(Reuters) - Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un ist am Dienstag in Russland zu Gesprächen mit Präsident Wladimir Putin angekommen.

"Es handelt sich um einen vollwertigen Besuch", sagte der Sprecher des russischen Präsidialamtes, Dmitri Peskow, der damit entsprechende Berichte über Kims Ankunft bestätigte. Es gebe Verhandlungen zwischen den beiden Delegationen und falls nötig, würden Kim und Putin ihr Gespräch unter vier Augen fortführen.

Kim war nordkoreanischen Staatsmedien zufolge am Sonntag in seinem Privatzug aus der Hauptstadt Pjöngjang abgereist. Der Zug habe am Morgen in "einer Atmosphäre absoluter Geheimhaltung" den Bahnhof Chasan erreicht, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Interfax am Dienstag. Chasan ist eine Ortschaft im russischen Föderationskreis Ferner Osten und liegt im Dreiländereck von Russland, China und Nordkorea. Dort habe Kim den Zug kurz verlassen, um von örtlichen Vertretern begrüßt zu werden.

Der Fernsehsender Rossija-1 zeigte Aufnahmen, in denen grüne Waggons und eine Lokomotive der Russischen Eisenbahn zu sehen waren, die einen Fluss überquerten. Geplant ist ein Treffen Kims mit Putin in Wladiwostok. Die russische Hafenstadt liegt rund 130 Kilometer von der Grenze zu Nordkorea entfernt an der Pazifik-Küste. Putin war nach russischen Angaben bereits am Montag in Wladiwostok angekommen, um an einem Wirtschaftsforum teilzunehmen, das bis Mittwoch stattfindet.

Bei dem Treffen zwischen Putin und Kim dürfte es unter anderem um Waffenlieferungen gehen. Dafür spricht Analysten zufolge die aus Nordkorea mitgereiste Delegation, darunter hochrangige Vertreter des Militärs und der Rüstungsindustrie. So ist unter anderem der Direktor der Munitionsindustrie Jo Chun Ryong dabei. Nordkorea könnte Russland für seinen Krieg in der Ukraine Artilleriemunition und Panzerabwehrraketen liefern. Im Gegenzug könnte das weitgehend abgeschottete Nordkorea von Russland moderne Technik für Satelliten und Atom-U-Boote erhalten. Auch Lebensmittel könnte Russland dem armen Nachbarland liefern. So sagte der russische Vize-Außenminister Andrej Rudenko russischen Nachrichtenagenturen zufolge am Dienstag, Putin und Kim würden wohl über humanitäre Hilfe Russlands für Nordkorea sprechen.

Während des Kalten Krieges hatte die Regierung in Moskau die kommunistische Führung in Pjöngjang unterstützt. Nach dem Ende der Sowjetunion im Jahr 1991 kühlten sich die Beziehungen angesichts des Umbruchs in Russland allerdings ab. Heute gilt das Nachbarland China als der Staat mit dem stärksten Einfluss auf Nordkorea.

(Bericht von: Josh Smith, Hyonhee Shin, geschrieben von Sabine Ehrhardt und Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)