Frankfurt (Reuters) - Die Furcht von den wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie drängt die Erleichterung über Fortschritte bei der Entwicklung eines Impfstoffs in den Hintergrund.

"Mit den steigenden Infektionsraten und dem Risiko einer Verlängerung der aktuellen Restriktionen ins Jahr 2021 steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die aktuellen Schäden dauerhaft werden", warnt Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets.

Dax und EuroStoxx50 fielen am Donnerstag um jeweils knapp ein Prozent auf 13.086,16 beziehungsweise 3451,34 Punkte. An der Wall Street büßte der US-Standardwerteindex Dow Jones 0,5 Prozent ein. Auch am Rohölmarkt waren die Konjunkturpessimisten in der Überzahl. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 0,7 Prozent auf 44,02 Dollar je Barrel (159 Liter).

Auch die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, zeichnete ein düsteres Bild der Konjunktur. Verschärft werde die Krise durch die Verzögerungen bei den Konjunkturhilfen in der EU und den USA, sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. "Ohne weitere fiskalische Unterstützung wird die wirtschaftliche Erholung zum Stillstand kommen."

SICHERE HÄFEN GEFRAGT - GOLD FÄLLT ZURÜCK

Vor diesem Hintergrund nahmen einige Anleger Kurs auf "sichere Häfen" wie Bundesanleihen. Dies drückte die Rendite der zehnjährigen Titel auf bis zu minus 0,576 Prozent. Auch die Weltleitwährung war gefragt. So gewann der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, 0,2 Prozent.

Gold drückte die Aufwertung des Dollar dagegen ins Minus, weil das Edelmetall dadurch für Investoren außerhalb der USA unattraktiver wird. Außerdem setzten einige Investoren offenbar darauf, dass wegen der erhofften Corona-Massenimpfungen Regierungen und Notenbanken im kommenden Jahr weniger Geld in die Wirtschaft pumpen werden, sagte Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch. "Diese Erwartung dürfte sich unseres Erachtens als falsch erweisen." Gold verbilligte sich dennoch um 0,6 Prozent auf 1860 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm).

THYSSENKRUPP AUF TALFAHRT - ROYAL MAIL IM AUFWIND

Am deutschen Aktienmarkt gehörte Thyssenkrupp mit einem Kursminus von 3,4 Prozent zu den Verlierern. Der operative Verlust sei zwar etwas geringer ausgefallen als befürchtet, kommentierte Analyst Alan Spence von der Investmentbank Jefferies. Der Ausblick für das angelaufene Geschäftsjahr enttäusche aber. Sein Kollege Marc Gabriel vom Bankhaus Lampe verwies darauf, dass praktisch alle Sparten des Industriekonzerns eines umfassenden Umbau bedürften.

In London stiegen die Titel von Royal Mail dagegen zeitweise auf ein Zwei-Jahres-Hoch von 312,20 Pence und lagen am Abend fast vier Prozent im Plus bei 296,6 Pence. Dank des boomenden Internet-Handels wuchs das Paketgeschäft um rund ein Drittel. Dennoch sei die Pandemie ein zweischneidiges Schwert für den Konzern, sagte ein Börsianer. Denn die steigenden Kosten für Hygiene-Maßnahmen drückten auf den Gewinn.

Die Papiere von L Brands stiegen an der Wall Street sogar um fast 19 Prozent und waren mit 39,95 Dollar so teuer wie zuletzt vor knapp drei Jahren. Dank des Erfolgs einer neuen Unterwäsche-Linie der Tochter "Victoria's Secret" und eines pandemie-bedingten Nachfrageschubs nach Seifen der Tochter "Bath & Body Works" steigerte die Firma ihren Quartalsumsatz den Angaben zufolge um überraschend starke 14 Prozent auf 3,06 Milliarden Dollar. Der Gewinn lag mit 1,13 Dollar je Aktie rund zwölf Mal so hoch wie erwartet. Die Restrukturierung bei "Victoria's Secret" trage offenbar Früchte, lobten die Analysten der Bank Wells Fargo.