FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Es sind zwei Unternehmen, die in den vergangenen Tagen die Diskussionen
beherrschten - auch im Anleihehandel. Insgesamt zeigen sich die Märkte wieder
etwas labiler, die erneut steigenden Corona-Zahlen verunsichern.
26. Juni 2020. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Auch im Bond-Handel dominierten
diese Woche zwei Themen: Wirecard und Lufthansa. "Der normale Bond-Handel stand
im Schatten", stellt Arthur Brunner von der ICF Bank fest. Schon in den
Vortagen hatte sich der Fall Wirecard zugespitzt, am gestrigen Donnerstag
meldete der Zahlungsabwickler, dem ein gigantischer Bilanzbetrug vorgeworfen
wird, dann Insolvenz an.
"Die Anleihen sind jetzt nur noch Zockerpapiere", bemerkt Brunner. Der Kurs der
bis 2024 laufenden Anleihe (WKN A2YNQ5) fiel von über 80 bis auf rund 18
Prozent. Die Wandelanleihe (WKN A2R8E6) - benannt nach dem niederländischen
Vehikel Argentum Netherlands - stürzte ab von 73 auf 8 Prozent, wie Gregor
Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank erklärt. Für Privatanleger
eigne sich der Wandler wegen der Mindestanlagesumme von 100.000 Euro aber
ohnehin nicht.
Große Kurssprünge der Lufthansa-Anleihen
Auch Lufthansa bleibt im Gespräch. "Das hat uns diese Woche am meisten
beschäftigt", berichtet Daniel. Vor der Hauptversammlung am gestrigen
Donnerstag verkauften Anleger überwiegend, nach der Zustimmung der Aktionäre
zum Rettungspaket stiegen die Kurse deutlich: So kletterte der Kurs der bis
2075 laufenden Hybridanleihe mit Kupon von 5,125 Prozent (WKN A161YP) von 73,25
auf 84,40 Prozent. Die bis 2024 laufende Anleihe mit 0,25 Prozent-Kupon (WKN
A2YNV6) verzeichnete immerhin noch ein Plus von 84,15 auf 89 Prozent. "Bei uns
gab es nach dem Kursanstieg aber viele Gewinnmitnahmen", stellt der Händler
fest. "Auf dem hohen Level will keiner mehr zugreifen."
Krisengewinner Hornbach gesucht
Rege Umsätze meldet Brunner außerdem für die beiden Anleihen von Ferratum
Capital Germany (WKN A2LQLF, A2TSDS) mit Verkäufen an der Börse und Käufen im
OTC-Handel. Beide bieten 5,5 Prozent, die eine ist 2022 fällig, die andere
2023. "Viel gekauft werden heute außerdem Hornbach-Anleihen (WKN A255DH),
nachdem die Baumarktkette die sehr guten vorläufigen Zahlen für das erste
Quartal bestätigt hat."
Etwas schwächer präsentierten sich angesichts der wieder gestiegenen
Risikoscheu riskantere Werte wie Hybridanleihen von Volkswagen International
Finance (WKN A1ZE21), wie Brunner ergänzt. In der vor einer Woche emittierten
Publity-Anleihe (WKN A254RV) verzeichnet der Händler gute Umsätze mit
anfänglichen Kursgewinnen und folgenden leichten Gewinnmitnahmen.
Staatsanleihen: Lieber etwas Sicheres
Die Sorge vor einer zweiten Pandemiewelle hat die Risikoaversion insgesamt
wieder etwas steigen lassen - mit Auswirkungen auch auf die Staatsanleihen.
"Der Anstieg der Corona-Fälle in Nordrhein-Westfalen und in den USA lässt
Anleger wieder nach sicheren Häfen suchen", bemerkt Brunner.
Der Euro-Bund-Future stieg daher im Wochenverlauf etwas und liegt am
Freitagmittag bei 176,56 Prozent. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen fiel
wieder unter minus 0,45 Prozent, aktuell sind es minus 0,47 Prozent. Viel
gekauft wird auch eine Spanien-Anleihe mit Laufzeit bis 2033 und Kupon von 2,35
Prozent (WKN A19DZD), meldet Daniel. Die Rendite liegt beim aktuellen Kurs von
121,50 Prozent allerdings nur bei 0,63 Prozent.
Österreicher mit zweiter Methusalem-Anleihe
Gut an kam auch eine neue hundertjährige österreichische Staatsanleihe (WKN
A28Y97) mit Kupon von 0,85 Prozent. Käufer dieser zweiten Anleihe mit so langer
Laufzeit - die erste (WKN A19PCG) gab es vor drei Jahren - erhalten ihr Geld
also erst im Jahr 2120 zurück. Käufer setzen wohl auf Kursgewinne: Die 2017
begebene Anleihe, die einen Kupon von 2,1 Prozent hat, wird mittlerweile zu 196
Prozent gehandelt, was die Rendite auf 0,72 Prozent drückt.
Neues von reconcept
Noch bis zum 20. August kann eine Anleihe der reconcept GmbH (WKN A289R8)
gezeichnet werden, einem Anbieter und Asset-Manager nachhaltiger Geldanlagen
sowie Projektentwickler im Bereich Erneuerbare Energien. Das Papier bietet 6,75
Prozent und läuft bis August 2025, Mindestanlagesumme sind 1.000 Euro.
reconcept will bis zu 10 Millionen Euro platzieren, die Erlöse sollen in den
Aufbau der Projektpipeline in Kanada fließen.
von: Anna-Maria Borse
26. Juni 2020, © Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)