FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Anleger trennten sich im Zuge der jüngsten Aktienschwäche zunächst von S&P
500-, MSCI World- und Stoxx Europe 600-ETFs, einige kehrten zum Wochenbeginn
zurück. Der Markt für ETFs mit nachhaltigem Ansatz wächst schneller als bislang
gedacht.
6. Mai 2020. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Raus aus Aktien entwickelter Staaten,
rein in Unternehmensanleihen: so beschreibt Oliver Kilian von der UniCredit die
auffälligsten ETF Flows vergangener Woche. Vor dem Hintergrund schwächelnder
Aktienmärkte verabschiedeten sich Anleger unterm Strich von breiter gefassten
Portfolios etwa auf Basis des S&P 500 (WKNs 81C5E9, A1JX53, A2H573), MSCI World
(WKN A1C9KK) und Stoxx Europe 600 (WKN 263530).
Optimistisch für britische Aktien
Das gelte auch für Standardwerte im DAX (WKN 593393). Britische Aktien hatten
dem Vernehmen nach bei UniCredit-Kunden eine größere Anziehungskraft. Tracker
des FTSE 100 (WKN 552752) führt Kilian mit einem Kaufüberhang, obwohl sich der
wichtigste britische Aktienindex dem Abwärtstrend am Aktienmarkt nicht
entziehen konnte.
Stimmungswechsel zum Wochenauftakt
"Auf überschaubarem Niveau kehrten gestern die Käufer zurück", meldet Carsten
Schröder von der Société Générale. Anleger fokussierten sich dabei vor allem
auf MSCI World- (WKNs A1XB5U, A1C9KK) und MSCI USA-Produkte (WKN A2H57D). DAX-
ETFs (WKN DBX1DA) und Tracker des Hang Seng China Enterprises Index Net Total
Return Index (WKN LYX011) würden hingegen zumeist zurückgegeben.
Nebensache Schwellenländer-Aktien
Von Aktien aufstrebender Staaten im MSCI Emerging Markets Index trennten sich
Kilians Kunden per Saldo. Der Bereich spiele allerdings gegenwärtig im ETF-
Handel eine eher untergeordnete Rolle. Die vereinzelten Verkäufe von MSCI
Emerging Markets Socially Responsible-ETFs (WKN A110QD) wertet Kilian
keineswegs als Indiz für nachlassendes Interesse an dem Thema Nachhaltigkeit.
Im Gegenteil: "Bei der Wiederanlage nach dem massiven Abbau von Positionen
greifen Investoren eher mal zu einer ESG-Variante des gewünschten Hauptindex."
Rasantes Wachstum
Erst im April erhöhte iShares seine Wachstumsprognose für nachhaltige
Anlageprodukte auf das Doppelte. Das in nachhaltigen Indexfonds und ETFs
verwaltete Vermögen soll demnach innerhalb des nächsten Jahrzehnts um eine
Billion auf 1,2 Billionen US-Dollar anwachsen. Angetrieben würde der Markt zum
einen von der Erkenntnis, dass nachhaltige Faktoren Risiko und Rendite
bestimmen. Unternehmen stellten zunehmend standardisierte Informationen über
ihre ESG-Praktiken bereit. Das ermögliche die Zusammenstellung besserer
nachhaltiger Indizes und eine umfassendere Bestandsaufnahme durch ESG-
Ratingagenturen und Datenanbieter.
Besser als der Hauptindex
Juergen Fritzen von Crossflow hat sich den Bereich nachhaltige Indexfonds
ebenfalls näher angesehen und kommt zu dem Schluss, dass die meisten dieser
Konzepte in den vergangenen Jahren gegenüber dem Hauptindex eine Outperformance
erzielt hätten. Dabei hat Fritzen Zeiträume andauernder Bullen-Märkte als auch
Momente mit drastischen Kurseinbrüchen analysiert. Die entscheidende Frage
bleibe, ob die beobachtete Outperformance sich aus den besseren ESG-Werten der
ausgewählten Unternehmen ergibt, oder aber andere Faktoren maßgeblich waren.
Kosten schmelzen
Durch die Wettbewerbssituation bei den ETF-Emittenten kosten nachhaltige ETFs
Fritzen zufolge inzwischen kaum noch mehr als die klassischen ETFs auf
Benchmark-Indizes. Emittenten arbeiteten daran, die vielschichtige und sich
wandelnde Nachfrage mit neuen ETFs abdecken zu können.
Künftig wird es nach Ansicht von iShares eine nachhaltige Auswahl für jedes
Portfolio geben, was sich wiederum auf die Kostenstruktur derartiger Konzepte
auswirken werde.
Gothaer hat in diesem Zusammenhang herausgefunden, dass 47 Prozent der
deutschen Frauen dem Klima- und Umweltschutz bei der Geldanlage laut einer
Umfrage die größte Bedeutung zumessen. Männer liegen demnach mit 41 Prozent
deutlich dahinter. Für beide stehe mit 28 Prozent soziale Gerechtigkeit an
zweiter Stelle. Verantwortungsvolle Unternehmensführung ist 22 Prozent der
befragten Frauen und 26 Prozent der Männer am wichtigsten
von: Iris Merker, 5. Mai 2020, © Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)