum gegen die eigene Führung. Parteichef Martin Schulz, 
den die Basis mit einem Votum von 100% als Erlöser ins Amt hob und 
beim Parteitag im Dezember immerhin noch mit knapp 82% bestätigte, 
muss nun um Zustimmung der Delegierten bangen. Die praktizierte 
Linientreue bei CDU und CSU zur Parteiführung ist eben kein Ausweis 
von Mangel an Meinung, sondern von disziplinierter Geschlossenheit. 
Nur so lassen sich Vorhaben durchsetzen. Auch den Anhängern der Union
wird nicht alles am Sondierungsergebnis schmecken. Sie vertrauen aber
darauf, dass ihre Unterhändler das Beste herausgeholt haben. Schulz 
und die frischgebackene SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles haben 
dieses Vertrauen offensichtlich nicht.

   Richtig ist, dass der Sondierung noch Koalitionsverhandlungen 
folgen. Diese können aber nur in dem von den Sondierern abgesteckten 
Rahmen verfeinert werden. Dafür hat die SPD selbst gesorgt, als sie 
das Parteitagsvotum für den Start von Koalitionsverhandlungen 
beschloss. Die Sondierer mussten für den Parteitag schon eine 
konkrete Vorlage schaffen, wenn sie die Delegierten ernst nehmen. Wer
nun Nachbesserung fordert, geht davon aus, dass diese zum Nulltarif 
zu haben wäre. Ein aufgeschnürter Kompromiss weckt jedoch berechtigte
Begehrlichkeit auf der Gegenseite. Das sollten die Kritiker bedenken 
und gleich sagen, was sie zu geben bereit sind. Wer fundamental gegen
die Groko opponiert, wie die Jusos mit ihrem Vorsitzenden Kevin 
Kühnert, gewinnt zwar in der Abteilung Agitation, profiliert sich 
aber auf Kosten der Stabilität in der Partei. Mit neuen Inhalten wäre
dieser Truppe ohnehin nicht zu helfen.

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