Die Aktienmärkte tun sich immer noch etwas schwer, nach den Zugewinnen zwischen Januar und Juli wieder auf Kurs zu kommen. Die kommende Woche wird keine wirkliche Atempause bescheren, da in Asien und den USA eine Reihe wichtiger Konjunkturindikatoren anstehen. Mit Spannung warten die Märkte außerdem auf das Jackson Hole Symposium, das bedeutende jährliche Notenbanktreffen (24. bis 26. August in Wyoming). Das diesjährige Thema lautet "strukturelle Veränderungen in der Weltwirtschaft". Im Mittelpunkt dürften dabei die neue Geopolitik in den Handelsbeziehungen und künstliche Intelligenz stehen.
Wochenperformance*
DAX
15832  -0.75%Chart
STOXX EUROPE 600
459.17  -0.02%
Chart STOXX EUROPE 600
S&P 500
4464.05  -0.31%
Chart S&P 500
NIKKEI 225
32473.65  +0.87%
Chart NIKKEI 225
GOLD
1913.04$  -1.58%
Chart GOLD
BRENT OIL
86.55$  +0.16%
Chart BRENT OIL
EURO / US DOLLAR
1.09$  -0.53%
Chart EURO / US DOLLAR
Tops / Flops der Woche

TOPS

Capri Holdings Limited (+52%): Der US-Modekonzern Tapestry mit seinen Marken Coach, Kate Spade und Stuart Weitzman will sich Capri, den Mutterkonzern von Michael Kors, Versace und Jimmy Choo, für 8,5 Mrd. USD einverleiben, um sich mit den führenden europäischen (und vor allem französischen) Luxuskonzernen messen zu können. Am Markt wurde die Transaktion mit Blick auf Capri begrüßt. Der Käufer wurde dagegen kräftig abgestraft und büßte in der Handelswoche 17% ein. 

Emis Group (+27%): Der britische Anbieter von Software für Kosmetikstudios und Informationstechnologie erhielt eine Übernahmeofferte von der US-Firma UnitedHealth für 1,2 Mrd. GBP. Die britische Wettbewerbsbehörde CMA hat den Zusammenschluss vorläufig genehmigt und sieht kein Wettbewerbshindernis mit Blick auf Optum. Das Unternehmen gehört UnitedHealth und bietet Software für Allgemeinärzte an. 

Celsius Holdings (+21%): Energy-Drinks in Schwung! Die US-Marke erreichte im Quartal ein Umsatzplus von 104% gegenüber dem Vorjahr, eine Bruttomarge von 48,8% (gegenüber 38,5% in Q2 2022) und eine Nettomarge von 12,6%. Celsius setzt bei seiner Marketingstrategie auf Gesundheit und hat so seinen Rivalen Monster und Red Bull Marktanteile abgeluchst. Durch die im letzten Jahr unterzeichnete Partnerschaft mit PepsiCo profitiert das Unternehmen zudem vom Vertriebsnetz des Schwergewichts. Seit Jahresbeginn erzielte der Titel einen Kurszuwachs von 72%. 

Applovin (+19%): Der US-Anbieter für mobile Anwendungen verbuchte diese Woche kräftige Kursgewinne. Nachdem im letzten Jahr ein Verlust unter dem Strich gestanden hatte, überraschte Applovin nun mit einem Gewinn. Außerdem waren die Umsatzerlöse im Berichtsquartal unerwartet hoch, wenn auch leicht rückläufig. Das Softwarehaus glänzt mit einer erfolgreichen Einführung seines neuen, auf künstlicher Intelligenz basierenden Werbeprodukts und mit nachhaltigen Investitionen in seine Technologie. 

Novo Nordisk (+17%): Der Star der Woche gehört natürlich ebenfalls zu den großen (Kurs-)Gewinnern. Das dänische Pharmaunternehmen gab die guten Studienergebnisse seines Medikaments Wegovy bekannt, mit dem das kardiovaskuläre Risiko bei übergewichtigen und adipösen Erwachsenen gesenkt werden kann. Diesem Erfolg und den soliden Verkaufszahlen seiner Abnehm- und Diabetesmedikamente in den USA war es zu verdanken, dass das Unternehmen seine Umsatz- und Gewinnprognose für das Geschäftsjahr erhöhte: Der operative Gewinn soll nun um 31-37% und der Umsatz um 27-33% wachsen. 

Eli Lilly (+16%) & Gerresheimer (11%): Der Pharmakonzern aus den USA und der deutsche Hersteller von Glas- und Kunststoffverpackungen profitierten vom "Novo-Nordisk-Effekt". Eli Lilly ist auf den gleichen Märkten tätig wie sein dänischer Wettbewerber und veröffentlichte solide Quartalsergebnisse. Besonders vorteilhaft wirkte sich die starke Nachfrage nach dem Diabetesmedikament Mounjaro aus, mit dem zuletzt gute Gewichtsabnahmen erzielt wurden. Für Gerresheimer, das die "Automatik-Spritzen" für Wegovy und andere Abnehmpräparate von Novo Nordisk produziert, eröffnen sich neue Wachstumschancen. Die Aktie erklomm ein neues Allzeithoch. 

Toast (+14%): Der Anbieter von Restaurantsoftware erzielte im abgelaufenen Quartal zum ersten Mal seit dem Börsengang im September 2021 einen positiven freien Cashflow (39 Mio. USD) und ein profitables EBITDA (15 Mio. USD). Der Umsatz fiel mit einem Anstieg um 45% unerwartet hoch aus. Die Vereinbarung mit Marriott und die 7.000 neuen Verkaufsstellen dürften weitere Wachstumsimpulse liefern. 

Telecom Italia (+9%): Die italienische Regierung und die US-Fondsgesellschaft KKR haben eine Absichtserklärung unterzeichnet und werden ein gemeinsames Angebot für den Kauf der Festnetzsparte von Telecom Italia (TIM) vorlegen. Vivendi hatte als Hauptaktionär allerdings ein großzügigeres Angebot erwartet. Die Regierung in Rom wird über das Finanzministerium, das bislang mit 9,81% an dem Unternehmen beteiligt war, bis zu 20% der künftigen Gesellschaft übernehmen, die das Festnetzgeschäft und die Unterseekabel-Tochter umfasst. 

FLOPS

Plug Power (-22%): Trotz eines rekordhohen Quartalsumsatzes von 260,2 Mio. USD stürzte die Aktie des auf grünen Wasserstoff spezialisierten Unternehmens diese Woche ab, denn auf das verlustreiche 1. Quartal (173,3 Mio. USD) folgte erneut ein Quartal mit unerwartet hohen Nettoverlusten von 236,4 Mio. USD. Dem Unternehmen zufolge werden derzeit mehrere Finanzierungsoptionen geprüft, unter anderem der Zugang zum Kreditprogramm des US-Energieministeriums (DOE). Infolgedessen stufte Roth MKM seine Empfehlung für die Aktie von "Kaufen" auf "Neutral" herunter. 

Siemens Energy (-14%) & Siemens (-7%): Die Qualitätsprobleme bei den Onshore-Windturbinen von Siemens Gamesa, der spanischen Tochter des deutschen Konzerns Siemens Energy, belasten weiterhin die Performance der Aktie und des Unternehmens. Für das 3. Quartal des laufenden Geschäftsjahres schätzte der Konzern die aus den Mängeln entstehenden Kostenbelastungen auf 1,6 Mrd. EUR und gab einen Rekordverlust von 2,9 Mrd. EUR bekannt. Auch Siemens konnte sich diesem Sog nicht entziehen. Der CEO von Siemens Gamesa ließ am Freitagmorgen verlauten, dass die Qualitätsprobleme bei den Folgemodellen der Windturbinen gelöst seien. 

Roblox (-18%): Roblox enttäuschte: Der Videospiele-Publisher leidet unter einer schwächeren Nachfrage nach seinen Online-Spielen und einem härteren Wettbewerb, weswegen er einen unerwartet hohen Quartalsverlust verzeichnete. Ebensowenig gefiel dem Markt, dass die Buchungen trotz eines Anstiegs um 22% die Analystenschätzungen verfehlten. Die Zahl der durchschnittlich täglich aktiven Nutzer stieg zwar um 25%, blieb aber ebenfalls hinter den Erwartungen zurück. 

Super Micro Computer (-18%): Der US-amerikanische Spezialist für Server- und Speichertechnologien veröffentlichte einen verhaltenen, unter den Marktprognosen liegenden Ausblick, der durch die erwarteten höheren Investitionen in künstliche Intelligenz belastet wird. Das Unternehmen wurde dafür hart abgestraft, denn Super Micro Computer übertraf im Berichtsquartal bei Umsatz und Ergebnis die Wall-Street-Schätzungen und kooperiert mit Nvidia sowie Advanced Micro Devices, die im neuen KI-Ökosystem eine wichtige Rolle spielen. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang: Der Aktienkurs ist seit Jahresbeginn um sage und schreibe 230% gestiegen. 

DraftKings (-13%): Es tut sich was im Online-Wettgeschäft: Der US-Casino- und Pferdewettenanbieter Penn Entertainment hat einen Zehnjahresvertrag mit dem im Eigentum von Disney befindlichen Unternehmen ESPN geschlossen. Penn will sein Sportwettenportal, das derzeit unter der Marke Barstool läuft, in ESPN Bet umbenennen. Die neue, groß angelegte Allianz weckt Ängste bei den einschlägigen Branchenkonkurrenten, darunter auch DraftKings, das Marktanteilsverluste bei Sportwetten befürchtet.

Hapag-Lloyd (-9%): Der deutsche Seefrachtriese leidet unter der Normalisierung des Sektors nach der sprunghaften Post-Corona-Erholung und dem Einbruch der Frachtpreise. Der Nettogewinn im 1. Halbjahr 2023 belief sich auf 2,9 Mrd. EUR. Das ist ein Minus von 67% gegenüber dem Vorjahr, das auf das Konto eines Rückgangs des Volumens um 3,4% und der Frachtpreise um 38% geht. Das Unternehmen hält aber dennoch an seinen Prognosen für das Gesamtjahr fest.

Chart Rohstoffe
Rohstoffe

Energie: Die Ölpreise steigen weiter. Die jüngsten OPEC-Prognosen stützten den aktuellen Trend, denn das Ölkartell bestätigte die Marktverknappung in der zweiten Jahreshälfte. Der Organisation zufolge soll die weltweite Nachfrage dank eines soliden Wirtschaftswachstums im nächsten Jahr um 2,25 Mio. Barrel pro Tag steigen. Dennoch will Saudi-Arabien die Fördermengen weiter strikt begrenzen. Die Internationale Energieagentur (IEA) senkte ihre Prognose für das Wachstum der weltweiten Nachfrage für 2024 von zuvor 1,15 Mio. auf 1 Mio. Barrel pro Tag. Die Agentur bleibt hinsichtlich der Auswirkungen von Leitzinserhöhungen auf die Weltwirtschaft vorsichtig und verweist auf die Bedeutung Chinas, auf das im kommenden Jahr voraussichtlich über 70% des Nachfragewachstums entfallen dürften. Sollte China also im nächsten Jahr straucheln, würde das gesamte Wachstum der Rohölnachfrage verpuffen. Zu den Preisen: Hier erreichte die Nordseesorte Brent mit 86,40 USD pro Barrel fast ihren Jahreshöchststand. Auch das US-Pendant WTI näherte sich mit 82,50 USD seinem Jahreshoch.

Metalle: Das Segment Industriemetalle ist aktuell schwer einzuschätzen und wird von den Wirtschaftszahlen in China getrieben. Diese sind nach wie vor durchwachsen. Gemessen an den aktuellen Zahlen zur Produktion von Kupferkathoden steigt die Metallproduktion tendenziell. Gleichzeitig rutscht die chinesische Wirtschaft angesichts eines erneuten Rückgangs der Verbraucher- und Erzeugerpreise in Richtung Deflation. Kupfer gab dementsprechend in der abgelaufenen Woche an der LME auf 8.420 USD pro Tonne nach. Gleicher Trend bei Nickel (20.220 USD), während Aluminium und Zink nicht vom Fleck kamen und bei 2.160 bzw. 2.480 USD verharrten. Edelmetalle entwickeln sich seit Wochen ähnlich, da die steigenden Anleiherenditen weiter den Goldpreis belasten. Dieser beendete die Woche tiefer, bei 1.918 USD.

Agrarprodukte: Abkühlung an der Börse in Chicago, wo die Getreidepreise sich diese Woche bei 630 Cent für einen Scheffel Weizen und 480 Cent für Mais stabilisiert haben. Die Marktteilnehmer scheinen Moskaus Aufkündigung des Getreideabkommens verdaut zu haben und arrangieren sich mit den starken Spannungen an den Hafeninfrastrukturen am Schwarzen Meer.

Chart Rohstoffe
Makroökonomie

Marktstimmung: Nie ist es recht. Die den Erwartungen entsprechenden US-Inflationsdaten reichten nicht aus, um die seit Monatsbeginn anhaltende Konsolidierung des S&P 500 zu stoppen. Doch waren die Hoffnungen berechtigt, denn der Verbraucherpreisindex stieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum nur um 4,7% (Vormonat: +4,8%). Der Arbeitsmarkt behauptet sich nach wie vor gut, während der jüngste Ölpreisanstieg der US-Notenbank Fed nicht gerade in die Karten spielte und die Angst vor einer Fortführung des geldpolitischen Straffungszyklus noch immer groß ist. So offenbar der Tenor, den die Anleger aus den Verlautbarungen der Währungshüter heraushören: Die Rendite 10-jähriger US-Treasuries tendierte weiter aufwärts und die jüngste Auktion für 30-jährige Anleihen ging für 4,189% über die Bühne - ein Niveau, das seit 2011 nicht mehr erreicht wurde. Gleichzeitig könnte ein weiterer Zinsschritt wie bereits im vergangenen Jahr auf die Kurse von US-Titeln drücken, insbesondere die im Nasdaq 100 vertretenen Aktien. Die am Freitag veröffentlichten, etwas stärker als erwartet gestiegenen US-Erzeugerpreise weisen in diese Richtung. Am Devisenmarkt blieb der Euro unter der Schwelle von 1,10 USD, wenngleich der Greenback nach der Veröffentlichung der Erzeugerpreise leicht hinzugewann.

Kryptowährungen: Der Bitcoin legte im Wochenverlauf leicht um 1,20% zu und kratzte bei Redaktionsschluss einmal mehr an der Marke von 29.500 USD. Der Ether stieg im selben Zeitraum um knapp 1,10% und verharrt noch immer zwischen 1.800 und 1.900 USD. Die Ankündigung von PayPal, einen eigenen Stablecoin einzuführen, wirkte sich letztlich nicht nennenswert auf den Markt für Krypto-Assets aus. Solange das regulatorische Umfeld für das Kryptouniversum jenseits des Atlantiks unklar bleibt, dürften die wichtigsten Digitalwährungen kaum nachhaltig steigen.
Kurs und Volumen
Kein Sommerloch
Die kommende Woche dürfte für Unternehmen ruhig verlaufen, doch die Datenflut hält an. Den Auftakt machen die Zahlen zum japanischen BIP und chinesischen Konsum am Dienstagmorgen, danach folgen die Einzelhandelsumsätze und der Empire-State-Index aus den USA. Am Mittwoch geht es mit der Veröffentlichung der britischen Inflation und des Protokolls der letzten Fed-Sitzung weiter, und am Donnerstag stehen dann der Philly-Fed-Index und wieder einmal die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe auf dem Programm.
Nur wenige namhafte Akteure haben ihre Unternehmensergebnisse noch nicht veröffentlicht. Hierzu zählen das Duo Home Depot und Walmart sowie Cisco und Tencent im Technologiesektor.
In der folgenden Woche werden sich alle Augen auf Jackson Hole richten, da sich die Anleger wie üblich Hinweise auf den weiteren geldpolitischen Kurs erhoffen. Wir wünschen Ihnen allen einen schönen Sonntag.
*Die Wochenperformance der Indizes und Aktien bezieht sich auf den Zeitraum von der Eröffnung der Märkte am Montag bis zur Erstellung dieses Newsletters am Freitag.
Die Wochenperformance von Rohstoffen, Edelmetallen und Währungen bezieht sich auf den 7-Tage-Zeitraum von Freitag bis Freitag (bis zur Erstellung des Newsletters). Diese Vermögenswerte notieren auch an Wochenenden.