Börsen-Zeitung: Angst vor der Fed, Marktkommentar von Dieter
Kuckelkorn
Frankfurt (ots) - So haben sich die Börsianer diesseits und
jenseits des Atlantiks den Jahresauftakt sicherlich nicht
vorgestellt. Bis einschließlich Donnerstag, also inklusive der herben
Verluste, die die Apple-Umsatzwarnung ausgelöst hat, büßte der Dow
Jones 2,8 Prozent ein und der wichtigste US-Benchmarkindex S&P 500
rund 2,5 Prozent. Dies summiert sich zum schlechtesten Start in ein
neues Börsenjahr seit 2000.
Es gibt also gewissermaßen einen nahtlosen Anschluss an das
Aktienjahr 2018, das nach Einschätzung der DZ Bank ein Jahr voller
Negativrekorde gewesen ist. Die Marktkapitalisierung der Weltbörsen
sei 2018 seit dem Hoch vom 26. Januar um mehr als 14 Bill. Dollar
geschrumpft. US-Aktien allein büßten seit ihrem 2018er Hoch rund 5
Bill. Dollar an Kapitalisierung ein. 2018 ist laut DZ Bank auch das
erste Jahr seit 1994 gewesen, in dem Bargeld mehr Ertrag einbrachte
als Aktien und Anleihen.
Zwar hat sich das Kursniveau am Freitag deutlich erholt. Dabei
könnte es sich allerdings um eine lediglich technisch bedingte und
damit kurzlebige Erholung handeln, die von einigen wenigen positiven
Nachrichten wie der Senkung der Reservesätze durch die chinesische
Notenbank und dem besser als erwartet ausgefallenen Monatsbericht vom
US-Arbeitsmarkt herbeigeführt wurde. Zahlen vom Arbeitsmarkt sind
stets ein nachlaufender konjunktureller Indikator.
Ausgelöst wurde die Misere zuvor dadurch, dass Apple-Konzernchef
Tim Cook in seiner Warnung ausdrücklich auf eine schwache Nachfrage
in China verweist - die bedeutendste Volkswirtschaft Asiens stand
auch vorher schon wegen der zu beobachtenden konjunkturellen
Abschwächung unter verschärfter Beobachtung der Marktteilnehmer.
Hinzu kommt, dass sich die Frühindikatoren auch für die
US-Volkswirtschaft eintrüben: Der am Donnerstag veröffentlichte
US-Einkaufsmanagerindex für die verarbeitende Industrie kam deutlich
schwächer herein als erwartet.
Nun müsste die Lage bei dem kalifornischen Konzern die
Marktteilnehmer nicht unbedingt in Depressionen stürzen. Apple steht
längst nicht mehr an vorderster Front des technologischen
Fortschritts. Es handelt sich bei dem Unternehmen inzwischen um einen
überbewerteten und unbeweglichen Riesen, der in reifen Märkten wie
Personal Computer und Smartphones tätig ist. Während sich die
Apple-Zulieferer zu Recht große Sorgen machen, könnte es in anderen
Bereichen der Technologiebranche nach wie vor deutlich positiver
aussehen - auch wenn dies vielen Anlegern derzeit kaum zu vermitteln
ist.
Schwerer wiegt, dass sich das konjunkturelle Umfeld weltweit
eintrübt, während die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) an ihrer
Politik der Zinserhöhungen festhält - wenn auch in einer mittlerweile
abgeschwächten Form: Per Ende 2020 sehen die Mitglieder des für die
Geldpolitik zuständigen Offenmarktausschusses der Fed den Leitzins im
Schnitt nur noch bei 3,1 Prozent. Möglicherweise muss die Fed den
Versuch der Normalisierung der Geldpolitik aber auch gänzlich
abbrechen.
Am Donnerstag jedenfalls betrug die Rendite zweijähriger
US-Staatsanleihen zeitweise weniger als der Mittelwert der aktuellen
Zielgröße der Fed Funds Rate von 2,25 Prozent bis 2,5 Prozent bei
etwa 2,4 Prozent. Das Szenario möglicher Zinssenkungen durch die Fed
erscheint plötzlich nicht mehr abwegig. Gemäß Daten des
US-Börsenbetreibers CME Group rechnen aktuell bereits 43 Prozent der
Marktteilnehmer in den USA mit einer Zinssenkung bis Ende 2019. Dabei
handelt es sich zwar nach wie vor um eine Minderheit, aber eine
bedeutende und wachsende Minorität. Solange aber die Fed keine
Bereitschaft für eine Kehrtwende erkennen lässt, werden sich die
Anleger zurückhalten. Allerdings hat ihr Chairman Jerome Powell am
Freitag, auf die Angst des Marktes eingehend, immerhin die
Bereitschaft angedeutet, den Zinserhöhungskurs bei Bedarf anzupassen.
Im neuen Jahr hat es auch bereits eine prominente Kürzung der
Prognose für den US-Aktienmarkt gegeben. Tobias Levkovich,
US-Chefstratege für Aktien bei der Citigroup, hat sein Jahresendziel
für den S&P 500 von 3100 Punkten auf 2800 Zähler zurückgenommen.
Ausgehend vom aktuellen Niveau des US-Index würde das zwar noch auf
einen recht stattlichen Anstieg von mehr als 11 Prozent im laufenden
Jahr hinauslaufen. Die Herabstufung muss allerdings noch nicht das
letzte Wort sein, da Analysten gemächliche Anpassungen ihrer
Prognosen an die Realität bevorzugen.
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