Auf einer Konferenz der Bank of England (BoE) stellte deren Chef Mark Carney am Donnerstag eine "relativ schnelle" Reaktion der Währungshüter in Aussicht, falls sich eine anhaltende Schwäche der Wirtschaft abzeichnen sollte. Zugleich verwies er auf den relativ begrenzten Spielraum beim Leitzins, der derzeit bei 0,75 Prozent liegt. Doch hat die Notenbank laut Carney noch mehr Munition, um gegen einen Abschwung zu kämpfen: Er rechnet dazu neben dem klassischen zinspolitischen Arsenal auch etwaige Wertpapierkäufe in großem Stil mit ein, was insgesamt der Feuerkraft einer Zinssenkung um 2,5 Prozentpunkte entsprechen würde.

Das Pfund Sterling verlor nach den Äußerungen Carneys jeweils etwa ein halbes Prozent auf 1,3039 Dollar und 1,1735 Euro. Damit summiert sich das Minus seit dem Wahlsieg von Premierminister Boris Johnson im Dezember auf rund zwei Prozent.

Auf den Zinssitzungen im November und Dezember hatte die BoE entschieden, den Zinssatz beizubehalten - doch zwei von neun Währungshütern votierten für eine Senkung. An den Märkten wird die Möglichkeit, dass es auf der BoE-Sitzung am 30. Januar zu einer geldpolitischen Lockerung kommt, zwar nur auf rund 14 Prozent geschätzt. Für die Sitzung im Juni wird die Wahrscheinlichkeit allerdings auf über 50 Prozent taxiert.

Die Rede Carneys gilt Experten als deutlicher Fingerzeig, dass die Notenbank absehbar auf einen lockereren Kurs umschwenken könnte: "Es ist der stärkste Hinweis auf eine Zinssenkung in nicht allzu ferner Zukunft", so Ökonom David Cheetham vom Handelshaus XTB. Womöglich kommt eine Zinssenkung dann unter einem neuen Notenbankchef: Denn der langjährige Amtsinhaber Carney ist nur noch bis zum 15. März im Amt. Danach wird der einstige Vizechef Andrew Bailey das Ruder übernehmen.

Großbritannien will Ende Januar die EU verlassen. Lange Zeit stand im Raum, dass das Land bereits Ende Oktober 2019 die EU mit oder ohne Abkommen verlässt. Dies hatte für Unsicherheit bei britischen Firmen und Verbrauchern gesorgt. Nach der Trennung müssen Großbritannien und die Europäische Union ihre künftigen Beziehungen klären - etwa im Handel. EU-Brexit-Unterhändler Michel Barnier rechnet nicht damit, dass dies noch im laufenden Jahr abgehakt werden kann. Johnson hatte dagegen angekündigt, dass seine Regierung die Frist bis Ende des Jahres nicht verlängern werde.