"Die Chancen überwiegen bei China eindeutig die Gefahren", sagte Hubert Lienhard, der APA-Vorsitzende am Donnerstag im Reuters-Interview. "Wenn die deutsche Industrie weiter wachsen und ein hohes Steuervolumen für Deutschland generieren erzielen will, brauchen wir China. Wir müssen dort weiter vertreten sein – und niemand fordert, aus China abzuziehen", sagte Lienhard.

Er reagierte damit auf ein zusammen mit dem APA entstandenes Papier des BDI, das am Donnerstag für Aufregung sorgte. Darin wird an Berlin und Brüssel appelliert, die EU im Wettbewerb mit China zu stärken. Der Hinweis auf die nötige Diversifizierung der Unternehmen sei dagegen nicht neu und richte sich nicht gegen China. Er wies die Kritik anderer Wirtschaftsverbände zurück, dass China zu kritisch gesehen werde. Peking seien alle Forderungen längst bekannt, es gehe unter anderem um einen faireren Wettbewerb auf Drittmärkten.

Auch Lienhard verwies allerdings auf Änderungen unter Chinas Präsidenten Xi Jinping. Hoffnungen, dass sich China sich Richtung Marktwirtschaft entwickele, hätten sich nicht bestätigt. Gerade unter Präsident Xi habe sich eine "sehr geregelte Wirtschaft" etabliert, was bis in die Privatfirmen reiche. "Seit er 2018 gesagt hat, dass China 2029 führend in allen wesentlichen Technologien und 2049 Weltmacht sein will, ist klar, dass wir einen Systemwettbewerb haben."

Dennoch hoffe er weiter auf eine Gleichbehandlung von Firmen. China sei international aktiv und müsse sich internationalen Regeln anpassen. "Wir müssen die Gleichberechtigung auch einfordern – mit einer einig auftretenden EU", forderte der APA-Chef. Deutschland habe sehr gute Beziehungen zu Peking, deshalb funktioniere dieser offene Dialog.

Die EU wiederum müsse beim Wettbewerbsrecht umdenken. So habe die Kommission Probleme bei der vereinbarten Fusion von Siemens und Alstom. "Aber in China entstehen gigantische Firmen, die auf Drittmärkten Konkurrenten sind. Die EU-Regel ist einfach nicht mehr zeitgemäß mit Blick auf den internationalen Wettbewerb", kritisierte Lienhard.

Der APA-Chef forderte eine bessere politische Flankierung der Wirtschaft bei internationalen Infrastrukturprojekten. Die Bundesregierung habe zwar ein Programm für strategische Großprojekte aufgelegt. "Aber das ist viel zu wenig. Möglich ist damit vielleicht die Abwicklung von einem internationalen Großprojekt pro Jahr – mit einem Volumen von nicht einmal einer Milliarde. Wir brauchen einen ganz anderen Apparat, müssen viel größer denken."

Viele internationale Infrastrukturprojekte gingen mittlerweile an Firmen aus anderen Staaten. Man wolle dabei keine Subventionsmaschine, alle Kredite müssten zurückgezahlt werden, versicherte Lienhard. "Aber diese Kredite müssen in der nötigen Höhe angeboten werden und es kommt auf die Konditionen an. Es sollte der Regierung zu denken geben, dass Frankreich viel großzügiger hilft – und dies ebenfalls in Einklang mit OECD-Regeln sieht." Deutsche Firmen hätten international wettbewerbsfähige Produkte. "Aber wenn es ein Ungleichgewicht bei der Finanzierung gibt, kauft der Kunde woanders."

Lienhard forderte zudem klarere Regeln bei chinesischen Übernahmen. Diese seien eigentlich kein Problem. "Man muss bei den Übernahmeregeln aber darauf achten, dass nicht chinesische Firmen allein durch staatliche Hilfen in der Lage zu Übernahmen sind." So sei denkbar, chinesischen Investoren aufzuerlegen, dreijährige geprüfte Bilanzen vorzulegen. "Im Zuge der Gleichbehandlung kann man auch fordern, dass es einen gewissen lokalen Anteil bei der Produktion geben muss – wie in den USA oder China."