BERLIN (Dow Jones)--Deutschland soll nach dem Willen des Bundeswirtschaftsministeriums unabhängiger von Rohstoffimporten werden. Deutschland und Europa seien "bereits jetzt sehr stark von einzelnen Ländern abhängig", heißt es in einem Eckpunktepapier des Ministeriums laut Süddeutscher Zeitung. Vor allem China, aber auch Russland und Südafrika besäßen bei einzelnen Rohstoffen eine beherrschende Stellung. "Bei dem weiter steigenden Bedarf an mineralischen Rohstoffen wird sich diese Abhängigkeit ggf. noch verstärken", warnt das Papier demnach. Aus dem Ministerium war zunächst keine Bestätigung erhältlich.

Die Vorgängerregierung hatte erst 2020 eine nationale Rohstoffstrategie verabschiedet. Doch die Pandemie und der Krieg in der Ukraine hätten neue Schwachstellen aufgezeigt, heißt es laut den Angaben nun in dem Papier. Gleichzeitig wachse mit dem klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft der Bedarf an Stoffen wie Lithium, Nickel oder Magnesium, an Seltenen Erden, Gallium und Iridium. "Wir haben gemerkt, dass wir noch nicht das volle Instrumentarium haben", sagte Franziska Brantner (Grüne), Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium. "Wir müssen stärker präventiv handeln können."

Dazu könne auch vermehrt heimischer Bergbau gehören - etwa durch neue Verfahren, bei denen Lithium als Nebenprodukt der Geothermie gewonnen wird. "Der Rohstoffabbau in Deutschland sichert neben der Gewinnung innerhalb der EU am besten die Versorgung", wirbt das Ministerium laut den Angaben. Obendrein garantiere er die Einhaltung europäischer Umwelt- und Sozialstandards. "Wenn wir zeigen, dass beides - Abbau und Nachhaltigkeit - geht, eröffnet uns das auch neue Chancen im Ausland", so Brantner. Zunächst aber baue auch das Wirtschaftsministerium darauf, Kreisläufe für die begehrten Rohstoffe herzustellen - um sie aus Schrott und Abfällen wiederzugewinnen.

Im vorigen Sommer war eine Studie im Auftrag des Ministeriums zu dem Ergebnis gekommen, dass eine aktive Rohstoffpolitik der deutschen Industrie sehr nutzen könne. Viele der Vorschläge greift das Eckpunktepapier laut dem Bericht nun auf. So verlange es einen Fonds, der Unternehmen bei Rohstoffprojekten im In- und Ausland unterstützt. Selbst eine staatliche Notfallreserve für "eng definierte strategische Rohstoffe" fasse das Ministerium ins Auge. Die zeitlich gestreckte Erhebung von Zöllen und Steuern solle es für Firmen zudem attraktiver machen, selbst Rohstoffe zu lagern. Solche Lagerhaltung könne zumindest kurzfristige Engpässe abmildern.

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January 02, 2023 11:23 ET (16:23 GMT)