Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) fordert von der kommenden Bundesregierung eine gewaltige Klimainitiative, um die Emissionsziele für 2030 und 2045 zu erreichen. In den kommenden neun Jahren müsse Deutschland einen Investitionsturbo einlegen und in allen Wirtschaftssektoren insgesamt 860 Milliarden Euro investieren, forderte der BDI. Die Automobilwirtschaft mahnte einen massiven Ausbau der Ladeinfrastruktur an.

"Der politische Handlungsdruck zum Erreichen der Klimaneutralität bis 2045 und zum Erhalt einer wettbewerbsfähigen Industrie ist gewaltig", erklärte BDI-Präsident Siegfried Russwurm auf dem BDI-Klimakongress zum Thema Transformation hin zum klimaneutralen Industriestandort. "2030 ist aus Sicht der Industrie morgen. Unsere Innovationszyklen und Investitionszyklen sind so, dass das wirklich keinen Aufschub mehr schuldet."

Deutschland will die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 65 Prozent gegenüber 1990 senken und bereits 2045 statt des zuvor anvisierten Jahrs 2050 die Klimaneutralität erreichen. Die künftige Bundesregierung müsse nun rasche Entscheidungen und einen verlässlichen Rahmen schaffen, wie sie Deutschland als Export-, Industrie- und Innovationsland stärken wolle, forderte Russwurm. Zentral sei dabei ein massiver und schneller Infrastrukturausbau weit über die jetzigen Planungen hinaus. Russwurm legte der künftigen Regierung "ein paar Prioritäten dringend ans Herz", was nun sehr schnell passieren müsste, damit Deutschland überhaupt eine Chance haben, das Klimaziel 2030 zu erreichen.


BDI mit Fünf-Punkte-Plan 

Nötig seien erstens ein Investitionsturbo und eine Infrastrukturoffensive. Zweitens müsse eine Kostenentlastung für CO2-neutrale Energieträger geschaffen werden. In einem dritten Punkt betonte der BDI die Bedeutung von Erdgas für Versorgungssicherheit und forderte einen "massiven Aufbau" von Gaskraftwerkskapazitäten. In einem vierten Punkt forderte der Industrieverband, dass jahresscharfe Sektorziele für die Reduktion von Kohlendioxid (CO2) abgeschafft werden müssten und man eher das große Ganze im Auge haben müsse. Fünftens sei außerdem eine internationale Kooperation in der Klimapolitik notwendig, damit ein fairer Wettbewerb zwischen den Ländern ermöglicht wird.


Klimaziele sind "sehr hart" 

Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), mahnte eine Beschleunigung des Ausbaus der Ladeinfrastruktur an, um die Umstellung der Verbrenner auf Elektrofahrzeuge zu ermöglichen. Dazu bedürfe es Anstrengungen der Industrie, aber auch der kommenden Bundesregierung. "Wenn wir das mit der Ladeinfrastruktur, mit dem Hochlauf nicht schaffen, dann wird das Verbrauchervertrauen nicht kommen", so Müller. Zum Erreichen der Klimaziele müsse das Bau- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden, damit sich die Verwaltungsverfahren vereinfachen.

"Die Ziele sind sehr hart, die wir uns vorgenommen haben. Es werden Milliarden investiert. Und die Industrie braucht auch das Vertrauen, dass diese Investitionen am Standort möglich sind, weil auch diejenigen, die Standorte und die Rahmenbedingungen dafür festlegen auch ein Interesse haben, dass das kommt", so Müller. Vergangenen Monat hat der BDI eine Studie "Wirtschaftsprogramms für Klima und Zukunft" vorgestellt, die er in Zusammenarbeit mit der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) erarbeitet hat. Der Umbau zur Klimaneutralität erfordere 860 Milliarden Euro Mehrinvestitionen bis 2030. Um die Klimaschutzziele bis 2045 zu erreichen, seien "Mehrinvestitionen in Billionenhöhe" nötig, heißt es in der Studie.

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November 23, 2021 05:53 ET (10:53 GMT)