Der Überbrückungskredit der Bundesregierung von 150 Millionen Euro reiche für den Flugbetrieb noch bis mindestens Ende Oktober, sagte der Generalbevollmächtigte Frank Kebekus am Montag in Berlin. "Es ist noch einiges an Luft da." Doch immer mehr Fluggäste vermeiden aus Verunsicherung, bei den Berlinern zu buchen. "Wir müssen jetzt schnell sein", mahnte Konzernchef Thomas Winkelmann. Es gebe derzeit so gut wie keine mittel- und langfristigen Buchungen. Langstreckenflüge entfallen ab Mitte Oktober ganz, auch erste Kurzstreckenstornos kündigte Air Berlin an.

Um die exklusiven Verhandlungen mit Lufthansa und dem britischen Billigflieger Easyjet wie geplant bis Mitte Oktober abzuschließen, sei ein reibungsloser Flugbetrieb wichtig, mahnte Kebekus. Sollte es wieder zu "auffälligen" und "sehr umfangreichen Krankheitsfällen" kommen, könnte dies die Verhandlungen noch zum Scheitern bringen. Ungewöhnlich viele Krankmeldungen von Piloten hatten vor zwei Wochen zu Flugausfällen geführt und Passagiere vergrault.

Lufthansa und Easyjet hätten mit Abstand das beste Angebot vorgelegt - aus "ökonomischer Sicht" und mit Blick auf die "Möglichkeit zur Schaffung von Arbeitsplätzen", sagte Kebekus. Beide Airlines müssten neben dem Kaufpreis ab November auch Mittel zuschießen, damit Air Berlin in der Luft bleiben kann.

Die Lufthansa ist demnach an der Regionalflug-Tochter Walter (LGW), dem österreichischen Ferienflieger Niki sowie weiteren Teilen der Air Berlin interessiert - insgesamt an bis zu 78 der 144 Maschinen. Easyjet habe ein Angebot für 27 bis 30 A320-Jets unterbreitet, vor allem in Berlin-Tegel. Sollte dann noch eine Maschine keine neue Heimat haben, würde man auch noch mit Dritten verhandeln. "Das könnte beispielsweise die Thomas Cook AG sein", sagte Winkelmann. Er fügte hinzu, man werde nicht alle 8000 Arbeitsplätze erhalten können. Dennoch gelte: "Wir sind auf dem Weg, für rund 80 Prozent unserer Kolleginnen und Kollegen gute Chancen für neue Arbeitsplätze bei den Bietern erreichen zu können." Die scheidende Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries forderte, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten.

WIE VIELE JOBS FALLEN WEG?

Die Gewerkschaft Verdi forderte von den möglichen Käufern, über einen geordneten und abgesicherten Übergang der Beschäftigten zu verhandeln. "Sicher ist schon jetzt, dass wir für die Beschäftigten, die kein Arbeitsverhältnis bei einem der neuen Eigentümer erhalten, auf Einstellung klagen werden", kündigte Verdi-Vertreter Volker Nüsse an. Während der Pressekonferenz in Berlin sorgten mehrere Dutzend Mitglieder der Dienstleistungsgewerkschaft für ein Pfeifkonzert vor dem Veranstaltungsort. Die Piloten-Gewerkschaft Vereinigung Cockpit erklärte nach ersten Gesprächen mit der Lufthansa, der Airline gehe es wohl darum, "alles zu unternehmen", um die gesetzlichen Folgen eines Betriebsübergangs wie etwa die Sicherung der jetzigen Anstellungsbedingungen zu umgehen.

Die EU-Kommission wird nach Worten von Sachwalter Lucas Flöther das Bieterverfahren kartellrechtlich prüfen. "Wir hoffen, dass der Prozess bis Jahresende abgeschlossen ist." Der Chef der Monopolkommission und des ZEW-Instituts, Achim Wambach, forderte, die EU müsse eine marktbeherrschende Stellung der Lufthansa auf innerdeutschen Linien unterbinden.

Vorwürfe von Interessenten über einen Einfluss der Politik auf das Verfahren bezeichnete Flöther als "völlig abwegig". Vertreter der Bundesregierung und des Landes Berlin hatten sich allerdings für die Lufthansa starkgemacht. Flöther machte deutlich, dass die Bieter den Zuschlag bekämen, "die das beste Angebot zugunsten der Gläubiger vorlegen". Ausnahmen dieses Prinzips gebe es nur, "wenn die Bieter aus kartellrechtlichen Gründen nicht in Frage kommen oder nicht die nötigen Finanzmittel nachweisen können". Der Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl hatte bis zu 500 Millionen Euro für Air Berlin als Ganzes in Aussicht gestellt, geht nach aktuellem Stand aber wohl leer aus.